9. März 2015
honorarberaterkongress 2015

Honorarberater wollen nicht auf Regulierer warten

Verbraucher durch Qualität überzeugen / „10. Honorarberater Kongress“ eröffnet Blick auf künftigen Finanzmarkt

Regulierer und Finanzdienstleister diskutierten auf dem Kongress mit Honorarberatern und Finanzvermittlern über neue Wege zu einem verbraucherfreundlichen Finanzmarkt. Die Bundesregierung stellt weitere Regelungen zur Förderung der Honorarberatung für Versicherungen in Aussicht, will aber erst noch Entscheidungen aus Brüssel abwarten. Dort laufen derzeit die Triolog-Verhandlungen zur neuen Versicherungsvermittlerrichtlinie. Da weder in Europa noch in Deutschland ein Provisionsverbot in Aussicht steht, wollen die Honorarberater sich vor allem durch mehr Aufklärung und Qualität am Markt einen Namen machen. Passives Investieren mit ETFs bzw. Indexing war deshalb ein großes Thema auf dem Kongress.

500 Teilnehmer informierten sich

Auf dem „10. Honorarberater Kongress“, den in diesem Jahr erstmals der F.A.Z.-Fachverlag Frankfurt Business Media in Hanau veranstaltete, sprach sich Dr. Christian Grugel, Ableitungsleiter für Verbraucherpolitik im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), für eine stärkere Förderung der Honorarberatung aus. Der Kongress, zu dem rund 500 Teilnehmer sowie 50 Referenten und Aussteller aus ganz Deutschland angereist waren, wurde von der Deutschen Asset and Wealth Management und von HonorarKonzept unterstützt. Mitinitiator war der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH).

„Die Honorarberatung ist das kundenfreundlichste Modell der Finanzberatung“, betonte Grugel in seiner Eröffnungsrede, „sie muss aber nicht nur in den Gesetzen, sondern auch am Markt stärker präsent werden.“ Um die Chancen von Honorarberatern zu verbessern, will das BMJV Versicherungsberatern mit Zulassung nach § 34e Gewerbeordnung (GewO) die Möglichkeit geben, nicht nur zu Versicherungen zu beraten, sondern auch Versicherungspolicen zu vermitteln. Falls es dabei keine geeigneten Nettotarife (Tarife ohne eingepreiste Vertriebsprovisionen) gebe, solle künftig auch die Weiterleitung von Provisionen an den Kunden möglich sein. Damit dürften sich die Regeln für Versicherungsberater denen der Honorarfinanzanlagenberater nach § 34h GewO annähern. Mit der neuen Regelung will die Bundesregierung allerdings abwarten, bis die EU die neue Versicherungsvermittlerrichtlinie (IDD-2) formuliert hat. Gleichzeitig forderte Grugel die Finanzdienstleister auf, mehr Nettotarife für Versicherungen und insbesondere für Finanzanlagenprodukte auf den Markt zu bringen.

Die neue Versicherungsvermittlerrichtlinie der EU werde wahrscheinlich noch im Juni dieses Jahres verabschiedet werden, erwartet Dr. Nicol Spiegel, Legal Officer des Direktorats Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion in der EU-Kommission. Derzeit finden die sogenannten Trilog-Verhandlungen statt, in denen Parlament, Rat und Kommission den endgültigen Text der IDD-2 festlegen. Ziel ist die Vereinheitlichung von IDD-2 und Finanzmarktrichtlinie (MiFID-2) bezüglich Beratungsqualität und Offenlegung von Provisionen, sagte Spiegel. Auch die Aufgaben und Möglichkeiten eines unabhängigen Versicherungsberaters müssten definiert werden. Wahrscheinlich werde IDD-2 den Parlamenten der Mitgliedsstaaten mehr Spielraum bei der Gestaltung der Versicherungsberatung lassen als MiFID-2 bei der Finanzanlagenberatung, so Spiegel weiter.

