Trotz massiver Zölle: Steht Europa vor dem Aktien-Comeback?

Trotz massiver Zölle: Steht Europa vor dem Aktien-Comeback?

Die Zölle von Donald Trump rißen auch europäische Aktien nach unten. Doch unterstützt Donald Trump auf lange Sicht Europa mehr als die USA? 

„Während in den USA die Zeichen eher auf Verlangsamung der Wirtschaft stehen, herrscht in Europa spätestens seit der Verabschiedung des deutschen ‚Sondervermögens‘ Aufbruchstimmung – Trumps Zöllen zum Trotz“, sagt Felix Herrmann, Chefvolkswirt bei ARAMEA Asset Management. Die jüngsten Entwicklungen bei den Zöllen machten den bereits unterbewerteten europäischen Aktienmarkt noch günstiger. Das könnte interessante Comeback-Chancen liefern, zumal bis in den ersten drei Monaten des Jahres bereits solche Tendenzen sichtbar waren.

Noch Ende 2024 galt es als ausgemacht: Die USA ziehen davon und europäischen Aktienmarkt bleibt einmal mehr der Standstreifen. Das bisherige Jahr 2025 präsentiert sich genau andersherum. US-Aktien notieren im Minus, Aktien aus Europa setzen zum Höhenflug an. Und das könnte sich fortsetzen. Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, sieht die meisten europäischen Aktien und Sektoren weiterhin mit einem deutlichen Abschlag, und somit Aufholpotenzial gegenüber US-Titeln. Nach Ansicht der Experten von Xtrackers ist die jüngste Rallye Europas aber mehr als nur Aufholeffekt. Auf der anderen Seiten scheinen US-Unternehmen geschwächt zu sein. Im Jahresverlauf hat das Xtrackers-Analyse-Team deutliche Performance- und Allokationsänderungen weg von US-Aktien und den Mag 7 hin zu ehemals „unbeliebten“ und unterbewerteten Regionen wie Europa und China beobachtet. Dazu kommt: „US-Präsident Donald Trump hat seine Drohung wahrgemacht und die Zölle auf Importe in die USA stark erhöht“, sagt Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF. 

Diese Maßnahmen sind aus Sicht der Experten von ODDO BHF aus zwei Gründen schädlich und riskant:

  1. Mit diesen einseitigen Zollerhöhungen verlassen die USA die multilaterale Handelsordnung. Er geht damit das Risiko eines Handelskriegs der USA mit ihren wichtigsten Handelspartnern ein.
  2. Aufgrund der Höhe der beschlossenen Zölle beschwört Trump Risiken für die Weltwirtschaft herauf, die sich aus heutiger Sicht nicht verlässlich abschätzen lassen.

Trump-Politik sogar positiv für Europa?

„Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die Folgen der MAGA-Politik Europa zu Reformen drängen, die ein besseres zukünftiges Wachstumsumfeld erwarten lassen. In diesem Fall wäre die jüngste Outperformance europäischer Aktien erst ein Anfang – und aus MAGA könnte MEGA werden“, unterstreicht Galler. Die Trumpsche Politik setzt die Europäer also derart unter Druck, dass weiterer Stillstand „altnerativlos“ wäre. Dazu kommt: Der vermeintliche Nachteil, dass es in Europa einen Mangel an global führenden Unternehmen der New Economy gibt, fällt in der aktuellen Phase nicht mehr so stark ins Gewicht: „Einige wenige US-Player profitierten zuletzt massiv vom Hype um die künstliche Intelligenz. Es sind im Prinzip die Unternehmen, die die amerikanische Dekade an den Aktienmärkten geprägt haben“, sagt Galler. 

Spielräume in europäischen Haushalten

Und es gibt noch einen Apsekt, der jetzt für europäische Aktien spricht. Laut Ökonom Galler hatte die relative Schwäche des europäischen Aktienmarktes in den vergangenen 15 Jahren verschiedene Ursachen. Neben makroökonomischen Faktoren und einer ungünstigen Sektorzusammensetzung – statt „New Economy“ hat die Finanzindustrie weiterhin einen großen Anteil am europäischen Aktienmarkt – lag dies auch an strukturellen Themen wie schwacher Demographie und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit aufgrund des fragmentierten Wirtschaftsraums.

