Kein Diversifikationseffekt in Krisenzeiten?
Doch, wenn man es richtig macht! Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Statistiklehrstuhls der Ruhr-Universität Bochum in Zusammenarbeit mit ihrem Spin-off quasol.
Diversifikation als Instrument der Risikosenkung hat auch in der Finanzkrise funktioniert. Das überrascht, wenn man der Presse Glauben schenkt. Angeblich seien Diversifikationseffekte gerade in Krisenzeiten nicht zu erzielen, hieß es dort. Doch das stimmt nur auf den ersten Blick, wie eine wissenschaftliche Studie nun belegt.
Die effektive Zusammenstellung von Wertpapieren in einem Portfolio ist eine zentrale Fragestellung für Anleger. Ein Irrtum liegt dabei oft darin, dass eine Streuung des Risikos schon dann angenommen wird, wenn das Vermögen beispielsweise auf Aktien verschiedener Länder aufgeteilt wird. Dieser Streuungsgrad ist jedoch viel zu schmal.
Die Finanzkrise im Jahr 2008 machte deutlich, dass die Korrelationsstruktur sehr sensibel auf extreme Marktgeschehnisse reagiert. In Krisenphasen steigen die Korrelationen zwischen Aktien erheblich und blieben für einen bestimmten Zeitraum auf diesem Niveau bestehen. Zusätzlich zeigte sich, dass das Risiko in klassischen Modellen zur Portfoliotheorie (z. B. Markowitz-Ansatz) deutlich unterschätzt wurde. Insbesondere bei Aktien war dies der Fall. Die Instabilität der relevanten Risikoparameter (Korrelation und Volatilität) führte dazu, dass Diversifikationseffekte zwischen Aktien über- und somit die Risiken unterschätzt wurden.
Betrachtet man jedoch die Korrelationen und Volatilitäten von sehr unterschiedlichen Assetklassen, dann wird deutlich, dass die Streuung in die Breite gehen muss, um Kapitalverlust in Krisenzeiten zu minimieren. So wurden neben Aktien verschiedenste Assetklassen (z. B. Staatsanleihen) in die Studie einbezogen, um Diversifikationseffekte in verschiedenen Marktphasen des letzten Jahrzehnts zu untersuchen.
Dabei zeigt sich, dass sich die Parameter bzw. Risiken zwar sehr deutlich mit der jeweiligen Marktphase ändern, dabei die Art der Änderung jedoch stark von der Assetklasse abhängt. Beispielsweise betrug die Korrelation zwischen Rohstoffen und Staatsanleihen vor der Finanzkrise 0,13. Während der Krise sank diese jedoch auf -0,55. Dies bedeutet, dass die Diversifikationseffekte deutlich zugenommen haben. Im Gegensatz dazu haben sich die Korrelationen zwischen länderbezogenen Aktienindizes deutlich erhöht und lagen vollständig über 0,8. Somit war mit klassischer Portfoliotheorie kein Risikoschutz zu erzielen. Dies ist besonders bedenklich, da die beiden Phasen direkt aufeinander folgten.
Im Aktiensektor gab es jedoch ein weiteres und sehr überraschendes Ergebnis. Betrachtet man die durchschnittlichen Diversifikationseffekte zu allen anderen Indizes, jedoch auf Sektor und nicht auf Länderbasis, so blieb die durchschnittliche Korrelation zwischen allen Sektoren über sämtliche Marktphasen hinweg konstant. Dies bedeutet, dass selbst während der Finanzkrise kein Anstieg der Korrelationen zu beobachten war. Daher scheint eine Diversifikation zwischen Sektoren in Krisenzeiten stabiler zu funktionieren.
Das Fazit der Studie:
Zuerst bleibt festzuhalten, dass eine alleinige Anlage in Aktien nicht ratsam ist, da hier nur schwer Diversifikationseffekte zu erzielen sind. Vielmehr ist zu empfehlen, auch andere Assetklassen ins Portfolio zu integrieren. Hier empfehlen sich besonders Staatsanleihen, Pfandbriefe oder Immobilien, da sie in Krisenzeiten durchweg eine negative Korrelation zu Aktien aufwiesen. Daneben scheint auch eine Investition in Rohstoffe ratsam, da diese Assetklasse eine günstige Korrelationsstruktur aufweist. Zur Umsetzung einer risiko-orientierten Strategie ist es ratsam, Indizes anstatt Einzelwerte zu verwenden, da Einzeltitel ein deutlich höheres unsystematisches Risiko haben. Zusätzlich sind Strategien auf Indexbasis einfach und effizient über ETFs abbildbar. Daneben lassen sich Parameter von Indizes verlässlicher schätzen, was die Grundlage einer quantitativen Portfoliooptimierung darstellt. Wie dies genau funktioniert, lesen Sie in der nächsten Ausgabe des EXtra-Magazins.