23. Oktober 2021

Green Bonds & Co – das sollten Sie über nachhaltige Anleihen wissen

Gerade ältere Anleger sollten Anleihen im Depot haben. Nachhaltige Anleihen werden dabei immer wichtiger. Welche Bereiche gibt es? Wie ist der Markttrend? Was sollten Privatanleger beachten und wie kann die Umsetzung aussehen?

Gerade bei Anlegern mittleren oder höheren Alters gehören Anleihen-ETFs ins Depot. Denn sie verleihen dem Portfolio mehr Stabilität. Auch in diesem Segment setzt es sich mehr und mehr durch, auf Nachhaltigkeit zu bauen. Anleger sind zunehmend bestrebt, ihre Portfolios mit ihren finanziellen Zielen und international anerkannten Nachhaltigkeitszielen wie dem Pariser Abkommen oder den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) in Einklang zu bringen.

Wir möchten Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über nachhaltige Anleihen bieten und deutlich machen, worauf Sie als Privatanleger achten sollten. Zudem zeigen wir Ihnen einen Portfolio-Vorschlag zur konkreten Umsetzung.

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Arten nachhaltiger Anleihen-ETFs

Zunächst gilt es zwei Gattungen zu unterscheiden: Die sogenannten „Use of Proceeds“-Anleihen und nachhaltigkeitsgebundene Anleihen. Bei ersterer Gruppe werden die Erlöse in spezifische Umwelt- oder soziale Projekte investiert. Hierbei handelt es sich also um eine sehr konkrete Form nachhaltigen Anlegens. Nachhaltigkeitsgebundene Anleihen sind dagegen nicht an bestimmte Projekte geknüpft. Ihre Erlöse fließen in die allgemeinen Aktivitäten eines Emittenten, der explizite Nachhaltigkeitsziele verfolgt; diese finden sich in den Emissionsklauseln der Anleihe wieder.

Grüne Anleihen (Use of Proceeds)

Grüne Anleihen nach „Use of Proceeds“ dienen der Finanzierung neuer und bestehender Projekte oder Aktivit.ten mit positiven Umweltauswirkungen. Nach dem Dafürhalten der Anleihen-Profi s von Pimco sollten wirkungsvolle grüne Anleihen im Einklang mit den Green Bond Principles (GBP) der International Capital Market Association (ICMA) ausgegeben werden. Gemeint sind damit freiwillige Leitlinien, die eine transparentere und einheitliche Berichterstattung bezüglich der Umweltziele und der geschätzten Auswirkungen von Anleihen unterstützen. Beispiele für diese Anleihengattung sind erneuerbare Energien, Energieeffizienz, sauberer Transport, umweltfreundliche Geb.ude, Abwassermanagement und Anpassung an den Klimawandel.

Soziale Anleihen (Use of Proceeds)

Für das Prädikat „soziale Anleihe“ müssen die Erlöse sozialen Projekten oder Aktivitäten zufließen, die positive soziale Auswirkungen haben und/oder ein gesellschaftliches Problem angehen. Häufig sind solche Projekte auf bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgerichtet, etwa auf Personen, die unter der Armutsgrenze leben, marginalisierte Gemeinschaften, Migranten, Arbeitslose, Frauen oder sexuelle Minderheiten, Menschen mit Behinderung oder Vertriebene.

Ähnlich wie bei grünen Anleihen orientiert sich die Emission sozialer Anleihen an einer Reihe frei- williger Leitlinien – in diesem Fall an den Social Bond Principles (SBP) der ICMA – mit dem Ziel, die Offenlegung und die Transparenz am Markt für Sozialanleihen zu verbessern. In der jüngeren Vergangenheit ist eine neue Gattung sozialer Anleihen entstanden: Corona-bezogene Anleihen. Die Erlöse sind dann dafür bestimmt, soziale Probleme in Folge der Pandemie zu mildern.

Ganz allgemein kommen bei Sozialanleihen etwa folgende Projekte infrage: Lebensmittelsicherheit und nachhaltige Ernährungssysteme, sozioökonomische Fortschritte, erschwinglicher Wohnraum, Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und erschwingliche Basisinfrastruktur.

