Kommt der große Befreiungsschlag für die Bayer-Aktionäre?
Bayer-Chef Baumann muss vorzeitig gehen – Ex-Pharma-Chef von Roche übernimmt – Wird jetzt nach der langen Durststrecke alles besser für Bayer-Aktionäre?
Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Life-Science-Gebieten Gesundheit und Ernährung. Seit seiner Restrukturierung 2016 und der Übernahme des umstrittenen Saatgutherstellers Monsantos 2018 setzt sich der Konzern aus den drei Sparten Pharmaceuticals, Consumer Health und Crop Science zusammen.
Druck durch aktivistische Investoren tragen Früchte
Die beiden aktivistischen Investoren Bluebell und Jeff Ubben mit seinem Hedgefonds Inclusive Capital haben vor kurzem mit ihren Beteiligungen an Bayer für Aufsehen gesorgt. Bluebell drängt nach einem Bloomberg-Bericht vor allem auf eine Aufspaltung des Dax-Konzerns, während sich Inclusive Capital für einen externen Nachfolger für den ausscheidenden Bayer-Chef Werner Baumann eingesetzt hat. Klar war bisher, dass der wegen der kostspieligen Monsanto-Übernahme und des damit ins Haus geholten milliardenschweren Glyphosat-Rechtsstreits oft kritisierten Baumann 2024 geht. Nun vollzieht sich der Wechsel ein Jahr früher als geplant. Der Pharmachef des schweizerischen Rivalen Roche, Bill Anderson (Chemieingenieur), soll das Ruder bereits Anfang Juni 2023 übernehmen. Schon zum 1. April wird er als Mitglied des Vorstands in das Unternehmen eintreten.
Monsanto Deal war ein einziges Debakel
Am 14. September 2016 verkündete Werner Baumann in New York nach monatelangem Ringen die Übernahme-Einigung mit dem Monsanto-Management. In den Tagen danach warb er bei den Mitarbeitern des US-Konzerns und im heimischen Leverkusen um Vertrauen. Für rund 63 Milliarden US-Dollar machte er den Kauf des US-Saatgutherstellers Monsanto damals perfekt. Heute ist Bayer insgesamt nur noch 55 Milliarden Euro an der Börse wert.
Auch der langfristig orientierte strategische Investor wie der singapurische Staatsfonds Temasek mit einem Anteil von mehr als drei Prozent an Bayer übte Druck aus, um generell eine neue Ausrichtung sowie strategische Fokussierung hervorzuheben.
Der neue CEO Anderson gilt als ausgemachter Pharmaexperte, der bei Roche bereits viel Positives bewirkt habe. Als externer Nachfolger kann er die Probleme von Bayer unvoreingenommen analysieren und frischen Wind in die Organisation bringen.
Das Potenzial ist groß. Das KGV niedrig.
Die Aktie von Bayer (WKN: BAY001) liegt noch immer rund 50 Prozent unter dem Niveau vor der milliardenteuren Übernahme von Monsanto. Beim aktuellen Aktienkurs von rund 60 Euro liegt das KGV mit 7,7 noch komplett am Boden. Dass der Konzern nach aktuellen Konsensschätzungen bis 2025 vor einem Gewinnanstieg auf 8,91 Euro je Aktie stehen könnte, wird komplett ausgeblendet und ignoriert. Auch die Dividendenrendite mit vier Prozent ist ordentlich.
Bei der Medikamentenpipeline geht es ebenfalls vorwärts. Anfang Januar äußerte sich Bayer sehr zuversichtlich zur Perspektive seiner neuen Produkte. Mit vier Mitteln möchte Bayer die auslaufenden Patente und damit die Erlöse von Xarelto und Eylea kompensieren. Allein in den ersten neun Monaten trugen nur diese beiden Mitteln 5,69 Mrd. Euro zum Umsatz bei. Mit den Therapien Kerendia (Nierenerkrankte mit Diabetes) möchte man 3 Mrd. Euro, mit Nubeqa (Prostatakrebs) auch 3 Mrd. Euro Umsatz generieren. Beide Therapien sind bereits zugelassen. Der Xarelto-Nachfolger Asundexian soll dann spätestens 2026 die Zulassung bekommen und bis zu 5 Mrd. Euro an Umsatz beisteuern. Mit Elinzanetant (hormonfreier Wirkstoffkandidat Phase III) gegen Wechseljahresbeschwerden möchte man weitere 1 Mrd. Euro an Umsätzen erzielen.
Endlich herrscht Klarheit. Die Transformation mit Anderson als neuen CEO ab Juni kann starten. Die Bewertung mit den Wachstumschancen und einer steigenden Weltbevölkerung ist viel zu gering. Für Bayer scheint mir ein Multiple von 14 beim KGV in den nächsten zwei Jahren als realistisch.
Autor Michael Seibold
Michael Seibold schreibt als freier Mitarbeiter für extraETF. Neben seiner Ausbildung als Bankkaufmann hat er eine Ausbildung zum Physiotherapeuten abgeschlossen und studiert nebenberuflich Osteopathie. Seine erste Aktie kaufte er schon mit 13 Jahren und ist seitdem erfolgreicher Investor. Seine beiden Leidenschaften für Finanzen und Sport kombiniert Michael außerdem auf seinem Blog medicus-der-finanzen.de.
Aktien sollten die Hauptrolle spielen, meint Thomas Metzger, Leiter Portfolio Management beim Bankhaus Bauer. Besonders interessant seien US-Nebenwerte.