Für den risikoarmen Teil der Geldanlage stellt sich jetzt eine große Frage: Soll ich nun auf kurzlaufende Anleihe-ETFs setzen oder doch lieber auf Tagesgeld?
Die hartnäckige Inflation hat die Notenbanken zu massiven Leitzinsanhebungen gezwungen. Jetzt aber schälen sich die Vorteile dieser Wende heraus. Nach Jahren der Dürre bieten Banken und andere Emittenten wieder Zinsanlagen, die respektable Renditen bei hoher Sicherheit abwerfen.
Bei kurzen Laufzeiten erscheint das Chance-Risiko-Verhältnis besonders attraktiv. Momentan sind im Euro etwa drei Prozent pro Jahr erzielbar, was Währungsrisiken ausschließt. Der Clou: Wer sich länger bindet, erzielt kaum bessere Erträge als mit Kurzfristanlagen. Privatinvestoren haben nun die Qual der Wahl. Zum einen locken zahlreiche Angebote für Festgeld oder Tagesgeld. Auf der anderen Seite investieren ETFs und aktiv gemanagte Investmentfonds in das Segment – und übertreffen die Festgeldangebote zum Teil. Wer sich gut auskennt, kann auch selbst ein Portfolio mit Kurzläufern zusammenstellen. Jede dieser Möglichkeiten hat Vor- und Nachteile.
Kurzlaufende Anleihe-ETF versus Tages- und Festgeld
Diese Angebote erscheinen auf den ersten Blick besonders attraktiv. Zahlreiche Offerten für Tagesgeld laufen jedoch nur eine begrenzte Zeit. Eine Wiederanlage kann häufig nur zu schlechteren Konditionen oder eben anderswo erfolgen, was die zeitaufwändige Eröffnung einer weiteren Bankverbindung nach sich zieht. Bei Festgeldern wiederum muss der vereinbarte Anlagezeitraum durchgehalten werden, um Nachteile zu vermeiden. Über dem Durchschnitt liegende Zinsen gewähren zudem häufig ausländische Geldhäuser. Wer größere Summen anlegen möchte, sollte sich daher über das jeweils geltende Einlagensicherungs-System informieren. Aber dennoch: Wird eine seriöse Bank gewählt, ist Tages- oder Festgeld gegenüber dem kaum verzinsten Guthaben auf dem Girokonto eindeutig vorzuziehen.
ETFs mit kurz laufenden Rentenpapieren bieten einen smarten Zugang zum Zinsmarkt. Sie lassen sich beinahe überall ordern, verwahren und börsentäglich wieder abstoßen. Anleger müssen sich lediglich für ein Segment entscheiden, die ISIN oder Wertpapier-Kennnummer heraussuchen und die Stückzahl an die gewünschte Investitionssumme anpassen. Ins Portfolio gelangen dann Rentenpapiere, die häufig ein- bis dreijährige Restlaufzeiten aufweisen. Sobald ein Schuldtitel fällig wird und zurückgezahlt wird, erwirbt das ETF-Management eine neue Anleihe. Gute Bonitäten und eine breite Streuung vorausgesetzt, lassen die kurzen durchschnittlichen Laufzeiten stabile Erträge bei geringen Kursausschlägen erwarten. Gänzlich ausgeschlossen sind solche Schwankungen aber nicht.
Tipp: Mit dem Risikorechner kannst du in wenigen Minuten ermitteln, wie hoch der Anleihe-Anteil in deinem Depot sein soll.
Wer kauft, muss im Vorfeld entscheiden, wem genau das eigene Kapital eigentlich anvertraut werden soll. Diese Überlegung wird in der Regel auf die Euro-Staaten oder auf Euro lautende Rententitel großer Unternehmen mit guter Investmentgrade-Bonität hinauslaufen. Letztere bieten höhere Renditen, gelten aber auch als einen Tick risikobehafteter. Was die Ertragsaussichten anbelangt, lässt die Mehrzahl der kurzlaufenden Firmenbonds die meisten Tagesgeld-Angebote zurzeit hinter sich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Gebühren für Kurzläufer-ETFs. Zu berücksichtigen sind dann noch die Spesen für An- und Verkauf der Titel, die sich aber zumeist im Rahmen halten.
Aktiv verwaltete Fonds und Direktanlagen
Alternativ sind auch aktiv verwaltete Rentenfonds eine Überlegung wert. Über diese sind chancenreiche Strategien erhältlich, die Selbstentscheider nur mit Mühen abbilden können – hohe Stückelungen, fehlende Wertpapierprospekte, komplizierte Anleihebedingungen und geringe Handelsvolumina erschweren hier die Anlage in Eigenregie. Viele gängige Anleihen können auch direkt erworben werden. Die Auswahl ist allerdings nichts für Ungeübte. Zum einen müssen mehrere verschiedene Titel ins Depot, um Risiken zu streuen. Hierfür kommen ganz überwiegend Papiere mit Nennwerten von 1.000 Euro infrage. Rechtliche Vorschriften engen die Auswahl aber noch weiter ein. So dürfen Privatanleger ausschließlich zugreifen, wenn für das Wertpapier ein sog. Basis-Informationsblatt existiert. Ältere Emissionen können dieses Dokument nicht vorweisen. Sie bleiben daher Anlageprofis wie Fondsgesellschaften oder Vermögensverwaltern vorbehalten. Somit eignet sich die Direktanlage am ehesten für versierte Profis.
Fazit: Für Zinsjäger sind Kurzläufer-ETFs eine gute Lösung. Sind größere Summen zu investieren, bieten aktive Strategien einen Mehrwert
Über den Autor: Jörg Wenner
Jörg Wenner, Vermögensverwalter der FIDUS Finanz AG, Frankfurt am Main
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