10. April 2025
André Dragosch, Leiter der Research-Abteilung bei Bitwise

André Dragosch (Bitwise): Gold und Bitcoin als sichere Häfen

Gold auf Allzeithoch und der Bitcoin schwächelt. André Dragosch, Leiter Research bei Bitwise in Europa, über den alten und neuen sicheren Hafen.

Mit Ihrem relativ neuen Bitwise Diaman Bitcoin & Gold ETP setzen Anleger zu rund zwei Drittel auf Gold und zu einem Drittel auf Bitcoin. Decken Sie damit den alten und neuen sicheren Hafen ab?

Das lässt sich durchaus so sagen. Es gibt mehrere Faktoren, die beide Assets vergleichbar machen. Bitcoin besitzt wie Gold kein Gegenpartei-Risiko und ist nur begrenzt verfügbar, was vor inflationären Entwicklungen schützt. Die Limitierung von Bitcoin ist hierbei sogar noch ausgeprägter. Sicherlich ist Bitcoin deutlich volatiler als das Edelmetall. Aber tendenziell nehmen diese Schwankungen ab, was auch an der zunehmenden Akzeptanz durch institutionelle Investoren liegt.

Das Interessante am Bitwise Diaman Bitcoin & Gold ETP (WKN: A4AKW3) ist allerdings die dynamische Allokation. Die Verteilung des Vermögens ist nicht festgelegt, sondern wird flexibel angepasst.  Dabei bilden wir den Diaman-Index ab, beim dem das verwaltete Vermögen dynamisch zwischen Bitcoin und Gold hin- und her geschichtet wird: bei risikobereinigt besserer Performance wird der Bitcoin-Anteil erhöht, bei einem Kursrückgang der Kryptowährung wird in Richtung Gold umgeschichtet. Die Strategie zielt darauf ab, von zyklischen Trends und relativen kurzfristigen Preisverwerfungen zu profitieren.

Tipp: Hier erfährst du alles über das Investieren in Gold.

Inwiefern korrelieren Gold und Bitcoin?

Über die vergangenen zehn Jahre haben Gold und Bitcoin relativ gering miteinander korreliert. Wir kommen auf einen Wert von etwa 0,09. Das bedeutet allerdings auch, dass sich beide Assets im Portfolio ergänzen und für Diversifikation untereinander sorgen. Zuletzt waren Bitcoin und Gold mit einem Wert von 0,3 jedoch etwas höher korreliert. Das lag an der steigenden Sensitivität zum Dollar.  

Hängt der Bitcoin am Ende doch eher mit Tech-Aktien zusammen?

Bitcoin ist nach wie vor ein Risiko-Asset, auch wenn sich der Charakter stetig verändert und die Schwankungen der Kryptowährung langfristig abnehmen werden. Zuletzt war die Korrelation tatsächlich etwas erhöht, während Gold doch eher einen Hedge gegen die Abwärtsbewegungen am Aktienmarkt dargestellt hat. Statistisch betrachtet bietet Gold einen besseren Schutz gegen Abwärtsrisiken am Aktienmarkt als Bitcoin.

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Gleichzeitig schützt Bitcoin besser gegen Abwärtsrisiken am Anleihemarkt, speziell in Bezug US-Treasuries. Bitcoin entwickelte sich historisch an Tagen, an denen die Staatsanleihen negativ performt haben, häufig besser als Gold.

Wir denken, dass viele institutionelle Investoren gerade erst anfangen, sich mit diesen positiven Eigenschaften von Bitcoin auseinanderzusetzen. Dieses Performance-Verhalten könnte beispielsweise auch erklären, warum sich Zentralbanken, die traditionell viele US-Treasuries halten, zunehmend Bitcoin als alternative Anlageklasse anschauen. Hier zeigt sich auch wieder wie komplementär diese beiden sicheren Häfen im Portfolio-Kontext sein können.

Aktuell geht die Schere auseinander. Gold hat ein Allzeithoch erreicht, der Bitcoin schwächelt. Ist Bitcoin doch nicht der sichere Hafen in schwierigen Börsenphasen?

