15. April 2023

Ethisch, sozial, ökologisch – das ist die Zukunft der Geldanlage!

Was bedeutet nachhaltiges Investieren? Welche Kategorien gibt es? Muss ich mein gutes Gewissen mit schlechter Rendite bezahlen? Das alles solltest du über Nachhaltigkeit bei der Geldanlage wissen.

Du wirst dich vielleicht noch erinnern: Ende 2022 sorgten Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ für Aufsehen, das Kunstliebhaber an den Rande einer Herzattacke brachte. So „zierte“ Monets „Getreideschober“ reichlich Kartoffelbrei. Der Kommentar der verantwortlichen Aktivistin dazu: „Menschen hungern, Menschen frieren, Menschen sterben. Wir sind in der Klimakatastrophe. Und alles, wovor ihr Angst habt, ist Tomatensuppe oder Kartoffelbrei an einem Gemälde.“

Man kann über die Aktion so oder so denken. Doch es wird schnell klar: Die Aktivisten wollen den Fokus für Nachhaltigkeit weiter schärfen. Seit Jahren rückt das Thema auf Anlegerebene mehr und mehr in den Vordergrund. Da gibt es keinen Zweifel. Mehr als ein Viertel aller in Deutschland zugelassenen Aktien-ETFs sind bereits als nachhaltig deklariert. Wer hätte das vor zehn Jahren schon gedacht? Natürlich gibt es hier auch „grün“ und „dunkelgrün“, doch die Entwicklung ist im Großen und Ganzen eindeutig.

Die Entstehungsgeschichte

Wie schon erwähnt, ist nachhaltiges Anlegen keine ganz junge Erfindung. Die Geschichte geht fast 100 Jahre zurück. Denn bereits 1928 wurde mit dem Pioneer Fund der erste kommerzielle Anlagefonds aufgelegt, der aus religiösen Gründen ethische Werte verfolgte. „Sündenaktien“ sollten hierin keinen Platz finden. Tabu waren Branchen wie Alkohol, Tabak, Glücksspiel und Waffen. Einen ersten größeren Schwung gab es in den 1960er und 1970er Jahren. Umweltkatastrophen oder politische Aspekte wie die Apartheid in Südafrika wirkten als Treiber für nachhaltiges Denken. Übrigens siehst du gerade an letzterem Beispiel: Nachhaltigkeit und nachhaltiges Anlegen beziehen sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf das Sozialwesen und daneben auf eine maßvolle Unternehmensführung. Die Entwicklung verdichtete sich schließlich in den 1980er Jahren. In der Finanzwelt sehen wir dann in den frühen 2000er Jahren, wie nachhaltige Geldanlage nennenswert an Bedeutung gewinnen konnte. So hat im Jahr 2006 eine Gruppe der weltweit größten institutionellen Investoren in Partnerschaft mit UN-Organisationen die sechs Prinzipien des verantwortungsvollen Investierens ins Leben gerufen. Vielleicht kennst du in Sachen Prinzipien in Bezug auf Nachhaltigkeit eher die Zahl 17. Heute sind eher die 17 Nachhaltigkeitsziele im Rahmen der UN-Agenda 2030 maßgeblich sowie das Pariser Klimaabkommen (PAB).

„Die passiven PAB-Strategien bevorzugen Unternehmen mit zertifizierten, wissenschaftlich fundierten Treibhausgasreduktionszielen und schließen Unternehmen aus, die den Umweltzielen wesentlich schaden“, sagt Etienne Vincent, Leiter Quantitative Strategien und Marketing beim französischen Investmentspezialisten Ossiam. Doch was heißt das nun? „Das bedeutet, dass sie darauf abzielen, den Temperaturanstieg auf unter 2° Celsius und möglicherweise unter 1,5° Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um dies zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Basisjahr 2020 um mindestens 50 Prozent und von da an jährlich um sieben Prozent reduziert werden“, so Vincent.

Kategorien nachhaltiger Anlage

Sehen wir uns nun die einzelnen Kategorien der nachhaltigen Geldanlage an. Werfen wir hierzu einen Blick auf die Abbildung rechts oben. Wir beginnen also mit den Ausschlussverfahren. Die klassische und älteste Form nachhaltiger Geldanlagen ist das Ausschlussverfahren. Das Ziel ist es, bestimmte Bereiche oder Branchen zu vermeiden, die den Wertvorstellungen nicht entsprechen. Oft handelt es sich also um Geschäfte rund um Waffen, Tabak, Alkohol und Glücksspiel. Eine andere Form des Ausschlusses ist das sogenannte negative Screening (Überprüfung). Im Fokus stehen hierbei Verletzungen internationaler Konventionen sowie Initiativen wie der Globale Pakt der Vereinten Nationen (UN Global Compact). Somit dürften keine Unternehmen in einen entsprechenden ETF aufgenommen werden, die diesen Prinzipien entgegenstehen. Ebenso werden Firmen ausgesiebt, die einen zu niedrigen Kontroversen-Score aufweisen.

