In der Mitte des Lebens: So gehst du in den 40ern das Thema Vorsorge an
In den 40ern stehen wir mitten im Leben, haben schon viel erreicht. Schon jetzt gilt es aber, finanziell ein paar Weichen für später zu stellen. Denn die Rente rückt in immer greifbarere Nähe. Vorsorge wird ein Thema.
In der Mitte des Lebens ist viel geschafft. Beruflich wie privat. Für einige rückt das Ziel, Arbeitszeit zu reduzieren oder in Rente zu gehen, näher. Derzeit liegt das Rentenniveau in Deutschland bei 48 Prozent des letzten Netto-Einkommens. Wohl dem, der / die von weniger als der Hälfte seiner bisherigen Einkünfte leben kann. Die Aktienrente lässt immer noch auf sich warten. Selbst ist also weiterhin die Frau bzw. der Mann.
Immerhin steigen die Zinsen wieder. Gerade hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um weitere 75 Basispunkte angehoben. Doch für einträgliche, risikoarme Investments reicht das immer noch nicht. Wer aktuell Tagesgeld für drei Jahre 30.000 anlegt und Wert auf mindestens gute Bonität (A bis AAA) legt, bekommt pro Jahr 0,28 Prozent Zinsen. Für zehn Jahre mit den gleichen Voraussetzungen sogar nur 0,26 Prozent (Quelle: Check 24 September 2022).
Zeit für eine Neubewertung
Wer bereits an der Börse investiert, dürfte langfristig besser fahren. Und kann hier weiter optimieren: Viele Expert:innen raten, in der zweiten Lebenshälfte die Aktienquote etwas zurückfahren. Begründung: damit das Kapital zur Verfügung steht, wenn man es wirklich braucht, auch in Crash oder Krise.
Gewinnmitnahmen sind nie ein Fehler. Andererseits haben wir in der Lebensmitte das meiste Einkommen. Und damit die größten Möglichkeiten, Geld anzulegen. Derzeit Geld umzuschichten von Aktien in andere Anlageklassen ist nicht einfach. Immobilien sind immer noch überwiegend teuer, Staatsanleihen mit guter Bonität haben nach wie vor Renditen unterhalb der Inflation, sprich: die Gesamtrendite ist negativ. Umschichtungen auf Fest- oder Tagesgeld bringen trotz Zinswende nach wie vor kaum Zinsen, wie wir gerade im Beispiel gesehen haben.
Kann man langfristig den Markt schlagen?
Aber vielleicht ist es Zeit, das Risiko an der Börse, das unweigerlich da ist, etwas zu optimieren, wenn noch nicht geschehen. Langfristig taugen zur Einzelaktie vor allem ETFs und Fonds. Das spart Zeit für Research sowie Kosten. Doch kann man damit den Markt schlagen? Eine der beliebtesten und am häufigsten gestellten Fragen zum Thema Börse überhaupt. Zeitweise kann das richtig gut klappen. Mit Know How und Recherche – kein Problem. Doch langfristig den Markt zu schlagen, gelingt selbst 70 Prozent der Profis nicht.
Indizes sind die Messlatte für den Börsenerfolg. Da erreichen viele langfristig sieben bis acht Prozent Performance pro Jahr. Das muss man selbst erst einmal über 20 Jahre hinkriegen. Die meisten von uns haben dazu weder die Zeit noch das Know How. Außerdem kommen ordentlich Kosten zusammen. Da sind ETFs mit Kosten ab 0,1 Prozent pro Jahr kaum zu schlagen.
Keine Panik – es ist genug Zeit zum Investieren
Aber auch, wenn man seine finanziellen Ziele noch nicht erreicht hat, ist noch genug Zeit. Mit 40 sind es schließlich noch 27 Jahre bis zum offiziellen Ruhestand, mit 50 Jahren noch 17.
Zu unterschätzen ist das Thema Rente aber keineswegs: Frauen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Mit weniger Einkommen wachsen die lebenslangen Folgen. Auch und gerade bei der Altersvorsorge: So beträgt das Gender Pension Gap in Deutschland 46 Prozent. Das ist der Unterschied zwischen Mann und Frau in der Rente, basierend auf gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge.
Teufelskreis Altersvorsorge
Wer weniger verdient, zahlt weniger in die Rentenkasse und erhält weniger Rente. Vor allem ab einem Alter von 35 Jahren klafft die Spanne zwischen Mann und Frau auseinander: Wenn Frauen Mütter werden und zeitweise gar nicht und später in Teilzeit arbeiten, bedeutet das im Schnitt 12 Jahre weniger Einzahlungen für später. Und 66 Prozent der Mütter in Deutschland arbeiten in Teilzeit.
48 Prozent beträgt das Rentenniveau derzeit in Deutschland. Das heißt, man bekommt nicht einmal die Hälfte des Durchschnittseinkommens. Und außerdem muss ein immer größerer Anteil Rente versteuert werden.
