Der Dax ohne Linde ist bestimmt kein besserer Index
Linde war am 24. Februar zum letzten Mal im Dax vertreten. Die Commerzbank ist wieder dabei. Ist das eine Verschlechterung?
Linde hatte sich nach der Fusion mit Praxair entschieden, das teure Zweitlisting an der Frankfurter Börse aufzugeben. Mit über neun Prozent Indexgewicht verlor der Dax damit sein wertvollstes Unternehmen. Gleichzeitig ist mit der Commerzbank ein alter Bekannter in den Dax aufgestiegen, so dass sich der Anteil der übrigen Dax-Werte entsprechend erhöht hat.
Das Handelsblatt stellte in einem kürzlich erschienenen Artikel die Frage in den Raum, ob der Dax durch den Austritt gestärkt werde. Der zitierte Analyst der DZ-Bank vertrat die Meinung, dass der Austausch der Mitglieder durchaus positiv für den Index sei.
Als positive Aspekte aus dem Titelaustausch werden in diesem Zusammenhang die folgenden Punkte genannt
Der Dax bleibt Old Economy und hat seinen Charakter als zyklischster europäischer Aktienindex gefestigt.
Höhere Dividendenrenditen erhöhen den Risikopuffer in einem rezessiven Umfeld.
Der Index kann besser von der Konjunkturerholung in China und steigenden Zinsen profitieren.
Die Dax-Eigenschaften sind langfristig nicht erstrebenswert
Linde hat in den letzten beiden Jahren trotz der Kosten für die Fusion und der negativen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine eine relativ stabile operative Marge von rund 16 Prozent erzielt. Das Management des Konzerns rechnet auch 2023 mit einem Rekordjahr. Zudem könnte das Unternehmen eine führende Rolle bei der Produktion von grünem Wasserstoff einnehmen. Durch die wachsende Industrieproduktion in Entwicklungsländern steigt dort die Nachfrage nach Industriegasen besonders stark. Anders als viele Dax-Unternehmen ist Linde dadurch langfristig nicht allein von der Entwicklung Chinas abhängig.
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Steigende Zinsen sind zwar gut für die Titel des Finanzsektors im Index. Allerdings müssen die Unternehmen auch einen höheren Kapitaldienst für ihre eigenen Schulden leisten. Gemessen am Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) lag die Nettoverschuldung Ende 2021 bereits bei 1,9. Laut Handelsblatt war der Wert vor einem Jahr doppelt so hoch wie zehn Jahre zuvor, zumal bei den Autoherstellern die Finanzdienstleister herausgerechnet wurden. Linde hat mit einem Verhältnis von Nettoverschuldung zu EBITDA von 1,28 Ende 2021 den Durchschnitt wesentlich verbessert.
Im Dax sind 15 Prozent der Werte dem zyklischen Konsum zuzuordnen. Unternehmen wie Mercedes, BMW oder Adidas würde ich allerdings nicht als Luxusgüter bezeichnen. Die Marken und Produkte stehen hier deutlich hinter echten Luxusgüterherstellern wie Ferrari, LVMH oder Hermès zurück. Dies zeigt sich auch in der Profitabilität und Stabilität der Geschäftsmodelle.
Spielball der Spekulanten
Auch die starke Abhängigkeit von Konjunkturzyklen ist für den Dax auf Dauer nicht positiv. Für internationale Spekulanten wird er zum perfekten Spielball, um ihre Markterwartungen zu handeln. Dadurch werden die Bewertungen in guten Marktphasen nach oben getrieben und in schlechten noch stärker gedrückt. Gleichzeitig sinkt durch die erhöhte Volatilität die Attraktivität für langfristig orientierte Anleger.
Die genannten positiven Effekte sind eher kurzfristiger Natur. Auch die höhere durchschnittliche Dividendenrendite kann sich schnell wieder umkehren. Von der operativen Marge von Linde können viele Dax-Unternehmen nur träumen. Sie müssten daher in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld mit Dividendenkürzungen reagieren. Zudem sprechen viele säkulare Trends gegen den Dax in seiner neuen Zusammensetzung.
Vor einem Investment sollten Interessenten die fundamentale Entwicklung von Siemens, SAP, Allianz und Deutsche Telekom genau unter die Lupe nehmen. Diese vier Unternehmen sind mit rund einem Drittel im Dax gewichtet. Nur mit einer positiven Meinung zu den vier Schwergewichten sollten Anleger ein Investment in Erwägung ziehen.
Autor Florian Hainzl
Florian Hainzl arbeitet als freier Mitarbeiter für extraETF. Er konzentriert sich dabei auf Unternehmen und Branchen, die von hoher Qualität geprägt sind. Er hat Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitet als BI-Entwickler. Seit 2018 teilt er sein Fachwissen auch mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.