Was bei Investments in den Rohstoffsektor derzeit zu beachten ist
Wer in den Rohstoffsektor investiert, benötigt vor allem eines: Nerven aus Stahl. Darauf solltest du aktuell bei entsprechenden Investments beachten.
Auf der einen Seite könnte eine schwache Weltkonjunktur die Nachfrage belasten, während auf der anderen Seite aber auch zahlreiche Argumente für Rohstoffinvestments sprechen.
Rohstoffsektor: Auf lange Sicht überwiegen die Kaufargumente
Auf den wichtigsten Rohstoff der Welt Rohöl wirken derzeit besonders viele Unsicherheitsfaktoren, die dessen Angebot stark beeinflussen. In westlichen Industrienationen versuchen diverse Regierungen zwar das Ende von Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren zu beschleunigen und den Absatz von Elektrofahrzeugen zu forcieren, bevölkerungsreiche Länder wie China und Indien sind aufgrund ihres enormen Nachholpotenzials weiterhin für einen großen Teil des globalen Ölnachfragewachstums verantwortlich. Ob die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Autos tatsächlich aussterben werden, darf daher bezweifelt werden. Auf das globale Ölangebot wirken sich aber auch andere Faktoren wie zum Beispiel geopolitische Risiken (Ukraine-Krieg, Rotes Meer, Iran) sowie Extremwetter in Form von Stürmen oder Kälte aus.
Durch den fortschreitenden Klimawandel dürfte dies bei zahlreichen Rohstoffen immer häufiger zu Preissteigerungen führen, insbesondere im Agrarsektor. Was in diesem Zusammenhang nämlich oft außer Acht gelassen wird, ist der Umstand, dass die verstärkte Beachtung von ESG-Kriterien aufgrund der damit verbundenen höheren Kosten die Rentabilität von Rohstoffunternehmen belastet und dadurch das Rohstoffangebot verknappen kann. Es gibt nicht wenige Analysten, die bei Rohstoffen einen Superzyklus für möglich halten, was u.a. auf die stetig wachsende Weltbevölkerung und deren Hunger auf Rohstoffe jeder Art schließen lässt. Besonders interessant: Ein Superzyklus zeichnet sich dadurch aus, dass er mehrere Jahrzehnte andauern kann. Zahlreiche ETFs bieten eine gute Möglichkeit, ein Langfristinvestment in diesen Sektor zu wagen, wobei starke Schwankungen nach oben und unten unbedingt einkalkuliert werden sollten.
Direkt oder indirekt in Rohstoffe investieren?
Anleger können im Grunde genommen direkt oder indirekt in den Rohstoffsektor investieren. Letzteres geschieht über den Kauf eines ETFs, in dem eine Auswahl an börsennotierten Rohstoffunternehmen enthalten ist. Bei reinen Rohstoff-ETFs kann es sich um einen einzelnen Rohstoff oder eine Gruppe von Rohstoffen handeln, wodurch eine mehr oder weniger starke Diversifikation erfolgt. Die Datenbank von extraetf.com enthält derzeit 24 Rohstoffaktien-ETFs (inkl. Goldminen) und 262 Papiere, mit denen direkte Rohstoffinvestments möglich sind.
Vereinfacht ausgedrückt kann man behaupten, dass mit bestimmten ETFs auf einzelne Rohstoffe in den vergangenen fünf Jahren die höchsten Wertzuwächse möglich waren. Mehr als 100 Prozent schafften bspw. ETFs auf Palladium, gefolgt von Kakao, Benzin und Heizöl, die innerhalb dieses Zeitraums Gewinne zwischen 106 und 187 Prozent erzielt haben. Die vier genannten Rohstoffe weisen aber zwei Nachteile auf – eine hohe Volatilität sowie eine geringe Liquidität. Beides macht sie zu einem relativ riskanten Rohstoffinvestment.
Bei einem fairen Performancevergleich von Rohstoff-ETFs mit Rohstoffaktien-ETFs müsste man aufgrund der fehlenden Diversifikation statt einzelner Rohstoffe ETFs ausschließlich Rohstoffindizes berücksichtigen. Auf Fünfjahressicht erzielte in diesem Segment der UBS CMCI Composite SF UCITS ETF (WKN: A1C79N) mit 62 Prozent die höchste Wertsteigerung. Er enthält insgesamt 29 verschiedene Rohstoffe, die sich auf folgende Sektoren beziehen: Energie (32,7 Prozent), Landwirtschaft (31,0 Prozent), Industriemetalle (25,4 Prozent), Edelmetalle bzw. -steine (6,3 Prozent) sowie Nutztiere (4,7 Prozent). Unter den Rohstoffaktien-ETFs erzielte der iShares S&P 500 Materials Sector UCITS ETF (WKN: A142N2) mit plus 77 Prozent die beste Fünfjahresperformance. Dieser Index enthält 28 Aktienpositionen und nutzt Caps, um die Diversifizierung zwischen den Unternehmen innerhalb des Index zu gewährleisten.
Fazit: Wer bei Rohstoffen mit einem Superzyklus rechnet, könnte sich um eine möglichst starke Diversifikation zu erzielen, die beiden oben erwähnten ETFs als interessante Beimischung ins Depot legen.
Autor Jörg Bernhard
Jörg Bernhard ist freier Wirtschaftsjournalist und hat sich auf die Themenbereiche Rohstoffe, Edelmetalle, Börse, Hebelprodukte und Anlagezertifikate spezialisiert. Vor seiner Selbstständigkeit war er von 1994 bis 2002 bei einem Münchner Verlag aus dem Bereich Wirtschaftspresse als Redakteur, stellvertretender Redaktionsleiter und Redaktionsleiter angestellt.