Nicht nur für Anleger: Warum der schwache Euro auch Vorteile hat
Die Parität zwischen dem Euro und Dollar war absehbar. Jüngst trat sie dann auch ein. Im Vergleich zum Greenback ist die europäische Gemeinschaftswährung so schwach wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Für die Unternehmen, den Aktienmarkt und die Anleger muss ein schwacher Euro nicht nachteilig sein.
Gerade im Zusammenhang mit der Inflation ist ein schwacher Euro ein Problem. Da viele Rohstoffe in US-Dollar gehandelt werden, müssen Käufer mehr Euro aufwenden, um Rohstoffe zu erwerben. Auf diese Weise importiert der Euroraum Inflation. Im zweiten Schritt geben die Unternehmen die hohen Preise an die Kunden weiter, die wiederum höhere Löhne fordern. Letztendlich kann so die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden. Die jüngsten Tarifabschlüsse beziehungsweise -forderungen weisen in diese Richtung.
Schwacher Euro beflügelt die Unternehmen
Ein schwacher Euro bringt aber nicht nur Nachteile. Wegen der schwächelnden Gemeinschaftswährung werden innerhalb der EU produzierte Güter für Kunden aus dem Ausland günstiger. Davon könnten unter anderem deutsche Automobil- und Maschinenbauer profitieren, die international besonders gefragt sind. In Zeiten weltweit steigender Inflation könnte der für US-Amerikaner günstige Wechselkurs zum Euro den Ausschlag geben, auf Qualität „Made in Germany“ zu setzen.
Zwar wird dieser Effekt durch steigende Kosten für Grundstoffe ein wenig relativiert, doch zeigen die jüngsten Quartalszahlen, dass die sich die Gewinne der deutschen Automobil- und Industrieunternehmen trotzt der zahlreichen Belastungen teils recht ordentlich entwickelt haben. Das liegt daran, dass ein Großteil der Wertschöpfung bei den Unternehmen stattfindet und Kosten für Grundstoffe nicht so sehr ins Gewicht fallen.
Die ersten Tage der diesjährigen Quartalszahlen-Saison deuten bereits an, dass die eigentlich schlechte Gesamtlage bei einigen der international agierenden Großkonzerne nicht zu schwächeren Zahlen führt. Hinzu kommt, dass weltweit aufgestellte Konzerne viele Möglichkeiten haben, sich gegen Wechselkurseffekte abzusichern. Zudem schützen teils langfristige Lieferverträge für Roh- und Grundstoffe diese Unternehmen vor kräftigen Preissteigerungen.
Dennoch vorsichtig sein
Trotzdem wäre es falsch, wegen des schwachen Euro blindlings in deutsche Industriewerte zu investieren. Vor allem Unternehmen aus der Chemiebranche könnten wegen der drohenden Gas-Krise in arge Bedrängnis geraten.
Die Erfahrung von Jahrzehnten an der Börse und mehreren Krisen hat gezeigt, dass es auf lange Sicht weniger auf externe Faktoren und Sondersituationen ankommt, sondern auf die Qualität auf Unternehmensebene. Ist diese gegeben, können Aktien auch unter widrigen Bedingungen den Gesamtmarkt schlagen und langfristig eine solide Rendite erzielen. Statt sich von Meldungen über den schwachen Euro verunsichern zu lassen, sollten Investoren die Parität zwischen Euro und Dollar nüchtern analysieren und erkennen, dass jede Medaille zwei Seiten hat.
Dr. Markus C. Zschaber ist Geschäftsführender Gesellschafter der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft Dr. Markus C. Zschaber mbH in Köln
Autor Redaktion
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