Steht dieser ETF für europäische Immobilienunternehmen vor einem Comeback?
Europäische Immobilienunternehmen stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Bieten sich derzeit für Anleger dennoch Chancen?
Der Zinsanstieg der vergangenen Monate hat das Umfeld für die Unternehmen deutlich erschwert. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Zusammensetzung, die aktuellen Herausforderungen des Sektors und die Bewertungskennzahlen des ETF.
Ein ETF zu europäischen Immobilienunternehmen
Keine guten Voraussetzungen herrschen derzeit für den iShares STOXX Europe 600 Real Estate UCITS ETF (WKN: A0Q4R4). Das Produkt bildet die Wertentwicklung der 32 größten Immobilienunternehmen in Europa ab. Mit 31,9 Prozent ist der ETF am stärksten in Großbritannien investiert, gefolgt von Deutschland mit 18,5 Prozent und Schweden mit 14,2 Prozent. Die drei größten Positionen sind Vonovia SE mit 13,3 Prozent, Segro mit 8,3 Prozent und Unibail-Rodamco-Westfield mit 5,1 Prozent.
Die Immobilienbranche steht derzeit vor großen Herausforderungen. Der Zinsanstieg der letzten Monate hat das Umfeld für die Unternehmen deutlich erschwert. Da die Branche traditionell mit einem hohen Verschuldungsgrad arbeitet, um attraktive Renditen für die Eigentümer zu erwirtschaften, leidet sie zunehmend unter der erschwerten und verteuerten Refinanzierung. Gleichzeitig sind die Immobilienpreise nach vielen Jahren des starken Anstiegs rückläufig oder bestenfalls stabil. Zudem ist es in der aktuellen Marktphase auch schwierig, potenzielle Käufer für die eigenen Immobilien zu finden und damit die Verschuldung zu reduzieren.
Weshalb der ETF ein Wertevernichter ist
Der ETF hat sich seit seiner Auflegung im September 2006 als Wertvernichter für seine Anleger erwiesen. Kumuliert beträgt das Minus zwar nur 7,2 Prozent, ein ETF auf den STOXX Europe 600 hat im gleichen Zeitraum aber eine Performance von 150,3 Prozent erzielt. Es gab immer wieder Phasen, in denen sich der zyklische Sektor besser entwickelte als der breite Markt, allerdings bezahlten die Anleger dies mit einer sehr hohen Volatilität.
Auch Benjamin Graham würde derzeit wenig Gründe finden, in den iShares STOXX Europe 600 Real Estate UCITS ETF zu investieren. Zwar liegt der Marktwert der Aktien im ETF mit einem Verhältnis von 0,9 nur knapp unter dem Buchwert, aber angesichts der akuten Risiken weiterer Abschreibungen spricht auch hier wenig für ein Schnäppchen.
Grundsätzlich ist das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) eine sehr schmeichelhafte Kennzahl für Immobiliengesellschaften, da die Verschuldung nicht in die Berechnung einfließt. Für das vergangene Jahr ist das KGV des ETF im Durchschnitt dennoch negativ. Ein wesentlicher Treiber hierfür ist, dass ein Großteil der Unternehmen aufgrund von Abwertungen ihrer Immobilien Verluste ausweisen musste. Auch für das laufende Jahr wird ein deutlich höheres KGV als für den breiteren STOXX Europe 600 Index erwartet.
Strukturelle Nachteile der Branche
Darüber hinaus ist es für Immobilienunternehmen generell schwierig, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil aufzubauen, der langfristig zu einer Überrendite führt. Die einzige Möglichkeit besteht in der Größe der Einheiten, aber auch hier sind die Skaleneffekte sehr begrenzt. Investoren sollten sich bewusst sein, dass ein Investment in den ETF derzeit mit erheblichen Risiken verbunden ist. Die hohe Verschuldung der Unternehmen in Kombination mit einem höheren Zinsniveau und einem schwierigen konjunkturellen Umfeld könnte zu weiteren Kursverlusten führen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Branche in den kommenden Monaten entwickeln wird und ob sich die Unternehmen an die neuen Gegebenheiten anpassen können. Für Anleger, die auf ein Comeback der Branche spekulieren möchten, ist der ETF aber sicherlich die bessere Alternative zu noch risikoreicheren Einzelinvestments.
Autor Florian Hainzl
Florian Hainzl arbeitet als freier Mitarbeiter für extraETF. Er konzentriert sich dabei auf Unternehmen und Branchen, die von hoher Qualität geprägt sind. Er hat Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitet als BI-Entwickler. Seit 2018 teilt er sein Fachwissen auch mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.