Und die langfristigen Aussichten für Europa?

Die Experten von Amundi haben sich die Kapitalmärkte auf Sicht der kommenden zehn Jahren angesehen und stellen fest: Anleger sollten ihre Investments stärker über die USA hinaus verteilen, da Europa mit jährlich 7,5 und die Schwellenländer mit 7,9 Prozent bessere Renditeaussichten als die Vereinigten Staaten mit 6,1 Prozent bieten. „In einer sich rasant verändernden Welt, die von zunehmendem Nationalismus und geopolitischer Fragmentierung geprägt ist, hat Europa das Potenzial, seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Asien steigt als globale Technologiemacht auf und die USA werden weiterhin von der KI profitieren. Diese Trends deuten auf ein günstiges Wachstums-Inflations-Verhältnis für das nächste Jahrzehnt hin. Doch auf längere Sicht leiden die Wachstumsaussichten unter der sich verschlechternden Demografie, dem hohen Schuldenniveau und den Auswirkungen des Klimawandels“, sagt Monica Defend, Leiterin des Amundi Investment Instituts.

Der Blick auf Indien könnte sich lohnen 

Besonders interessant ist auch Indien. Indien weist laut Amundi mit 8,2 Prozent in den nächsten zehn Jahren das höchste Renditepotenzial auf. Auf Sektorebene werden Investitionen wichtiger als Konsumausgaben werden. Finanzdienstleistungen, das Gesundheitswesen, die Industrie und einige Informationstechnologien stechen in allen Regionen hervor.

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Blickt man zunächst auf den kurz- und mittelfristigen (bis maximal 5 Jahre) Index-Vergleich des MSCI India mit dem MSCI Emerging Markets, MSCI Europe sowie MSCI USA, so fällt die am kurzen Ende schlechtere indische Performance ins Auge: Auf Sicht von sechs Monaten liegt der MSCI India rund 18 Prozent im Minus, während der MSCI USA mit 7 Prozent im Plus liegt, auch der MSCI Emerging Markets und der MSCI Europe notieren im Plus. Erst mit Blick auf die Performance-Zahlen für 5 Jahre deutet der MSCI India Index Stärke an und liegt mit knapp über 80 Prozent hinter dem MSCI USA mit etwas über 100 Prozent, während der MSCI Europe und der MSCI Emerging Markets stärker dahinter abfallen. 

„Der indische Markt galt noch Anfang 2024 als einer der teuersten Aktienmärkte weltweit. Dies hat sich seit der Korrektur geändert“, erklärt Jan Schippmann, Vermögensverwalter und stellvertretender Leiter Private Banking bei der Sutor Bank. Betrug das Kurs-Gewinn-Verhältnis der im MSCI India enthaltenen 156 Werte Ende 2023 noch 28,5, lag es Ende 2024 bei 25,1 und dürfte am Ende des ersten Quartals 2025 nach Bloomberg-Schätzungen bei circa 21,2 stehen. „Angesichts des vormals hohen KGVs hat sich die Überbewertung inzwischen deutlich reduziert, wenngleich das Niveau noch immer hoch ist. Doch sind die Gewinnerwartungen indischer Unternehmen nach wie vor robust“, führt Schippmann aus.

Fazit: Europa und Asien gehören ins Depot

Noch vor wenigen Monaten dachten einige Anleger, es sei am sinnvollsten nur auf die USA zu setzen. Dort spiele schließlich die Musik. Doch in diesem Jahr spielt die Musik eindeutig in Europa. Auch Indien halten viele Experten für aussichtsreich. Lese dazu auch unser Interview in der Extra-Magazin-Ausgabe 4 (2025). Hier geht es zu unserem Shop.