Konkurrenz aus China: Bedroht Deepseek US-Tech-Sparte?
Das Schreckgespenst der US-Tech-Giganten trägt seit wenigen Wochen einen Namen: Deepseek. Sollten Anleger jetzt daraus Konsequenzen ziehen?
Falls du Aktien von Nvidia hast, musstest du Ende Januar einen schweren Rücksetzer hinnehmen. Der Grund sitzt in China und hört auf den Namen Deepseek. So löste der KI-Assistent des chinesischen Start-ups Deepseek bei einigen Technologiewerten einen Kursrutsch aus. Besonders traf es Nvidia, der Börsenwert sackte um fast 600 Milliarden Dollar ab. Und das hatte historische Dimensionen. Denn es war der größte Tagesverlust eines Unternehmens in der US-Börsengeschichte.
Der neue Player Deepseek
Wer über Künstliche Intelligenz (KI) sprach, hatte sicher immer die verdächtigen US-Konzerne auf dem Zettel. „Viele Analysten gingen davon aus, dass die US-Tech-Unternehmen einen uneinholbaren Vorsprung besitzen. Dies spiegelte sich im Kurs der Nvidia-Aktien (WKN: 918422) wider, die kontinuierlich neue Höchststände erreichten. Dann kam das chinesische Start-up DeepSeek. Es gab bekannt, ein leistungsstarkes KI-Modell entwickelt zu haben, das mit deutlich weniger Rechenleistung und Kosten trainiert wurde“, sagt Markus Richert, Finanzplaner bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln. Die ersten Tests zeigen, dass das chinesische Programm auf Augenhöhe mit Marktführer ChatGPT ist. Erste Beobachter sprechen bereits von einer KI-Zeitenwende. Denn das chinesische System ist nach aktuellen Erkenntnissen effizienter.
Deepseek punktet mit Open-Source-Ansatz
Wie gut die China-Software wirklich ist, wird sich zeigen. „Ob die Angaben stimmen, ist derzeit unklar. China gilt allgemein nicht als Vorreiter in Sachen Offenheit und Transparenz. Umso überraschender ist die freizügige Herangehensweise des Chatbots von Deepseek“, so Richert. Das Unternehmen setze auf Open-Source-Modelle, bei denen der Quellcode öffentlich einsehbar sei. Die Daten werden zwar auf Servern in China gespeichert, jedoch biete Deepeeek die Möglichkeit, die Software individuell anzupassen und auf eigenen Servern zu betreiben. „Kürzlich veröffentlichte das Unternehmen eine kostenlose App, die sofort Spitzenplätze in den Download-Charts erreichte. Datenschutz bleibt ein wichtiges Thema, doch ersten Einschätzungen zufolge ist der potenzielle Datenabfluss als moderat einzustufen“, meint Richert. Zumindest für Nutzer, die bereits TikTok auf ihrem Smartphone installiert haben, scheine Deepseek keine übermäßigen zusätzlichen Risiken mit sich zu bringen.
Die Konsequenzen für die Anleger
Richert äußert sich klar. „Analysten erwarten durch das kostengünstige Modell von Deepseek eine Neubewertung der sogenannten Glorreichen Sieben.“ Aktuelle dominieren Apple (WKN: 865985), Amazon (WKN: 906866), Alphabet (WKN: A14Y6F), Meta (WKN: A1JWVX), Microsoft (WKN: 870747), Nvidia (WKN: 918422) und Tesla (WKN: A1CX3T) mit ihren teuren Diensten den KI-Markt. Jüngst sprach US-Präsident Trump von einem Weckruf für diese Unternehmen. Die US-Industrie müsse sich auf einen verstärkten Wettbewerb einstellen. Auch für Anleger ist dies laut Richert ein Weckruf. Auch wir haben immer wieder über das Klumpenrisiko diskutiert, welches durch die Aufblähung der US-Tech-Sparte entstanden ist. In der Extra-Magazin-Ausgabe 2/2025 berichten wir, dass deshalb viele Großanleger derzeit auf den Value-Faktor setzen. Schau gleich zum Shop. Ebenso könnten gleichgewichtete Welt-ETFs eine Lösung sein. Nachfolgend ein Beispiel:
„Billig-KI“ made in China?
In China geht es häufig über den Preis. Bereits im vergangenen Jahr forderte China mit seinen günstigen Online-Händlern wie Temu und Shein das etablierte Geschäftsmodell von Amazon heraus. „Im Jahr der Schlange, das nach dem chinesischen Kalender Ende Januar begann, scheint der Fokus nun auf Billig-KI zu liegen“, hält Richert fest. Grundsätzlich sei Künstliche Intelligenz ein langfristiger Megatrend, der sich noch in den Anfängen befinde. Mehr Wettbewerb in diesem Bereich sei langfristig zu begrüßen, da er Innovation und Dynamik fördere. „Kurzfristige Kursrückgänge in der Branche können Anlegern zudem Chancen eröffnen, denn nur was tief fällt, kann hoch steigen“, resümiert Richert.