6. März 2023
5 Experten: Die Aktienrente ist eine tolle Idee, aber es läuft noch nicht rund

5 Experten: Die Aktienrente ist eine tolle Idee, aber es läuft noch nicht rund

Viele haben sie schon lange herbeigesehnt: die Aktienrente. Fünf Experten erklären, was sie von dem Konzept halten und wo Schwachstellen sind.

Die Aktienrente ist grundsätzlich ein guter Ansatz, um den Herausforderungen des Altersrententhemas in Deutschland Herr zu werden, sagen fünf Experten, die täglich mit dem Kapitalmarkt zu tun haben. Es gibt ihrer Ansicht nach allerdings gleich mehrere Aspekte, die Raum für Optimierung bieten. 

Fünf Experten über ihre Sicht zur Aktienrente

Hans-Jürgen Friedrich, Vorstandsvorsitzender KFM AG:

„Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der Überalterung unserer Gesellschaft ist die Aktienrente ein vernünftiger Baustein zur Altersvorsorge. Wünschenswert ist, dass auch andere Kapitalanlageprodukte wie beispielsweise Anleihen als eine weitere Option genutzt werden würden.“

Michael Bußhaus, Geschäftsführer Justtrade *:

„Die Aktienrente ist in jedem Fall eine gute Idee und es wird wirklich Zeit, dass diese Form der Altersvorsorge als Ergänzung zur staatlichen Rente eingeführt wird. Gerade unter langfristigen Aspekten gibt es in punkto Rendite keine Alternative zum Aktienmarkt – das können viele der erfahrenen Kundinnen und Kunden von justTRADE bestätigen. Zu bemängeln ist an der Aktienrente lediglich die aktuell angedachte Kapitalausstattung vom 10 Milliarden Euro – sie ist schlichtweg viel zu gering.“

Ingo Wegerich, Präsident des Interessenverbandes kapitalmarktorientierter KMU e.V. und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft:

„Ich plädiere für eine Stärkung der Aktienkultur bei privaten Anlegern über den Weg der kapitalgedeckten Altersvorsorge! Ziel der Europäischen Kommission im Rahmen der Kapitalmarktunion ist es, die Finanzierung über den Kapitalmarkt zu stärken. Dazu gehört insbesondere, Hürden bei der Kapitalmarktfinanzierung für alle Emittenten, aber insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen abzubauen. Diese leiden zuweilen unter einer geringen Liquidität der Aktien und dem fehlenden Interesse institutioneller Investoren. Der vermehrte Einsatz von Aktien in der deutschen Altersvorsorge löst dieses Problem. Andere Länder wie die USA oder Schweden zeigen, dass die stärkere Nutzung von Aktien in der Altersvorsorge und dem langfristigen Vermögensaufbau auch die Finanzierung von KMUs über Börsengänge erleichtert.“ 

Tipp: Hier zeigen wir dir unsere Sicht zur Aktienrente.

Christopher Grätz, CEO Invesdor:

„Kapitalmarktinvestitionen in das Rentenmodell einzubeziehen ist keine Option, sondern Pflicht. Wegen ihres guten Rendite-Risikoverhältnisses insbesondere über eine lange Laufzeit sollten Aktien dabei eine wichtige Säule darstellen. Grundsätzlich sollte aber nicht nur im Hinblick auf Märkte, Regionen, Branchen und unterschiedliche Unternehmensstadien stärker diversifiziert werden, sondern auch bei den Instrumenten. So müssen auch Anleihen zur Stabilisierung des Portfolios Berücksichtigung finden. Neben der reinen Rendite sollte der Staat zudem qualitative Anlageziele verfolgen, die den beitragszahlenden Generationen zukünftig zugutekommen: die Stärkung des Mittelstandes, der zwar Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist, aber in der Breite heute immer noch kaum einen Zugang zum Kapitalmarkt hat, die Sicherung von Arbeitsplätzen und eine Förderung lokaler Produktion sowie nachhaltiger Innovationen.“

Sören Ploschke, Financial Officer tick Trading Software AG:

„Die Aktienrente und damit der Aufbau eines Kapitalstocks für die breite Masse der Gesellschaft sind wichtig und richtig. Die Aktienrente hat das Potenzial, gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Wenn die Ausgestaltung entsprechend erfolgt und die Beitragszahler Mitspracherechte bei der Auswahl der Investments und bei der Vertretung der Stimmrechte erhalten, dann besteht die Chance, dass die Aktienrente nicht nur unsere Demokratie durch direkte Einflussmöglichkeiten stärkt, sondern auch einen wesentlichen Einfluss auf die Gleichstellung der Geschlechter haben wird, weil wichtige Personalentscheidungen (z.B. zugunsten von weiblichen Führungskräften) auf den Hauptversammlungen demokratisch beeinflusst werden können. Durch den dann auf die Beitragszahler beschränkten Zugriff auf das Einkommen aus Kapital aus dem Vermögen der Aktienrente könnte auch die soziale Ungleichheit in Deutschland reduziert werden.“