Sind Aktienrückkäufe aus Anlegersicht interessanter als Dividenden?
Aktienrückkäufe können Anlegern etwas zurückgeben, ohne dabei zwingend an die Substanz von Unternehmen zu gehen. Das macht sie spannender als Dividenden.
Die Dividendensaison 2024 ist in Deutschland gelaufen. Sehen wir uns eine vielleicht viel interessante Alternative dazu an: Aktienrückkäufe. Dividenden entziehen dem Unternehmen Kapital. „Ganz anders ist es bei Firmen, die eigene Aktien zurückkaufen. Diese Rückkäufe stärken den Zinseszins-Effekt, erhöhen den Gewinn pro Aktie und schonen die Nerven der Anleger. Es gibt also drei gute Gründe, sich Firmen anzuschauen, die eigene Aktien kaufen“, sagt Stephan Albrech, Vorstand der Albrech & Cie Vermögensverwaltung AG in Köln. Eigentlich geben Unternehmen Aktien heraus, um an Geld zu kommen. „Aktienrückkäufe sind eigentlich ein Widerspruch in sich, gleichzeitig aber seit vielen Jahren ein anerkanntes Mittel der Kapitalmarktsteuerung, sagt Franz-Josef Leven, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Aktieninstituts.
In den USA sind Aktienrückkäufe ein beliebtes Instrument. Bis zum Anstieg der Zinsen wurden diese sogar in großem Umfang auf Pump finanziert. „Auf der entgegengesetzten Seite gibt es in einigen kontinentaleuropäischen Märkten die Auffassung, eine Investition in die eigene Aktienbasis sei ein Zeichen von Fantasielosigkeit bzw. eines Mangels an lukrativen Investitionsprojekten. Diese Sichtweise scheint umso weniger intuitiv, wenn sie von Investoren vertreten wird, die selbst Anteile am jeweiligen Emittenten halten, und Aktien nach dem Rückkauf eingezogen werden sollen“, sagt Oliver Stratmann, Senior Vice President und Prokurist den Bereich Treasury&Investor Relations bei Lanxess.
Doch es scheint ein Umdenken in Gang gekommen zu sein. Denn gerade deutsche Großkonzerne waren in Sachen Aktienrückkäufen in den vergangenen Monaten besonders aktiv. Sieh dir hierzu gleich die Extra-Magazin-Ausgabe 3 (2024) an. Diese findest du in unserem Shop.
Aktienrückkäufe und der Zinseszins-Effekt
„Der Zinseszinseffekt ist das achte Weltwunder. Wer ihn versteht, verdient daran, alle anderen bezahlen ihn.“ Dieser Ausspruch wird keinem geringeren als Albert Einstein in den Mund gelegt. Der Effekt verstärkt sich mit zunehmender Laufzeit. Albrech gibt hierzu folgendes Beispiel: Bei Unternehmen, die mit ihrem Cashflow eigene Aktien zurückkaufen, verzinst sich das gesamte vom Anleger investierte Geld weiter mit der unternehmenseigenen Rendite. Bei einer Dividende von fünf Prozent wären es jedes Jahr nur noch 95 Prozent des Geldes.
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„Was nicht gerade wie ein gravierender Unterschied aussieht, hat es auf lange Sicht in sich. Ein Unternehmen mit einem Kapitalwachstum von 15 Prozent pro Jahr ist nach 20 Jahren das 16-Fache des Ausgangswertes wert“, so Albrech. Wachse das Kapital jährlich hingegen nur mit zehn Prozent, weil jährlich fünf Prozentpunkte ausgeschüttet werden, verfüge der Anleger am Ende der Zeitspanne nur über das Achtfache seiner Investition. Anleger 1 (Aktienrückkauf) hat jetzt also doppelt so viel Geld wie Anleger 2 (Dividende).
Aktienrückkäufe führt zu höherem Gewinn pro Aktie
Werden Aktien zurückgekauft, sinkt die Anzahl der Aktien, denn diese Bestände werden gelöscht. Weniger Aktien bei gleichem Gewinnniveau erhöht den Gewinn pro Aktie. „Ein Beispiel ist die Aktie einer israelischen IT-Sicherheits-Firma. Das Unternehmen hat in den vergangenen 20 Jahren nie eine Dividende ausgeschüttet, aber mehr als die Hälfte der eigenen Aktien zurückgekauft“, so Albrech. Der Effekt ist beeindruckend: Während sich der Gewinn durch die eigentliche Unternehmenstätigkeit in 20 Jahren gut verdreifachte, hat sich der Gewinn pro Aktie mehr als versiebenfacht. Der Aktienkurs ist um 850 Prozent gestiegen. „Dieser Kursanstieg ergibt sich zum größten Teil aus der Gewinnsteigerung pro Aktie (Gewinnwachstum der Firma plus Aktienrückkäufe) sowie zum kleineren Teil aus der Bereitschaft des Marktes, mehr für dieses Unternehmen zu zahlen“, erklärt Albrech.
Bei Aktienrückkäufen geht es auch um ein gesundes Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital. „Zu wenig Eigenkapital erhöht das Insolvenzrisiko, zu viel drückt die Eigenkapitalrendite“, sagt Franz-Josef Leven, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Aktieninstituts. Problematisch kann es aus der Sicht einiger Kritiker jedoch sein, wenn ein missbräuchlicher Umgang mit diesem Instrument vorliegt. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Unternehmensführung eigennützig handelt und nur den Gewinn pro Aktie maximieren möchte, um die eigene Bonuszahlung in die Höhe zu treiben. „In der Praxis werden solche Fehlanreize jedoch in der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung effektiv unterbunden“, sagt Andreas Meier, Senior Manager im Bereich Compensation und Performance Management bei der Kienbaum Consultants International GmbH.
Aktienrückkäufe stützen den Kurs in schwachen Zeiten
Oben hast du bereits ein Beispiel von einem israelischen Unternehmen gesehen. Gerade in schwierigen Marktphasen lässt sich das Nervenkostüm der Anleger entlasten, und verweist auf ein Beispiel, das verdeutlicht, inwiefern sich Kurs stützen lassen können. „Das zeigt sich etwa bei einer bekannten Fast-Food-Kette, die in den vergangenen 16 Jahren 40 Prozent der eigenen Aktien zurückgekauft hat. Diese Unterstützung half in der Finanzkrise von 2008/09. Damals gab das Papier bis zu 30 Prozent ab, schloss aber Ende 2009 etwas höher als Anfang 2008. Zum Vergleich: Der Dow Jones fiel um fast 50 Prozent und notierte am Ende der Zeitspanne gut 20 Prozent niedriger. Anleger erlitten dank der Rückkäufe also geringere Verluste als der breite Markt. Die Aktie erreichte zudem schneller wieder ihren vorigen Höchststand“, so Albrech.
ETFs zu Aktienrückkäufen
Das Phänomen der Aktienrückkäufen ist in den USA besonders verbreitet. Dort spricht man auch von Buybacks. Nachfolgend siehst du einen US-Aktienrückkauf-ETF.