Ferat Öztürk: Über die aktuellen Entwicklungen im ETF-Sektor
Wohin steuert der ETF-Sektor? Antworten von Ferat Öztürk, Leiter des digitalen Vertriebs der EMEA-Region bei DWS Xtrackers.
Welche Trends sehen Sie in den kommenden Monaten im ETF-Sektor in Bezug auf Privatanleger?
In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Privatanleger für die Anlage in ETFs entschieden. Dieser Trend dürfte sich auch in Zukunft fortsetzen. Insbesondere bei Sparplänen und neuen Depoteröffnungen gehen wir noch von weiterem Wachstum aus. Nachdem Deutschland hier in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle innehatte, ziehen auch weitere europäische Märkte nach.
Produktseitig könnten aktive ETFs in Zukunft eine größere Rolle spielen, obwohl sich die Nachfrage bei Privatanlegern noch in Grenzen, hält. Abseits von aktiven ETFs sehen wir jedoch allgemein ein steigendes Interesse an innovativen Produktlösungen. Ein gutes Beispiel hierfür ist unser kürzlich aufgelegter Scalable MSCI AC World Xtrackers UCITS ETF (WKN: DBX1SC), der mit einer hybriden Struktur aufwartet. Die neue Vielfalt am Markt spiegelt sich aber auch in zahreichen Equal Weight Strategien ebenso wie in Produkten wie unserem Xtrackers MSCI World ex US ETF wider, die dem Thema Decoupling Rechnung tragen.
Wie verändern Neobroker das Investitionsverhalten privater Anleger? Gibt es spezifische Muster oder Entwicklungen, die Ihnen besonders ins Auge stechen?
Auffällig ist wie eben schon angemerkt das anhaltende Wachstum bei Neo-Brokern, hier wachsen einige Häuser z.B. bei der Anzahl der Sparpläne weit über Marktdurchschnitt. Ein entscheidender Grund hierfür ist auch der Zuwachs an jungen Kunden. Durch günstige Transaktionskosten, oftmals auch komplett kostenlose Transaktionen, gepaart mit einer intuitiv zu bedienenden App sowie einfachen Onboardingstrecken konnten viele – insbesondere eben junge – Menschen überzeugt werden.
Tipp: Du interessierst dich für den ETF-Sektor? Dann schau dir gleich unsere ETF-Sparplan-Studie an und natürlich auch den ETF-Sparplan-Vergleich. |
Diese Gruppe wäre vor ein paar Jahren eventuell noch nicht für die Kapitalanlage zu begeistern gewesen. Durch die eben genannten Vorteile aber auch einem mittlerweile deutlich vereinfachten Zugang zu edukativem Finanzcontent, z.B. durch Finfluencern oder Social Media ist hier mittlerweile aber eine überaus relevante Kundengruppe entstanden, wenn auch die Ordervolumen naturgemäß bei jüngeren Sparern im Durchschnitt etwas niedriger liegen.
Erste Neobroker treten bereits als Banken auf. Haben klassische Direktbanken noch eine Zukunft?
Die Grenzen zwischen Direktbanken, Online-Brokern und den sogenannten Neobrokern sind fließend, hier wird sich in Zukunft noch viel bewegen. Viele Vorteile wie vergünstigte und kostenfreie ETF-Sparpläne und -Einmalanlagen sind auch bei Direktbanken und den klassischen Brokern möglich. Was beide unterscheidet sind z.B. eine größere Auswahl an Börsenplätzen, und die Verknüpfung mit weiteren Investmentlösungen und einer persönlichen Beratung. Viele Neobroker haben allerdings gezeigt, wie es gehen kann, die Benutzerfreundlichkeit der Apps steht im Vordergrund und die Nutzer schätzen die einfache Oberfläche. Für eine Prognose wie sich die Nutzerzahlen entwickeln wird entscheidend sein, ob Neobroker die gleiche Kundentreue wie etablierte Banken aufbauen können.
Tipp: Ob Neobroker oder klassische Direktbank, du solltest unbedingt ein solides Depot haben. Nutze also gleich unseren Depot-Vergleich. |
Ein bekannter Neobroker ist Scalable Capital. Wie stehen Sie zum neu aufgelegten Scalable MSCI AC World Xtrackers UCITS ETF? Wie hebt sich dieser ETF von anderen MSCI-AC-World-Produkten auf dem Markt ab?
Der Launch des Scalable MSCI AC World Xtrackers UCITS ETF kurz vor Weihnachten war für uns ein rundum gelungener Abschluss des Jahres. Der ETF verbindet erstmals zwei Replikationsarten, die physische und die synthetische Replikation, in einem Aktien-ETF. Entwickelt haben wir diesen Ansatz gemeinsam mit Scalable Capital. Bisher mussten sich Anleger entscheiden, ob sie physisch oder synthetisch mit ETFs investieren möchten und so die jeweiligen Vorteile abwägen. Ein Beispiel: Europäische Aktienindizes werden physisch abgebildet, US-Aktienindizes werden synthetisch abgebildet, um Effizienzvorteile zu nutzen. Auch für weniger liquide Schwellenländer-Indizes kann die synthetische Replikation eine günstigere und präzisere Abbildung ermöglichen. Eine weitere Besonderheit: Für das erste Jahr nach Auflage liegt die Gesamtkostenquote (TER) des ETFs bei 0 % p.a. Danach liegt die TER bei 0,17%.
Was sind Ihre langfristigen Erwartungen oder Pläne, um ETFs noch stärker im Retail-Bereich zu etablieren? Welche Rolle könnten Technologie oder Bildungsinitiativen dabei spielen?
Technologie und Contentinitiativen spielen für uns eine immer wichtigere Rolle. Wir haben zahlreiche Partnerschaften mit Direktbanken, Neobrokern und Content-Plattformen und wollen diese weiter ausbauen. Diese Partnerschaften helfen uns zum einen edukative Maßnahmen voranzutreiben wie den Ausbau von verständlichen Inhalten (z.B. Videos oder Gamification) zu ETF-Grundlagen und Strategien. Zum anderen bieten sie einen einfachen Zugang zu Sparplänen als Einstieg in die Geldanlage. Ein zunehmend wichtiger Baustein ist hier auch der Aspekt der Vernetzung von Anlegern durch Social Investing-Plattformen.
Für die nächsten Jahre dürften personalisierte Investmentlösungen mithilfe von KI und Big Data immer wichtiger werden. Spannend sind auch die Entwicklungen rund um tokenisierte ETFs und digitalem Geld.