Elliot Hentov (State Street): Das sollten Aktionäre über Trump und Biden wissen
Die Buchmacher sehen Donald Trump als Favoriten für die Präsidentschaftswahl in den USA. Elliot Hentov, Leiter des Policy Research bei State Street Global Advisors, über die Auswirkungen für die Börse.
Welche großen Finanzthemen bzw. Themen, die die Finanzmärkte beeinflussen könnten sehen Sie in den Monaten vor den US-Präsidentschaftswahlen?
Die Hauptthemen im Jahr 2024 sind die Vorwahlen und die Frage, ob die Fed durch den Wahlhintergrund beeinflusst wird, um ihre Geldpolitik zu lockern. Es deutet auch darauf hin, dass die geopolitischen Risiken in Asien, Europa und dem Nahen Osten vor der Wahl am größten sind. Die Anlagethemen nach der Wahl werden sich vorrangig um die Außenpolitik, die Fiskalpolitik (insbesondere wenn die Republikaner den Kongress gewinnen), den Regulierungsansatz (einschließlich der Ansichten über den Technologiesektor) und die interne Stabilität der USA auf lange Sicht drehen. Während die ersten beiden kurzfristig für alle wichtigen Anlageklassen von Bedeutung sein werden, ist der Regulierungsansatz mittelfristig für US-Aktien relevant. Die interne Stabilität der USA ist ein langfristiges Anlagethema im Hinblick auf die starke Übergewichtung internationaler Anleger in US-Anlagen insgesamt.
Etliche Beobachter rechnen mit einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Wie wirkt sich das auf der Kostenseite aus der Sicht der Europäer aus?
Eine Rückkehr von Trump bedeutet höhere Steuer- und Sicherheitskosten für Europa sowie Gegenwind an der Handelsfront. Die direkten Sicherheitskosten sowie die Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine, des Gazastreifens usw. werden sich stärker nach Europa verlagern. Und der Zeitrahmen für die Erhöhung der Verteidigungsausgaben wird kürzer sein, das heißt die „Zeitenwende“ wird sofort erfolgen müssen. Aus Sicht der Märkte könnte dies alles zu höheren langfristigen Zinsen für europäische Anleihen führen.
Und die USA würden dann entsprechend in Form von Entlastungen profitieren?
Es wird kein direkter Nutzen für die USA entstehen. Keiner der europäischen Impulse würde die Ausgaben der USA kompensieren, sondern es den USA ermöglichen, ihre Ressourcen in geringem Maße stärker auf außereuropäische Bereiche umzulenken.
Nach Trumps letztem Wahlsieg im Jahr 2016 wurde eine regelrechte Aktienrallye ausgelöst. Können sich Anleger im Fall eines erneuten Trump-Erfolgs im November jetzt schon auf eine ausgeprägte Jahresendrallye freuen?
Erstens führen unsichere Wahlen in der Regel zu einer Markterholung, sobald die Unsicherheit, die vor der Wahl herrscht, ausgeräumt ist. Zweitens ist Trump für US-Aktien auf kurze Sicht eindeutig positiv, so dass sich dieses Muster bestätigen dürfte. Drittens würde die Wahl Trumps jedoch auch einen stärkeren US-Dollar und höhere Zinsen (sowie eine gewisse politische Kontroverse) bedeuten, was sich mit der Zeit auf die US-Aktien auswirken könnte, kurzfristig jedoch nicht relevant ist.
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Welche Branchen sind im Fall von Trump besonders interessant?
Bei den US-Wahlen waren die Sektoren in der Regel der „beste Weg, um zu spielen“, da die politischen Plattformen klare Gewinner und Verlierer hatten. Bei den letzten beiden Wahlen betrug die Streuung zwischen den einzelnen Sektoren in den ersten drei Wochen nach der Wahl 20 Prozent oder mehr. Für 2024 erwarten wir, dass diese Streuung geringer ausfallen wird. Es liegt auf der Hand, dass regulierungsintensive Sektoren wie der Energiesektor und das Gesundheitswesen (in geringerem Maße auch Finanzwerte) von einem „Deregulierungsbonus“ profitieren dürften. Wir sind jedoch der Meinung, dass eine andere Möglichkeit, 2024 zu meistern, über die regionalen Aktienmärkte außerhalb der USA in Bezug darauf besteht, wer am meisten von einem starken USD und einer isolierteren US-Außenpolitik profitiert beziehungsweise damit zu kämpfen hat.
Mit was können Anleger rechnen, falls Joe Biden im Amt bleibt?
Biden ist offensichtlich ein Kandidat für Kontinuität. Seine Wiederwahl würde langfristige Zweifel an der Stabilität der USA ausräumen. Die Fortsetzung seiner Industriepolitik bedeutet auch, dass sich die derzeitige Marktdynamik fortsetzen dürfte, auch wenn wir uns eindeutig in einem späten Zyklus befinden.
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Welche Branchen könnten dann im Fokus stehen?
Es gibt keine bestimmten Sektoren, die derzeit für seine Wahlniederlage eingepreist sind, aber man könnte in den kommenden Monaten prüfen, ob einige Industrie-, Ökoenergie- und Rohstoffsektoren aufgrund der Befürchtung eines Rückgangs der staatlichen Unterstützung abgewertet werden.
Der US-Aktienmarkt ist sehr prägend, auch für Anleger in Deutschland. Welcher Kandidat ist aus Anlegersicht zu bevorzugen?
Für US-Aktien würde Trump wahrscheinlich einen anfänglichen Rückenwind bringen, während er für die meisten entwickelten Aktienmärkte außerhalb der USA das Gegenteil bewirken würde. Das Problem ist, dass Trump auch für eine Menge tiefgreifender mittel- und langfristiger Unsicherheiten in Bezug auf die Innen- und Außenpolitik steht – eine solche Unsicherheit ist in der Regel auf lange Sicht nicht gut für Risikoanlagen.