19. November 2024
Die Granolas-Aktien als europäische Antwort auf die „Glorreichen Sieben“?

Die Granolas-Aktien als europäische Antwort auf die „Glorreichen Sieben“?

Die sieben US-Techriesen treiben seit Jahren den US-Aktienmarkt an. Doch kennst du schon die verheißungsvollen europäischen Granolas-Aktien?

Die USA haben gewählt. Damit ist klar: Künftig gilt wieder verstärkt „America First“ – also Amerika zuerst. Dem US-Aktienmarkt dürfte das nicht schaden, doch anders könnte es in Europa aussehen. Strafzölle und eine Unternehmenssteuersenkung in den USA sind nicht unbedingt gute Aussichten für europäische Unternehmen. Zumal der hiesige Aktienmarkt ohnehin den Anschluss an den US-Markt verloren zu haben scheint. Rechnet man die bekannten Tech-Riesen heraus, würde der US-Aktienmarkt auch weit weniger glänzen. Jene sogenannten „Glorreichen Sieben“ (Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms, Microsoft, Nvidia und Tesla) haben in diesem Jahr mehr als die Hälfe der Wertentwicklung des S&P 500, den 500 größten US-Aktien-Titeln, beigetragen. Dennoch solltest du Europa nicht abschreiben. Die verheißungsvolle Aktiengruppe nennt sich hier „Granolas“. Davon hast du noch nie gehört? Macht nichts, das Akronym gibt es erst seit 2020 und wurde von Analysten von Goldman Sachs erstmals genannt. Die wesentlichen Branchen sind der Luxus-Sektor, IT, Nahrungsmittel und der Gesundheitsmarkt.

Was sind die Granolas-Aktien?

In Europa haben wir keine Googles, Nvidida oder Microsofts. Daher ist es kein Wunder, dass sich die Granolas deutlich von den „Glorreichen Sieben“ unterscheiden. Vielmehr gibt es hier einen bunten Strauß an Branchen, wie die nachfolgende Auflistung der Unternehmen zeigt:

  • GSK
  • Roche
  • AstraZeneca
  • Novo Nordisk
  • Nestlé
  • Novartis
  • L’Oréal
  • LVMH
  • ASML
  • SAP

Schlägt Europa zurück?

Wie du schon im Sommer kurz gesehen hast, machten kurzfristig Zweifel die Runde, ob die bekannte US-Tech-Konzerne nicht bereits zu hoch bewertet sind. Nach einwöchiger Bedenkzeit lautet die Antwort der Marktteilnehmer: Nein (doch nicht). Schon seit Monaten gibt es eine bestimmte Erzählung, die für europäische Werte und speziell für Granolas spricht: Der US-Aktienmarkt ist angetrieben durch die sieben großen Tech-Konzerne relativ hoch bewertet und deshalb könnte die Luft bald ausgehen. Ganz anders in Europa. Der eher konservative Aktienmarkt dort könnte endlich aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Der Treiber dieser Hoffnung hört auf den Namen „Bewertung“. „Gerade die US-Aktien sind in den vergangenen Jahren stark gelaufen. Ich denke hier gerade an die Glorreichen Sieben. Diese Unternehmen haben die US-Aktienindizes extrem angetrieben. Nun fragen sich natürlich die Investoren, wo es interessante Bewertungen gibt. Und da rückt Europa aufgrund der vergleichsweise schwächeren Entwicklung in der Vergangenheit in den Fokus“, sagt Sidi Kleefeld, Leiter Sales Advisory & Strategy bei Xtrackers (DWS).

Der US-Markt basiert auf sieben Unternehmen

Wie bereits erwähnt beruht die tolle Entwicklung des amerikanischen Aktienmarkts auf ganze wenige Unternehmen. Die „Glorreichen Sieben“ machen bereits mehr als 30 Prozent im S&P 500 aus. In Europa sind wir viel weniger von einer einzelnen Branche abhängig. Das hatte zwar den Nachteil, dass wir keine Tech-Konzerne hatten, die unsere nationalen Indizes befeuert hätten, andererseits haben wir in Europa auch ein geringeres Klumpenrisiko.

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Das Klumpenrisiko im US-Aktienmarkt war in den vergangenen Jahren nicht weiter schlimm, da es zum einen noch etwas geringer ausgeprägt war und zum anderen – was noch wichtiger war – sich vielmehr als Chance denn als Risiko erwiesen hat. Doch alles am Kapitalmarkt hat zwei Seiten. Sollte der Tech-Sektor die Erwartungen enttäuschen, bist du als Anleger auch voll dabei. „Aus unserer Sicht ist es wesentlich, nicht auf gut Glück in einzelne vielversprechende Titel aus dem Tech-Sektor zu investieren, sondern die gesamte Wertschöpfungskette im Blick zu behalten“, mahnt Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF. Gerade hier liegt die große Stärke von breit streuenden ETFs.

Auch Europa gehört dazu

Breite Streuung schließt selbstverständlich auch Europa mit ein. Nicht nur die Bewertung ist um mehr als 30 Prozent günstiger als in den USA, auch die Konzentration der größten Unternehmen ist wesentlich geringer. Günstige Bewertung und weniger Klumpenrisiko also. So machen im US-amerikanischen S&P 500 die zehn größten Unternehmen rund 36 Prozent aus. In Europa hat zwar die Konzentration an der Spitze ebenfalls zugenommen, dennoch stellen hier die zehn größten Werte „nur“ 24 Prozent.

