In den vergangenen Jahren fiel das Wirtschaftswachstum in den USA meist höher als in Deutschland aus. Laut IWF könnte sich dies nun ändern. Dax und Dow Jones im Duell.
Für das Jahr 2024 prognostizieren die Analysten des IWF beim BIP-Wachstum mit 1,1 Prozent noch einen Gleichschritt beider Volkswirtschaften. Im Jahr 2025 soll die deutsche Wirtschaft hingegen mit 2,0 Prozent p.a. etwas stärker zulegen als ihr Pendant jenseits des Atlantiks (+1,8 Prozent). Deutsche Anleger haben traditionell ein starkes Faible für Aktien aus dem eigenen Land, greifen aber auch häufig insbesondere bei Anteilsscheinen weltweit agierender US-Konzerne zu. In den vergangenen fünf Jahren gab es bei der Performance der beiden Leitindizes Dax und Dow-Jones markante Unterschiede zu beobachten.
Dow schlägt Dax um Längen
So erzielte zum Beispiel der kostengünstigste ETF auf das deutsche Börsenbarometer – also der Xtrackers DAX UCITS ETF (Acc) (WKN: DBX1DA) – lediglich im Jahr 2020 eine Outperformance von 2,8 Prozentpunkte, während in den anderen Jahren mit dem Pendant auf US-Blue-Chips, also der iShares Dow Jones Industrial Average UCITS ETF (WKN: 628939), die Anlageergebnisse zwischen zwei und 18 Prozentpunkte besser ausgefallen waren. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beim Dax-ETF Dividenden reinvestiert (Performanceindex) und beim Dow-Jones-Index (Preisindex) ausgeschüttet wurden, erwies sich die US-Variante daher als signifikant renditeträchtiger. Dies kommt besonders gut durch die annualisierten Renditen zum Ausdruck. Auf Zehnjahressicht haben Anleger mit deutschen Standartwerten eine jährliche Rendite von immerhin 6,3 Prozent erzielt. Mit den US-Aktien konnten sie damit aber keineswegs mithalten, da diese im selben Betrachtungszeitraum nämlich auf eine Rendite von 11,9 Prozent p.a. kamen.
Diese Überlegenheit kommt besonders stark zum Ausdruck, wenn man die Kursschwankungsintensitäten (Volatilitäten) sowie die maximalen Drawdowns beider ETFs miteinander vergleicht. Beide Risikokennzahlen fallen bei der US-Variante niedriger und damit attraktiver als bei deutschen Blue Chips aus. Nach den Regeln der Kapitalmarktlehre muss eine Überrendite normalerweise mit einer erhöhten Volatilität „bezahlt“ werden. Bei unserem durchgeführten „ETF-Schönheitswettbewerb“ ist das genaue Gegenteil der Fall – der riskantere Dax-ETF rentiert schwächer als sein US-Konkurrent.
Potenzielle Gründe für die Überlegenheit
Über die genauen Ursachen der US-Outperformance kann nur gemutmaßt werden. Grundsätzlich kann man die USA zweifellos als weniger reglementiert und daher als weniger „bürokratiegebeutelt“ bezeichnen, als die hiesige Unternehmenslandschaft. Ob dies für das allgemeine Wohl der Bürger von Vorteil ist, dürfte auf einem anderen Blatt stehen. Mittlerweile hat der europäische „Regulierungswahn“ für deutsche Firmen ähnlich negative Folgen wie der landeseigene. Da in Deutschland die Investmentkultur nicht sonderlich stark ausgeprägt ist, hängt das Wohl und Wehe deutscher Aktien vor allem von ausländischem Kapital ab.
Müssen zum Beispiel institutionelle US-Investoren Liquidität generieren, reduzieren sie die Bestände ausländischer Titel häufig stärker als die Positionen an US-Aktien. Auch geopolitische Risiken belasten meist deutsche Standardwerte stärker als US-Papiere. Der russische Überfall auf die Ukraine hat diesen Effekt einmal mehr aufgezeigt. Da Europa seine Verteidigungsfähigkeit in den vergangenen Jahrzehnten stark vernachlässigt hat, dürfte sich an diesem Umstand in den kommenden Jahren wenig ändern. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass das autokratische China immer unverhohlener mit militärischer Gewalt gegen das demokratische Taiwan droht.
Fazit: Zahlreiche objektive Bewertungskennzahlen zeigen auf, dass der älteste Aktienindex der Welt kaum an Attraktivität eingebüßt hat. Die meisten darin enthaltenen Unternehmen genießen weltweit einen hohen Bekanntheitsgrad und dürften für das starke Interesse an deren Aktien maßgeblich verantwortlich sein.
Autor Jörg Bernhard
Jörg Bernhard ist freier Wirtschaftsjournalist und hat sich auf die Themenbereiche Rohstoffe, Edelmetalle, Börse, Hebelprodukte und Anlagezertifikate spezialisiert. Vor seiner Selbstständigkeit war er von 1994 bis 2002 bei einem Münchner Verlag aus dem Bereich Wirtschaftspresse als Redakteur, stellvertretender Redaktionsleiter und Redaktionsleiter angestellt.