Die Angst vor der zweiten Welle der Inflation geht um
Die Inflation geht deutlich zurück. Die Lieferketten funktionieren wieder besser. Die Energiepreise sinken. Doch nur auf den ersten Blick ist alles weitgehend im Plan. Denn die Teuerung könnte zurückkehren.
Eine Erkenntnis aus den 1940er- und 1970er-Jahren ist, dass die Hochinflation immer stark zurückging, aber schon bald darauf wieder zurückkehrte. Die Verbraucherpreise schwankten in diesen Phasen mehrmals zwischen Jahresraten von Null und über zehn Prozent. So wurde in den 1940er-Jahren der Notenbankzins in den USA künstlich niedrig gehalten. Die Dekade war von zwei Rezessionen und zwei Hochinflationen mit Spitzenraten von 13 und 20 Prozent geprägt. Die Zinsen blieben damals deutlich unter der Inflationsrate. Die USA konnten sich so real entschulden.
Inflation lag schon bei 15 Prozent
In den 1970er-Jahren mit drei Rezessionen und zwei Hochinflationsspitzen von 12 und 15 Prozent wurde die Inflation hingegen mit stark steigenden Zinsen bekämpft. Die Fed reagierte auf die fallenden Inflationsraten und senkte die Zinsen. In der Folge sprang die Inflation nach einer kurzen Pause wieder stark an.
Welche Lehren könnten die Notenbanken aus der Historie ziehen? Soll man nun bei einer abkühlenden Konjunktur und rückläufigen Inflationsraten schon über Leitzinssenkungen im Jahr 2024 nachdenken? Oder fürchtet man sich mehr vor einer zweiten Inflationswelle, wie man sie in den 1940er- und 1970er-Jahren gesehen hat?
Enttäuschungspotenzial an der Börse
Selbst wenn sich der Arbeitsmarkt und die Konjunktur abkühlen und die Inflation weiter zurückgeht, könnten Marktteilnehmer von der Notenbankpolitik enttäuscht werden. Im Moment überwiegt meiner Meinung nach die Angst vor der zweiten Welle, die sich 2025 aufbauen könnte. Ein Grund ist der Effekt aus einer beginnenden Lohn-Preisspirale. Überwiegt diese Sichtweise bei den Zinshütern, wird man nach der nächsten Zinsanhebung, die allgemein im Laufe des Jahres erwartet wird, länger abwarten. Die Leitzinsen dürften damit auf hohem Niveau verharren und den Wachstumsunternehmen sowie der Immobilienbranche das Leben schwer machen. Gerade bei Wachstumsaktien wird an der Börse viel von einer möglichen Zinsentspannung vorweggenommen. Hier baut sich Enttäuschungspotenzial auf. Daher sollten Value-Aktien weiter ein Übergewicht im Depot haben.
Gottfried Urban ist Geschäftsführer der Urban & Kollegen GmbH Vermögensmanagement in Altötting
Autor Redaktion
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Eine Studie zeigt: Jeder Dritte änderte sein Sparverhalten aufgrund der Inflation. Bei der anhaltend hohen Teuerung führt kein Weg an Aktien-ETFs vorbei.
Gespannt hatten die Märkte auf die Zahlen zur Inflation in den USA gewartet. Die Umsätze waren niedrig, Abwarten war angesagt, der Knoten sollte platzen.