Kritik an Neo-Brokern: Nicht die Broker sind das Problem sondern die Politik!
Das Geschäft der Neo-Broker boomt, doch die Anbieter sind auch in die Kritik geraten. Sie würden unbedarfte Anleger zum Zocken verleiten, heißt es. Die Vorwürfe sind teilweise unfair. Denn nicht die Broker versagen sondern die Politik.
Neo-Broker sind unter Anlegern sehr beliebt, doch sie stehen in letzter Zeit auch öfter in der Kritik. So stand beispielsweise Trade Republic in den vergangenen Wochen aufgrund der Gamestop-Aktie häufiger im Fokus der Diskussionen. Auch die Marketing-Aktivitäten der Low-Cost-Broker werden von einigen Medien und Finanzwissenschaftlern scharf kritisiert, da sie falsche Anreize schaffen würden – Stichwort: Daytrading.
Dadurch könne eine Form der Spekulationskultur entstehen, die der Aktionärskultur in Deutschland langfristig mehr schaden als helfe, heißt es auf Seiten der Kritiker. Die Verantwortung nur auf die Broker zu schieben, ist jedoch falsch – auch die Anleger und insbesondere die Politik sollten ihr Verhalten kritisch überdenken.
Diese Rolle spielt die Politik
Eigentlich wäre die Politik dafür zuständig, dem Thema Finanzbildung einen höheren Stellenwert auf ihrer Agenda einzuräumen. Aktuell stehen laut einer ING-DiBa Studie für nur 10 Prozent aller Bundesbürger Finanzen auf dem schulischen Lehrplan. Das ist eindeutig zu wenig, wenn man sich die Wichtigkeit des Themas für unser Leben vor Augen führt.
Blackrock fand in einer Umfrage heraus, dass ca. 35 Prozent aller Deutschen in Finanzen den größten Stressfaktor im Alltag sehen. Die Aktionärsquote hat im europäischen Vergleich großen Nachholbedarf und die Kritik an Low-Cost-Brokern würde anders aussehen, wenn wir den Effekt von niedrigen Kosten bei der Geldanlage „richtig“ einordnen können. Die meisten Menschen geraten aufgrund von überzogenen (kurzfristigen) Renditeerwartungen an die Börsen – das kann mit einer soliden Grundlagenausbildung (in vielen Fällen) vermieden werden, wenn die Vorteile eine breit gestreuten, langfristigen Geldanlage verstanden werden.
In Skandinavien spielt Finanzbildung gesellschaftlich eine große Rolle. Genau weil die Politik dem Thema eineg große Bedeutung beimisst und entsprechende Maßnahmen verabschiedet hat. Bereits Grundschulkinder erhalten eine Lern-App, mit der sie lernen mit Budgets umzugehen und selbstbestimmte finanzielle Entscheidungen zu treffen. Ein ähnliches Modell in Deutschland und wir dürften uns in einigen Jahren über eine gesündere Aktienkultur freuen, in der die Verantwortung für Fehler nicht mehr (nur) bei anderen gesucht wird.
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Verantwortung für Geldanlage liegt auch bei Nutzern
Den Brokern bzw. der Politik allein die Schuld zu geben für schlechte Anlageentscheidungen, ist aus meiner Sicht der falsche Ansatz. Die Verantwortung für unser Vermögen liegt immer noch bei uns. Wer ohne Vorkenntnis blind in gehypte Unternehmen investiert, ist selber schuld, wenn am Ende ein Totalverlust eintritt.
Bevor Sie sich dazu entscheiden, in die Börse einzusteigen, sollten Sie sich mit den Prinzipien der Geldanlage vertraut machen. Wie funktioniert eine Aktie? Wie bewerte ich ein Unternehmen? Was ist Diversifikation? Was ist Risiko? Lohnt sich Daytrading oder sollte ich passiv Investieren? ETFs oder Einzelaktien? Habe ich ausreichend Rücklagen?
Das sind nur einige der vielen Fragen, die wir uns stellen sollten, bevor wir mit dem Investieren starten. Bauen Sie sich ein grundlegendes Verständnis für die wichtigsten Prinzipien auf. Werfen Sie einen Blick in unseren Wissensbereich – dort finden Sie ausführliche Erklärungen. Verstehen Sie mich nicht falsch, auch aus Fehlern lernt man – aber gewisse Fehler kann und sollte man von Beginn an vermeiden.
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Daytrading statt passives Investieren
Natürlich müssen wir aber auch auf die Viele Menschen aus meinem persönlichen Umkreis, die bis vor kurzem noch keine Anknüpfungspunkte mit den Finanzmärkten hatten, sind über die Social Media Aktivitäten bestimmter Broker auf den Geschmack gekommen. Schnell kaufen und verkaufen, sobald Gewinne erzielt wurden, klingt doch erstmal vernünftig.
Mit dem Wirecard-Skandal brach die Euphorie. Die meisten haben die Grundprinzipien der Geldanlage nicht ernstgenommen – Diversifikation. Von den Anlagebeträgen ist heute kaum noch was übrig. Und auch die Motivation zur Geldanlage ist weg, vielmehr parken die Betroffenen ihr Geld wieder auf dem vermeintlich sicheren Sparkonto.
Natürlich gilt dies nicht für alle Menschen. Einige haben daraus gelernt und die Marktkorrektur im Frühjahr 2020 genutzt, um wieder einzusteigen.
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Robo-Advisor sind attraktive Alternative
Es gibt sicherlich auch Menschen, die keine Lust haben, sich mit der Finanzwelt auseinanderzusetzen. Das soll nicht heißen, dass diese Leute nicht auch Vermögen aufbauen können. Aktuell existieren über 45 Robo-Advisor in Deutschland.
Diese Unternehmen legen Kundengelder automatisiert an, ohne dass Sie sich mit Anlageklassen, Diversifikation, Rebalancing oder Finanzkrisen beschäftigen müssen. Aber auch hier gilt: Die Kommunikation der jeweiligen Anbieter muss einfacher werden, sodass sie auch von Laien verstanden werden können. Je einfacher die Kommunikation, desto höher die Nachfrage.
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Fazit
Am Ende des Tages muss eine Balance entstehen. Broker, Banken und Robo-Advisor sollten aus meiner Sicht mehr auf edukatives Marketing setzen und ihre Nutzer mit den richtigen Anreizen überzeugen. Außerdem sollten Menschen bewusster Entscheidungen treffen. Wer spekuliert, darf sich über Verluste nicht wundern. Das Problem sind dann nicht die Börsen oder der Broker – sondern ein Mangel an finanzieller Kompetenz.
Und hier muss die Politik stärker eingreifen. Finanzen müssen ihren Weg in den schulischen Lehrplan finden, um das allgemeine Verständnis für die Finanzwelt zu verbessern. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass private Altersvorsorge immer relevanter wird, verdient das Thema einen größeren Stellenwert.