Der nächste Aspekt ist die Integration. Hierbei geht es um messbare Kriterien, Risiken und Chancen zur Beurteilung von Unternehmen. All das führt letztlich zu den Anlageentscheidungen. Unternehmen müssen also in Sachen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung überzeugen.

Ein ebenfalls bekannter Ansatz ist das Best-in-Class-Konzept (die Klassenbesten). Das heißt: ESG-Kriterien lassen sich „relativ“ zu den übrigen Anlagealternativen in einer definierten Vergleichsgruppe bewerten. Das ermöglicht eine breite Branchenstreuung, wobei die jeweiligen „Hauptsünder“ nicht im ETF vertreten sind.

Besonders nachhaltig sind Produkte, bei denen es um den positiven Einfluss geht. Dieser Ansatz wird häufig auch als thematisches Investieren bezeichnet.

Tipp: Hier erfährst du alles über das Investieren in Themen-ETFs – inklusive wichtiger Brancheninfos und geeigneter ETFs.

Bei entsprechenden Fonds geht es darum, auf Unternehmen zu setzen, die einen besonders positiven Beitrag in Bezug auf Umwelt und Gesellschaft leisten. Das geht also deutlich weiter. Hierzulande beliebt sind vor allem die Bereiche erneuerbare Energien sowie das Anlagethema Wasser.

Hier schließt sich nun das sogenannte Impact Investing an. Dies ist die strenge Form der nachhaltigen Geldanlage und eine Weiterentwicklung des zuvor genannten „positiven Einflusses“. Impact Investments haben das Ziel, Rendite und einen klar messbaren gesellschaftlichen Nutzen zu vereinen.

Tipp: Wer einen sehr nachhaltigen ETF kaufen möchte, sollte ein Produkt wählen, das nach Artikel 9 nach der EU-Offenlegungsverordnung eingestuft ist. Sie unterliegen den strengsten Vorgaben.

Schadet Nachhaltigkeit am Ende der Rendite?

Nachhaltig anlegen klingt für viele erst einmal sympathisch. Doch drängt sich natürlich eine Frage auf: Bezahle ich mein gutes Gewissen mit einer schlechteren Rendite? Die Antwort lautet: Dem ist nicht so. Es ergibt sich keine systematische Minderrendite. Dennoch kann es natürlich sein, dass durch die bewusste Auslese ein entsprechender Index in Bezug auf die Rendite vom Mutterindex abweichen kann. Die Grafik oben zeigt jedoch: Hättest du in den vergangenen Jahren auf einen streng nachhaltigen MSCI-World-ETF (SRI) gesetzt, hättest du heute sogar ein höheres Vermögen als mit einem klassischen MSCI-World-ETF. Etliche Studien, die diese Grundfragestellung beleuchten, kommen immer wieder zum gleichen Ergebnis: Nachhaltige Anlagen, die sich auf breite Aktienmärkte beziehen, erzielen auf keinen Fall zwangsläufig schlechtere Ergebnisse. Da sich das Thema in Gesellschaft und Politik mehr und mehr breitmacht, würde es nicht verwundern, wenn nachhaltige Pendants weiterhin eine Überrendite erzielen könnten.

Aktive ETFs können sinnvoll sein

Bei der nachhaltigen Geldanlage können Anleger neben herkömmlichen passiven ETFs auch auf aktive ETFs setzen. Denn hier kann das Fondsmanagement selektiver vorgehen. „Wir sehen die aktiven Strategien beim Thema Nachhaltigkeit im Vorteil. Wir überprüfen die Unternehmen mittels eines Fragebogens, der 40 Fragen aus den verschiedenen ESG-Bereichen umfasst. Wer unseren Anforderungen nicht genügt, dem zeigen wir die rote Flagge“, sagt Ivan Durdevic, Leiter für den ETF-Vertrieb im deutschsprachigen Raum bei J.P. Morgan Asset Management. Ein solches Produkt ist etwa der JPMorgan US Research Enhanced Index Equity (ESG) UCITS ETF (Acc) (WKN: A2DWM7).

Als passives Standard-Produkt sehen wir etwa den iShares MSCI World SRI UCITS ETF (Acc) (WKN: A2DVB9) an. Hierbei handelt es sich um die im Vergleich zu ESG noch strengere Gattung, die sich auf den Mutterindex MSCI World bezieht. Die Kosten sind auf dem Niveau klassischer MSCI-World-ETFs.

Tipp: Mit dem extraETF Finanzmanager kannst du deine Investments analysieren und dein Vermögen an einem Ort überwachen – einfach, schnell und sicher.

Fazit

Immer mehr Anleger interessieren sich für Nachhaltigkeit. Hierzu gibt es bereits eine große Auswahl an kostengünstigen ETFs. Wer es etwas lockerer sieht, kann ESG-Produkte wählen, wem das nicht genügt, sucht besser nach SRI- oder sogar Impact-ETFs. Auch aktive ETFs sind in diesem Zusammenhang interessant.