Nebenwerte an der Börse: Zweite Reihe, erste Sahne
Nebenwerte haben es in sich. Die „Kleinen“ sind oft wendiger, aber auch riskanter. Das wiederum führt zu langfristig höheren Renditen.
Die wieder fallenden Zinsen lassen Nebenwerte jetzt in den Fokus rücken. Denn gerade kleinere Unternehmen, können dann wieder günstiger Kredite für Wachstumsprojekte aufnehmen. Dazu aber später mehr. Nebenwerte sind aber generell eine aussichtsreiche Anlageklasse. Beginnen wir aber erst einmal viel grundsätzlicher.
Was sind Nebenwerte?
Nebenwerte, auch Mid- und Small-Caps genannt, stellen die zweite und dritte Reihe an der Börse dar. Diese Unternehmen haben einen geringeren Börsenwert als die ganz Großen. In Europa zählt man Firmen mit einem Börsenwert zwischen 200 Millionen und zehn Milliarden Euro zu dieser Gruppe. Damit sind also keinesfalls irgendwelche Klitschen gemeint. In Deutschland zählen etwa Luftansa, Hochtief und Puma als Mid-Cap. Und auch im SDax, dem Small-Cap-Index innerhalb der deutschen Börsenhierarchie, tummeln sich durchaus bekannte Gesichter. Dazu zählen der Brillenhändler Fielmann, die Parfümkette Douglas oder der Fußballclub Borussia Dortmund.
Die Faktorprämie „Size“
Rationale Anleger haben immer ein Ziel: Sie möchten das Chance-Risiko-Verhältnis optimieren. Das erreichst du mit breit streuenden ETFs bereits sehr gut. Fans von Faktorprämien möchten dieses Spiel auf die Spitze treiben. Anerkannte Faktorprämien sind Value (günstige Bewertung), Quality, Momentum, politisches Risiko und Small Size. Mit der zuletzt genannten Size-Prämie sind wir bei den Nebenwerten, die laut Studien in ihrer Gesamtheit höhere Renditen abwerfen.
Warum liefern Nebenwerte Überrenditen?
„Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Small und Mid Caps langfristig besser abgeschnitten haben als Large Caps. So haben Small und Mid Caps in den letzten 20 Jahren Large Caps um 130 Prozent übertroffen“, sagt Laurent Denize, globaler Co-IT-Leiter bei Oddo BHF. Doch nicht in jedem Zeitraum schneiden Nebenwerte besser ab – und schon gar nicht jedes einzelne Unternehmen. Es handelt sich eben um eine Risikoprämie und diese kann es nur geben, wenn sich das Risiko auch hin und wieder bemerkbar macht.
Tipp: Schau dir gleich unseren Seite zu Small-Cap-Aktien an. Danach solltest du auch einen Blick auf die allgemeine Smart-Beta-ETF-Seite werfen. |
Studien zeigen, dass Nebenwerte deutlich höhere Renditen als Großkonzerne erzielen. Die Logik ist einfach: Bei der Geldanlage geht es immer um Chance und Risiko. Weist eine Anlageklasse ein erhöhtes Risiko auf, so muss dafür das Renditeversprechen höher sein. Wer will sonst darin investieren? Und zum anderen sind kleinere Unternehmen oft agiler und können so Chancen effizienter nutzen. Manchmal bewegen sie sich auch in Nischen mit hohen Gewinnmargen und präsentieren sich als „Hidden Champion“, also als unbekannter Überflieger. Wichtig aber ist: Gerade kleinere Börsenunternehmen kommen häufiger unter die Räder. Du solltest also nicht Einzel-Wetten eingehen, sondern nur mit ETFs in dieses Segment investieren.
Nebenwerte profitieren von sinkenden Zinsen
Seit Juni 2024 geht das Zinsniveau in der Eurozone wieder nach unten. Auch in den USA könnten die Zinsen bald wieder purzeln. Gerade kleinere Unternehmen können bei geringeren Kreditzinsen wieder verheißungsvolle Projekte vorantreiben. Somit können diese neue Wachstumsphasen stimulieren. Daten von Reuters belegen, dass Small- und Mid-Caps nach Zinssenkungen besonders starke Aktienkursanstiege erfahren haben. Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum von 1950 bis heute. Demnach stiegen die Kurse von Small-Caps drei Monate nach einer Zinssenkung um elf Prozent. Bei Mid-Caps waren es immerhin noch neun Prozent. Large-Caps, also die ganz großen Börsenunternehmen, konnten „nur“ um fünf Prozent zulegen. Ähnliche Unterschiede ergeben sich übrigens auch, wenn man Zeiträume von sechs bzw. zwölf Monaten betrachtet. So ergab sich etwa bei Small-Caps ein Jahresplus von 24 Prozent. Large-Caps stiegen dagegen innerhalb von einem Jahr nach der Zinssenkung um 15 Prozent.
Gerade Digitalunternehmen können schnell wachsen – Beispiel: Netflix
Jeder fängt einmal klein an. Im Prinzip war jeder heutige Großkonzern einst ein Small-Cap-Titel. Gerade im digitalen Sektor können Unternehmen aufgrund von Synergieeffekten rasch zu den Großen aufschließen. Sehen wir uns hierzu Netflix an. 1997 gegründet war es sicher zunächst erstmal eine kleine Firma. Die ersten Jahre ging es darum, DVDs zu versenden. Im Jahr 200 schrieb Netflix trotz knapp 300.000 Abonnenten rote Zahlen, so dass man Blockbuster das Unternehmen für 50 Millionen US-Dollar zum Kauf anbot. Es lief bekanntlich anders. Erst im Jahr 2003 erzielte Netflix zum ersten Mal einen Gewinn.
Doch die ganz große Effizienzsteigerung der Folgejahre beruht auf der Verbreitung des Internets. Zum einen sind für die Verbraucher die Hürden geringer, die nutzbare Auswahl größer geworden und für Netflix ergaben sich durch die Digitalisierung ebenfalls Einsparpotenziale. Im Nachhinein lässt sich festhalten: Der einstige Nebenwert konnte enorme Wachstumspotenziale nutzen und ist heute längst Teil der Großen. Das heißt aber auch: Werden Unternehmen „zu“ erfolgreich, verlassen sie das Segment der Nebenwerte. Allerdings kann man tendenziell auch festhalten, dass einmal in der „Börsen-Champions-League“ angekommen, die ganz großen Wachstumsraten der Anfangszeit kaum noch möglich sind. Dann müssen eben neue Nebenwerte nachrücken.
Fazit: Nebenwerte sind sinnvoll, aber nur als ETF
Positive Beispiele wie Netflix lassen sich hinterher immer leicht erzählen. Natürlich ist die Liste von Nebenwerten, die an Bedeutung verloren haben oder sogar komplett verschwunden sind, sehr lang. Doch als Gruppe liegt das Aktiensegment der Nebenwerte weit vor den Large-Caps. Damit macht nur eine Vorgehensweise sind: Einen Teil des Weltportfolios kannst du einem Small-Cap-ETF zukommen lassen. So kannst du langfristig auf die Vereinnahmung der Size-Prämie hoffen, ohne jedoch allzu hohe Risiken einzugehen. Nachfolgend zeigen wir dir beispielhaft einen globalen Nebenwerte-ETF.