20. Oktober 2022
Deshalb sind Anleihen-ETFs für mich derzeit keine Alternative

Deshalb sind Anleihen-ETFs für mich derzeit keine Alternative

Weil die aktuelle Inflationsrate gegenwärtig meilenweit vom Wunschwert der Fed in Höhe von zwei Prozent p.a. entfernt ist, schraubten die US-Notenbanker seit März dieses Jahres die US-Leitzinsen bereits um 300 Basispunkte nach oben und ein Ende der restriktiven Geldpolitik ist nicht in Sicht. Was heißt das für Anleihen?

An den Anleihenmärkten gehen steigende Zinsen bzw. Renditen stets mit mehr oder weniger stark rückläufigen Anleihepreisen einher. In diesem Jahr sind festverzinsliche Wertpapiere mit langer Restlaufzeit besonders stark unter die Räder geraten. Ein besonders krasses Beispiel stellt die 100-jährige Österreich-Anleihe dar. Sie hat sich nämlich seit ihrer Emission (Herbst 2017) innerhalb von drei Jahren zunächst mehr als verdoppelt, um danach wieder um zwei Drittel abzustürzen.

Schlechtes Chance/Risiko-Verhältnis

Bei Anleihen-ETFs waren dank des integrierten Diversifikationseffekts solch erratische Kursverluste zwar nicht zu beobachten, über glänzende Perspektiven verfügen aber auch sie – meiner Meinung nach – eher nicht. Wichtig zu wissen: In der Vergangenheit wurden die Anleihepreise im Zuge der zahlreichen Krisen in erster Linie durch die massiven Stützungskäufe der Notenbanken und weniger durch das Interesse von Investoren nach oben getrieben. Allein dieser Sachverhalt hat das Niedrigzinsniveau erst möglich gemacht.

Sollte es nicht gelingen, durch das rekordverdächtige Anheben der Leitzinsen, die Inflation wieder in den Griff zu kriegen, dürfte es an den Finanzmärkten richtig ungemütlich werden. Mittlerweile hält der Internationale Währungsfonds sogar eine weltweite Rezession für möglich. Selbst für Länder mit relativ annehmbaren Finanzkennzahlen dürfte es dann schwierig werden, die seit Jahrzehnten regelrecht explodierten Schuldenberge zu finanzieren. Sollten nämlich auf der einen Seite die Steuereinnahmen rezessionsbedingt sinken und auf der anderen Seite die Refinanzierung der Staatsschulden immer teurer werden, stellt dies absolut keine gute Mischung dar. Daher ist es um die Schuldentragfähigkeit derzeit nicht gerade zum Besten bestellt, schließlich existiert bei jeder Anleihe ein mitunter stark ausgeprägtes Kontrahenten- bzw. Ausfallrisiko. Im Grunde genommen besteht sie nämlich lediglich aus Papier und dem Vertrauen, dass versprochene Zinsen pünktlich ausgezahlt und am Ende der Laufzeit der Nominalbetrag der Anleihe zurückgezahlt werden.

Kaufkraftverlust vorprogrammiert

Wie nervös die Akteure an den Anleihemärkten mittlerweile sind, zeigen die in den vergangenen Wochen aufgetauchten Probleme Großbritanniens. Dort musste nämlich die Bank of England massive Anleihekäufe tätigen, um einen Zusammenbruch des britischen Rentenmarkts zu verhindern. Ihr ursprünglicher Plan sah hingegen vor, sich von in den Jahren zuvor erworbenen Positionen zu trennen. Man darf daher gespannt sein, ob die zahlreichen Schutzschirme von Notenbanken und Regierungen weiterhin funktionieren und die Finanzmärkte stabilisieren werden.

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Als unattraktiv kann man Anleiheinvestments aber auch aus einem anderen Grund ansehen. Auf Basis aktueller Inflationszahlen können Staatsanleihen – weder in den USA, noch in der Eurozone – aktuell die Inflation ausgleichen. Das heißt, dass wir uns in einem Umfeld stark negativer Realzinsen bewegen. Und im Gegensatz zu Aktien, Edelmetallen, Immobilien oder Kryptowährungen verfügen Anleihen nur über ein begrenztes Kurspotenzial, schließlich werden am Ende der Laufzeit maximal 100 Prozent des Nominalbetrags zurückgezahlt. Um diesen vorprogrammierten Kaufkraftverlust zu verhindern, ist es zwingend erforderlich, dass die Inflationsraten fallen. Dieses Unterfangen dürfte allerdings relativ schwierig werden, schließlich leiden die Konsumentenpreise nicht nur unter den deutlich gestiegenen Energiepreisen, sondern auch unter anderen Negativfaktoren. Den Agrarsektor belasten zum Beispiel Russlands Krieg gegen die Ukraine, der fortschreitende Klimawandel sowie gestiegene Kosten für Dünger und Logistik.

Die Zeiten, in denen Staatsanleihen mit guter Bonität als erste Wahl galten, sind erst einmal vorbei und dürften auch so schnell nicht wieder zurückkehren.