19. Oktober 2024
Ivan Durdevic (J.P. Morgan): "Globale aktive ETFs liegen auf 20 Jahre klar vorne"

Der Dax schlägt schon seit Jahren die zweite Reihe – die Gründe

MDax und SDax galten jahrelang als die besseren Dax-Varianten als der Leitindex. Doch seit Jahren sprintet der Dax davon.

Während der einst schwerfällige Dax nach der Korrektur von Anfang August neue Höchststände erreicht hat, geraten die kleineren „Familienmitglieder“ in Form des MDax und SDax weiter ins Hintertreffen und sind teils deutlich von ihren bisherigen Hochs entfernt. „In den letzten Jahren schnitten sie deutlich schlechter ab als die erste Börsenliga. Auf zehn Jahre betrachtet konnte der Dax mit knapp 100% seinen Wert verdoppeln. Gleiches trifft zwar auch auf den SDax zu, der 70 kleinere Werte abbildet und sich ebenfalls in diesem Zeitraum nahezu verdoppeln konnte. Der MDax hingegen, ein Index, der die 50 Unternehmen mit der nach den Dax -Konzernen größten Marktkapitalisierung widerspiegelt, schafft im Vergleich gerade mal ein Plus von knapp 58 Prozent“, sagt Jens Klatt, Analyst beim Online-Broker XTB.

Auf fünf Jahre gesehen falle dann allerdings auch der SDax deutlich ab: Während der Dax ein sattes Plus von rund 60 Prozent verzeichnet habe, weise der SDax nur noch einen Zuwachs von etwa 30 Prozent auf, der MDax liege mit minus 1,7 Prozent Ende August sogar im roten Bereich. Ein ähnliches Bild sehen wir im bisherigen Jahresverlauf, auch in den vergangenen Monaten hängt der Dax die deutschen Nebenwerte ab. Was sind die Gründe für diese Entwicklung?

(Noch) Hohe Zinsen belasten Nebenwerte der Dax-Familie

Noch vor einigen Jahren galt die zweite und dritte Reihe der deutschen Aktien-Hierarchie als besonders vielversprechend. Das hat sich in der jüngeren Vergangenheiten gedreht. Fairerweise muss man jedoch an dieser Stelle dazu sagen, dass auf Sicht von Jahrzehnten Nebenwerte vorne liegen. Die Logik dieser Überrenditen geht so: Anleger sehen bei kleineren Unternehmen das Potenzial für überdurchschnittliche Renditen, da sie oft flexibler und innovativer auf Marktveränderungen reagieren können als Großkonzerne. Zudem bergen sie höhere Risiken, was an der Börse der Gegenspieler der Chance ist.

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Doch hat sich das Bild mittlerweile geändert. „Ein wichtiger Faktor für die Underperformance von MDax und SDax ist das aktuelle Zinsumfeld. In den letzten Jahren sind die Zinsen weltweit stark gestiegen, was insbesondere kleinere und mittelgroße Unternehmen unter Druck setzt. Diese Firmen sind häufig höher verschuldet als ihre großen Dax-Pendants und daher stärker von Zinserhöhungen betroffen, da sie weniger leicht an Kapital kommen. Die steigenden Finanzierungskosten drücken auf die Margen und dämpfen die Investitionsmöglichkeiten“, so Klatt.

Dax-Konzerne haben dagegen meist besseren Zugang zu Kapitalmärkten und können sich günstiger refinanzieren. Das verschafft ihnen in Zeiten hoher Zinsen einen entscheidenden Vorteil und kann sich in stärkerer Marktperformance widerspiegeln. Da jedoch, das Zinsniveau wieder auf dem Rückzug ist, könnten Nebenwerte wieder gestärkt werden. Hierzu haben wir für dich in der Extra-Magazin-Ausgabe 5/2024 berichtet. Schau also gleich zu unserem Shop.

ETF-Boom: Anleger bevorzugen Dax-Investments

Ein weiterer Grund für das Erstarken des Leitindex sehen Experten auch im ETF-Boom, der Geld in Richtung der Großkonzerne lenkt. „Immer mehr Anleger setzen auf passive Anlageinstrumente, um ihr Geld breit gestreut und kostengünstig zu investieren. Besonders beliebt sind ETFs, die den DAX abbilden, wie etwa der iShares Core DAX UCITS ETF (WKN: 593393). Dieser ETF hat mittlerweile ein Fonds-Volumen von rund 6,1 Milliarden Euro – ein Vielfaches dessen, was alle MDAX-ETFs zusammen auf die Waage bringen“, sagt Klatt. Die hohe Nachfrage nach Dax-ETFs verstärkt also die Konzentration des Kapitals auf die größten Aktien-Unternehmen.

Während Anleger früher stärker auf Stockpicking setzten und gezielt nach vielversprechenden einzelnen Aktien auch im MDax und SDax suchten, flösse heute ein erheblicher Teil des Kapitals automatisiert durch ETFs in Dax-Werte. Diese Entwicklung führe dazu, dass die kleineren Indizes weiter an Bedeutung verlören.

KGV-Vergleich: Dax bietet derzeit das bessere Risiko-Profil 

Der XTB-Fachmann hält fest, dass der Dax trotz seiner im Vergleich zu MDax und SDax deutlich besseren Wertentwicklung nicht teurer ist als die beiden kleineren Indizes. Im Gegenteil: Ende August lag das das KGV des deutschen Leitindexes bei 16. Währenddessen weist der MDax ein KGV von 17 auf, der SDax liegt bei knapp 21. „Wer beim SDax auf die potenziell höheren Gewinnerwartungen verweist, die das höhere KGV rechtfertigen würden, darf nicht außer Acht lassen, dass Handelsvolumina und dadurch Liquidität auch geringer sind, das Risiko damit unter Umständen größer“, erklärt Klatt.

Deshalb hat der Dax die Nase vorn

Es lässt sich festhalten, dass gerade diese Faktoren den Dax im Vergleich zu Nebenwerten antrieben: Internationalen Kapitalströmen, dem Aufstieg von ETFs und dem (noch) hohen Zinsniveau. Hier fallen deutsche Nebenwerte zurück. „Wer breit in die zweite Reihe investieren will, sollte erst die sich abzeichnende Zinswende abwarten – dann hätte sich zumindest einer der Belastungsfaktoren erledigt“, rät Klatt. Es scheint jedoch weiter nach unten zu gehen mit den Zinsen.