Nachhaltige Anleihen (Use of Proceeds)

Nachhaltige Anleihen sind Emissionen, deren Erlöse in die Finanzierung oder Refinanzierung einer Kombination aus grünen und sozialen Projekten oder Aktivitäten fließen. Hier tummeln sich die meisten nachhaltigen ETF-Produkte. Diese Anleihengattung kann von Unternehmen, Regierungen und Kommunen sowie für einzelne Verm.genswerte und Projekte begeben werden und sollten den Sustainability Bond Guidelines (SBG) der ICMA Folge leisten, die sowohl mit den Prinzipien für grüne als auch mit jenen für soziale Anleihen übereinstimmen.

Des Weiteren können sie unbesichert, durch die Kreditwürdigkeit des emittierenden Unternehmens oder Staates garantiert oder mit Sicherheiten in Form eines bestimmten Verm.genswerts hinterlegt sein, wie der Anleihenspezialist Pimco erkl.rt. Beispiele für Projektkategorien, die für nachhaltige Anleihen infrage kommen, sind jene für grüne und soziale Anleihen.

Tipp: Hier erfahren Sie alles, was Sie über das Investieren in Nachhaltigkeits-ETFs wissen müssen.

Nachhaltigkeitsgebundene Anleihen

Auch in der nächsten Kategorie finden sich zahlreiche ETFs wieder: nachhaltigkeitsgebundene Anleihen. Vorgaben rühren häufig aus den sogenannten Key Performance Indicators (KPI) oder den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG). Diese Anleihentypen sind an das Erreichen von Klima- oder breiteren SDG-Zielen durch den Emittenten gebunden, etwa über spezielle Auflagen. In diesem Fall schlagen sich Fortschritte in Richtung der SDGs oder ausgewählter Ziele beziehungsweise ihr Ausbleiben in einer Verringerung oder Erhöhung der Kuponzahlungen nieder.

Diese Anleihen können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Emittenten zu unternehmensweiten Nachhaltigkeitsbestrebungen anzuregen, insbesondere durch eine Ausrichtung auf die UN-Nachhaltigkeitsziele oder das Pariser Abkommen. Der Trend zeigt klar nach oben Gemessen am Gesamtmarkt für festverzinsliche Wertpapiere sind nachhaltige Anleihen noch immer eine Nische. Doch die Wachstumsraten sind enorm. Mit Stand vom 30. September 2020 umfasste der Markt für nachhaltige Anleihen ach Zahlen von Bloomberg mehr als eine Billion US-Dollar an ausstehenden Emissionen, darunter über 800 Milliarden US-Dollar an grünen Anleihen.

Zum Vergleich: In den ersten Monaten des Jahres 2017 wurde die Schwelle von 200 Milliarden Euro überschritten. Das macht eine Verfünffachung in vier Jahren. Den Trend können wir vom Extra-Magazin nur bestötigen, regelmäßig kommen neue nachhaltige ETFs auf Aktien, aber auch auf Anleihen auf den Markt. Die Datenbank von extraETF.com, unserer Website, zeigt mittlerweile 57 nachhaltige Anleihen- ETFs an.

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Warum überhaupt Anleihen?

„Im Rahmen einer Asset-Allokation sind Anleihen ein wichtiger Baustein im Portfolio, um das angestrebte Risikoniveau eines Depots zu erreichen. Für ein ausgewogenes Depot entspricht ihr Anteil z. B. 50 Prozent. Wenngleich Anleihen mit hoher Bonität je nach Währung und Laufzeit eine niedrige oder gar negative Verzinsung haben, können sie in einem Stressszenario am Aktienmarkt eine stabilisierende Wirkung im Depot entfalten“, sagt Claus Hecher, Leiter der Gesch.ftsentwicklung ETFs und Index-Lösungen bei BNP Paribas Asset Management.

Nachhaltige Anleihen-ETFs können laut Hecher dabei ihren Beitrag leisten, sofern der Anleger bei der Kapitalanlage auf ökologische und soziale Aspekte sowie verantwortungsvolle Unternehmenskontrolle Wert legt.

Worauf sollten Privatanleger achten?