Gold preist vermutlich bereits eine Stagflation in den USA ein. So wird eine Phase mit negativem Wachstum bei relativ hohen Inflationsraten bezeichnet. Die Gründe sind vielfältig, jedoch sind die Stagflationssorgen wohl insbesondere auf die steigende Unsicherheit durch die neue US-Handelspolitik zurückzuführen.

Das zeigt sich am US Economic Policy Uncertainty Index, der auf den höchsten Stand seit Corona angestiegen ist. Bitcoin profitierte zuletzt immer dann, wenn der allgemeine Risikoappetit Anstieg und die globalen Wachstumserwartungen positiv waren. Dieses Stimmungsbild hat sich jedoch jüngst spürbar verdunkelt und der Preis der Kryptowährung hat darunter stark gelitten. Das wurde durch starke Abflüsse aus US Spot Bitcoin ETFs Ende Februar auch nochmal verstärkt.

An Tagen, an denen der S&P 500 gefallen ist, hat Gold im Allgemeinen besser als Absicherung funktioniert als Bitcoin. Umgekehrt stieg Bitcoin in den Erholungsphasen des Aktienindexes deutlich dynamischer. Kurzum: Gold lohnt sich in der Abwärtsbewegung, Bitcoin dann aber bei der anschließenden Erholung.

Wie hat sich der Bitcoin bisher in Krisenzeiten an der Börse verhalten?

Generell zeigt sich eine interessante Überschneidung mit US-Konjunkturzyklen zwischen Bärenphasen am Aktienmarkten als auch mit Halving-Zyklen bei Bitcoin. Ein Rückgang der Geschäftserwartungen und eine entsprechende Schwäche an den Aktienbörsen war in der Vergangenheit mit einer zyklischen Schwäche bei Bitcoin verbunden.

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Allerdings gibt es da die Besonderheit, dass Halving-Zyklen zusätzlich unterstützt haben. Das Bitcoin Halving passiert etwa alle vier Jahre und ist im Algorithmus festgeschrieben. Das Halving führt zu einer Halbierung der Produktionsrate beim Schöpfen neuer Bitcoins um 50% bei. D.h. das Angebotswachstum steigt nur noch um die Hälfte im Vergleich zu vorher. Aktuell liegt das jährliche Angebotswachstum bei einer Rate von ca. 0,8% und damit sogar niedriger als bei Gold, was die Knappheit von Bitcoin unterstreicht.

Dieser Halving-Effekt sollte den Kurs des Bitcoin zumindest bis Mitte 2025 unterstützen, ganz unabhängig vom Konjunkturzyklus.

Der Track-Record von Bitcoin ist im Vergleich zu Gold natürlich sehr überschaubar. Was stimmt Sie positiv, dass sich Bitcoin in Zukunft als sicherer Hafen etabliert?

Die Dauer, die eine Technologie Bestand hat, ist kein Garant dafür, dass Gold technologisch eines Tages nicht disruptiert wird. Menschen haben tausende Jahre Pferde genutzt, bevor das Automobil Pferde als Transportmittel obsolet gemacht hat. Menschen haben tausende Jahre Kerzen als Lichtquelle genutzt, bevor Glühlampen und LEDs diese obsolet gemacht haben. In der Geschichte gibt es unzählige Beispiele für Disruption von „Technologien“, die zuvor Jahrtausende Bestand hatten.

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In diesem Zusammenhang erwarten wir auch, dass Bitcoin Gold langfristig als Zahlungs- und Wertaufbewahrungs-Technologie obsolet machen wird; einfach weil es in punkto Übertragbarkeit, Teilbarkeit und Verifizierbarkeit Gold überlegen ist. Zudem ist bereits jetzt Bitcoin knapper als Gold und diese Knappheit wird sich sogar weiter verstärken. Dies spricht aus unserer Sicht dafür, dass sich Bitcoin als primäres Wertaufbewahrungsmittel durchsetzen könnte.