Nach dem Alters-Einkünfte-Gesetz steigt seit 2005 der Besteuerungsanteil für die Rente jährlich um zwei Prozentpunkte, seit 2021 um einen Prozentpunkt pro Jahr. Das bedeutet, dass alle, die ab 2040 in den Ruhestand gehen, ihre gesetzliche Rente voll versteuern müssen. Lediglich eine Pauschale von 102 Euro für Werbungskosten zieht das Finanzamt ab.
Immerhin wird Familienarbeit angerechnet: Ist ein Kind vor 1992 geboren, werden pro Kind zweieinhalb Jahre Kindererziehungszeiten gutgeschrieben. Ist ein Kind nach 1992 geboren, gelten bis zu drei Jahre. Für die Zeit der Erziehung werden Frauen nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung so gestellt, als hätten sie Beiträge in der Höhe des Durchschnitts aller Versicherten gezahlt. Voraussetzung dafür sind mindestens fünf vorhandene Rentenpunkte. Umgerechnet bringe ein Jahr Kindererziehungszeit ungefähr 30 Euro Rente im Monat.
Langfristig tut also Vorsorge mehr als Not. Aber langfristig kommen mit regelmäßigen Summen auch einträgliche Summen zusammen: Nehmen wir einen Sparbetrag von 250 Euro im Monat bei 7 Prozent Rendite nach Inflation und Kosten an. Zinserträge werden re-investiert. Rechnen wir 27 Jahre bis zur Rente bzw. 17 Jahre. Also für Menschen, die jetzt 40 oder 50 sind:
Vor Steuern kommen da in 27 Jahren 240.672 Euro zusammen, bei Einzahlungen von 81.000 Euro. Der Rest sind die Zinsen. In 17 Jahren kann man auf 98.100 Euro kommen, bei Einzahlungen von 51.000 Euro. Beide Berechnungen sind ohne jedes Anfangskapital.
Tipp: Du möchtest vorsorgen? Hier gelangst du zum neuen Vorsorgerechner von extraETF.com. |
Wird jetzt wichtig: Vorsorge und Pflege
Ein Thema rückt langsam aber sicher in den Blickpunkt, so wenig wir uns auch damit beschäftigen möchten: Die Pflege. Wir wissen heute alle nicht, wie fit und gesund wir im Alter sein werden, und welche (Zu)Zahlungen auf uns zukommen.
Eine Pflegetagegeldversicherung kann eine Vorsorge sein. Wir sehen schon heute, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nicht ausreicht. Der Gesetzgeber hat deshalb Privatversicherten schon für das Jahr 2022 einen Corona-Zuschlag verordnet. Das kostet je nach Tarif pro Monat 3,40 oder 7,30 Euro. Nach Angaben der Stiftung Warentest müssen Pflegeheim-Bewohner:innern im bundesweiten Durchschnitt mehr als 2.000 Euro pro Monat (Stand 2021) selbst bezahlen, bei der häuslichen Pflege auch mehr.
Stiftung Warentest hat ermittelt, welche Lücke klafft zwischen notwendiger Pflege und dem, was über die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckt sein sollte. Als Beispiel für die Pflege zu Hause ermittelte Warentest diese zusätzlichen Kosten pro Monat:
- Pflegegrad 1: 125 Euro
- Pflegegrad 2: 500 Euro
- Pflegegrad 3: 1.100 Euro
- Pflegegrad 4: 2.200 Euro
- Pflegegrad 5: 2.200 Euro
Es gibt Pflegetagegeld-, Pflegekosten- und Pflegerentenversicherungen. Bei einer Tagegeldversicherung wählt man, ob man später von einem Pflegedienst oder einer Privatperson betreut wird. Diese Art der Pflegevorsorge ist am weitesten verbreitet in Deutschland.
Die Pflegekostenversicherung verlangt üblicherweise Nachweise für die beanspruchten Pflegeleistungen. Sie zahlt weniger, wenn man von Verwandten gepflegt wird statt von Profis.
Bei der Pflegerentenversicherung zahlt die Versicherung im Bedarfsfall eine monatliche Rente. Diese Rente richtet sich danach, wie pflegebedürftig man dann ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob man zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung lebt. Diese Versicherung ist die teuerste Variante. Sie lässt sich aber beitragsfrei stellen.
Mein Fazit
Die Mitte des Lebens ist ein ruhigeres Fahrwasser. Mit Blick auf das Rentenalter bleibt noch genügend Zeit zum Investieren, nicht zuletzt weil wir mehr Einkommen haben als in jungen Jahren. Zugleich rücken die Themen Vorsorge und Pflege allmählich in den Blickwinkel. Weil staatliche Leistungen vermutlich nicht ausreichen werden im Ernstfall.