Wer sich mit dem Gedanken trägt, die risikoarme Portfolioseite mit nachhaltigen Anleihen abzudecken, sollte ein paar Dinge beachten. Hier müssen wir kurz ausholen, denn bisher ist das Thema des nachhaltigen Investierens noch recht schwammig. Das soll sich jedoch ab dem kommenden Jahr mit Hilfe einer EU-Verordnung ändern. „Sie bedeutet einen deutlichen Schritt in Richtung Transparenz bei ETFs, wenn es um die Erkennung von nachhaltigen Anlageprodukten geht. Mit dem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken möchte die deutsche Finanzmarktaufsicht Bafin den von ihr beaufsichtigten Unternehmen eine Orientierungshilfe im Umgang mit dem immer wichtiger werdenden Thema ‚Nachhaltigkeitsrisiken‘ geben“, meint Hecher.

Das Merkblatt könne als Anstoß einer sinnvollen Ergänzung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Asset Manager gesehen werden. Dabei hätten drei Verbände ein Konzept entwickelt, wie die Mindestausschlusskriterien für eine dezidierte ESG-Strategie nach Artikel 8 bzw. Investments mit einem konkreten Anlageziel nach Artikel 9 Offenlegungsverordnung mit Beginn des Jahres 2022 aussehen sollen.

Es stelle sich also die Frage, ob Indexfonds, die im Rahmen der Offenlegungsverordnung (EU 2019/2088) von den jeweiligen ETF-Anbietern gemäß Artikel 8 klassifiziert worden seien, ab 2022 unter Berücksichtigung der für Deutschland zu erwartenden Methoden zur Steuerung und/oder Begrenzung der Nachhaltigkeitsrisiken immer noch nach Artikel 8 einzustufen seien. „Beispielsweise sieht das Verbändekonzept bei Rüstungsgütern eine Obergrenze für Ums.tze aus Herstellung und/oder Vertrieb in Höhe von zehn Prozent vor. Dieses Kriterium wird nach aktuellem Stand bei zahlreichen Indizes, die über ETFs abgebildet werden, verletzt. Es bleibt daher spannend“, so Hecher.

Anleger, die auf nachhaltige ETFs setzen möchten, sollten sich also auf „Artikel 8 und 9“-Produkte konzentrieren. „ETFs, die traditionelle Indizes abbilden, finden sich in der Regel in der Kategorisierung nach Artikel 6 und gelten als nicht nachhaltig. Deutsche Privatanleger sollten aber auch die möglichen Änderungen bei der Klassifizierung von ETFs ab 2022 im Auge behalten“, rät Hecher. Unser Musterportfolio „Nachhaltigkeit 50“ sieht ein ausgewogenes Aktien-Anleihen-Verhältnis von 50:50 vor.

Bei der nachhaltigen Anleihenkomponente haben wir uns hier für einen ETF mit Investment Grade-Rating entschieden. Die Unternehmen sind aus der Eurozone aus den Sektoren Finanzwesen, Industrie und Versorgungsbetriebe.

Nachhaltige Anleihen im Portfolio

Sehen wir uns nun ein nachhaltiges Weltportfolio an. Hierzu finden Sie unter extraETF.com eine eigene Rubrik. So kommt etwa im Musterportfolio „Nachhaltigkeit 50“ auf der Anleihenseite folgender ETF zum Einsatz: der UBS Bloomberg Barclays MSCI Euro Area Liquid Corporates Sustainable UCITS ETF (Dist) (WKN: A2AQ6D). Das Produkt investiert in Anleihen, die von Unternehmen der Eurozone aus den Sektoren Finanzwesen, Industrie und Versorgungsbetriebe emittiert werden. Auf der Aktienseite steht ebenfalls Nachhaltigkeit im Vordergrund.

Fazit

Nachhaltigkeit setzt sich mehr und mehr durch. Das gilt auch im Anleihenbereich. Die Rendite muss darunter nicht leiden, doch darum geht es bei Anleihen ohnehin nicht. Denn hierbei handelt es sich um eine stabile Ergänzung, um das Portfolio wetterfest zu machen. Es spricht nichts dagegen, dies nachhaltig zu tun.