Granolas als Antwort?

Sieht man auf die „Stars“ des US-Aktienmarkt, mag Europa altbacken wirken. Die Frage lautet also: Gibt es auf dem alten Kontinent auch solche „glorreichen“ Unternehmen? „Ja, man nennt sie die Granolas-Aktien“, sagt Jennifer Schmitz, ETF-Vertriebsstrategin, Xtrackers (DWS). Laut Michael Field, Senior Equity Market Strategist bei Morningstar, haben die Granolas im Jahr 2024 eine gemischte Performance gezeigt. Er sagt, dass es kein offensichtliches Muster gibt, das die Entwicklung der einzelnen Aktien beeinflusst. “Es war ein unberechenbares Jahr für die Granolas.” Der Überflieger in diesem Jahr kommt sogar aus Deutschland. So steht im laufenden Jahr ein Plus von rund 57 Prozent. SAP war sogar so erfolgreich, dass der Titel möglicherweise zu groß für den Dax wird. Der Software-Konzern hat die Kappungsgrenze im Dax von 15 Prozent erreicht.

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Für das Jahr 2025 erwartet Field, dass sich die Bewertungen bestimmter Granolas-Aktien „neu ausrichten“ werden. „Vielleicht werden wir in den nächsten Monaten eine Bereinigung sehen. Aktien, die schlecht gelaufen sind, werden besser abschneiden – und umgekehrt”, meint Field. Dieser Branchenmix innerhalb der Granolas sorgt für Diversifikation.

Granolas sind solide, aber keine Kursraketen

„Ähnlich wie in den USA mit den Glorreichen Sieben sind in Europa die Granolas-Aktien in den vergangenen Jahren besonders gut gelaufen“, so Schmitz. „Wir sehen aber nicht diese langfristige Wachstums-Story wie bei den US-Tech-Riesen, die dort von der künstlichen Intelligenz getrieben wird. Die Granolas-Werte sind solide, aber in ihnen schlummern nach Meinung der Marktteilnehmer keine bahnbrechenden Potenziale“, meint Schmitz.

Ähnlich sieht das Granolas-Kenner Ahnert: „Die Granolas-Aktien haben einen Schwerpunkt im Gesundheitsmarkt, bei Luxus-Artikeln, bei IT und Nahrungsmitteln. Das sind alles langfristige Wachstumsbranchen. Das zeigen auch die Zahlen dieser Unternehmen. Diese Themen standen und stehen immer wieder im Fokus der Investoren. Langfristig bieten sie Potenzial.“ Doch dass diese Trends kurzfristig in einem Ausmaß wie KI vom Markt eingepreist werden, sei eher unwahrscheinlich.

Mini Granolas gegen große Glorreiche Sieben

Bei den Größenverhältnissen verhält es sich wie in der ersten Runde des DFB-Pokals. „Die teuerste europäische Aktie Novo Nordisk hat einen Börsenwert von rund 500 Milliarden Euro und ist damit deutlich geringer bewertet als Tesla, die kleinste Aktie der Glorreichen Sieben“, stellt Ahnert fest. Ein anderer Vergleich zeige eindrucksvoll, wie weit die US-Aktien in der Bewertung den europäischen Titeln davongelaufen seien: „Apple, Microsoft und Nvidia zum Beispiel sind jeweils alleine mit einem höheren Börsenwert ausgestattet als jeder europäische Aktienmarkt mit allen Aktien zusammen. Anders ausgedrückt: Der gesamte britische, schweizerische oder französische Aktienmarkt hat jeweils eine geringere Bewertung als jede der genannten Aktien“, so Ahnert.

Keine Einzelwetten

So sehr wir uns in Europa solche Tech-Giganten wünschen, wir haben sie derzeit nicht. Dennoch stellen die Granolas eine attraktive Aktiengruppe dar. Der frühe August hat einmal mehr gezeigt: „Man sollte niemals einzelnen Wetten einen zu hohen Anteil am Depotwert einräumen“, sagt Thomas Metzger, Leiter Vermögensverwaltung beim Bankhaus Bauer. In Welt-ETFs nehmen die Glorreichen Sieben ohnehin bereits einen großen Teil ein. Wer gezielt auf Granolas setzen möchte, hat zwar keinen direkten ETF dazu, kann sich aber Produkte auf den Stoxx Europe 50 näher ansehen. Ein Investitionsbeispiel hierfür ist etwa der Xtrackers Euro Stoxx 50 UCITS ETF (Acc) (WKN: DBX1ET).

Fazit: Sei dir der Klumpenrisiken bewusst und investiere global

Die großen US-Tech-Konzerne sind mehr oder weniger Teil unseres Alltags geworden. Gerade digitale Dienstleistungen können enorme Synergien entfachen. Dennoch: Schwächeln die „Glorreichen Sieben“ mal, schlägt das Klumpenrisiko voll zu. In Europa nennt sich die verheißungsvolle Aktiengruppe „Granolas“. Mit ETFs lässt sich ein Schwerpunkt setzen. Die Glorreichen Sieben sind ohnehin in Welt-ETFs sehr präsent. Wenn du Klumpenrisiken im weltweiten Aktienmarkt nahezu komplett ausblenden möchtest, kannst du dich für einen gleichgewichteten ETF entscheiden, wie den nachfolgenden.