Bisher nur eine Honorarberaterbank am Markt aktiv

Bei einer Podiumsdiskussion mit Verbänden hob auch Dr. Günter Birnbaum, zuständig für die Wertpapieraufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), hervor, dass die Regulierung des Finanzvertriebs in Deutschland noch nicht abgeschlossen sei. Beispielsweise sei noch unklar, welche Zuwendungen ein Provisionsberater künftig annehmen dürfe. Außerdem sei die Berufsbezeichnung des „Honorarberaters“ nicht geschützt, betonte Birnbaum. Mit dem Honoraranlageberatungsgeesetz von 2014 genieß nur der „Honoraranlageberater“ einen Bezeichnungsschutz. Birnbaum wünscht sich, dass mehr Banken in die Honorarberatung einsteigen sollen. Derzeit sei mit der Quirin Bank nur eine reine Honorarberaterbank am Markt. Der BaFin-Abteilungspräsident bewertet Flatrate-Angebote für die Vermögensverwaltung, wie es einige wenige Kreditinstitute ihren Kunden offerieren, als Schritt in die richtige Richtung.

Produktkonzepte wie easyfolio stellen sich vor

Die Teilnehmer des Honorarberater Kongresses, darunter viele unabhängige Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler, die zwar noch keine komplette Honorarberatung, aber Mischmodelle anbieten, informierten sich in Vorträgen und Workshops über Nettotarife, passive Anlagestrategien und Beratungsmethoden. Viele Besucher kamen zu den Vorträgen und Ständen der Anbieter digitaler Produkt- und Beratungsangebote wie Fairr.de und easyfolio.

Markus Jordan, Geschäftsführer von EXtravest, hob bei seinem Vortrag die Chancen der standardisierten Vermögensverwaltung insbesondere für Anleger mit kleinem Vermögen hervor. Mit einer diversifizierten Anlagelösung wie easyfolio, die in drei Risikoklassen angeboten wird, können Honorarberater ihren Kunden ein Produkt empfehlen, das kostengünstig auf ETFs setzt, viermal jährlich ein Rebalancing durchführt und mittels Wertpapierkennnummer leicht aufzufinden und über jede Depotbank zu beschaffen ist.

Über individuelle Vermögensstrukturierungen mit ETFs referierte Stephanie Lang von iShares, und Arne Scheehl von Comstage zeigte, wie sich ETFs in der derzeitigen Niedrigzinsphase am besten einsetzen lassen. Lyxor und ETF Securities demonstrierten in ihren Vorträgen, wie Anleger mit Nischenprodukten erfolgreich sein können, und UBS stellte seine breite ETF-Palette vor. Darüber hinaus gaben Arero und Dimensional Fund Advisors Einblick in alternative Indexprodukte.

Faktormodell als Weiterentwickung klassischer Strategien

Dr. Andreas Beck vom Institut für Vermögensaufbau zeigte, dass Musterportfolios für die passive Geldanlage nicht immer strengen wissenschaftlichen Kriterien genügten. Er empfiehlt, bei der Vermögensstrukturierung neben der Diversifikation weitere wissenschaftliche Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen, um die Marktrendite zu schlagen. Das sogenannten Faktormodell zeigt, das einzelne Bewertungsfaktoren wie Unternehmensgröße bei Aktien oder Laufzeiten bei Anleihen dem Anleger Zusatzrenditen offerieren. Umgesetzt hat Beck dieses Modell beim db x-trackers Portfolio Total Return ETF.

Viel Zuspruch fanden Vorträge, in denen Finanzdienstleister gemeinsam mit Honorarberatern referierten. Die Infrastrukturdienstleister HonorarKonzept, con.fee und der VDH erläuterten in einer Diskussionsrunde ihre unterschiedlichen Dienstleistungsangebote – von reinrassiger Honorarberatung bis zu Mischmodellen. Dieter Rauch, Geschäftsführer des VDH, rief seine Wettbewerber – bei allen Differenzen – dazu auf, gemeinsame Prinzipien für die Honorarberatung zu entwickeln. Der Wettbewerb durch Maklerpools, die zunehmend ebenfalls Honorarberater-Angebote einführen, wächst. Beispielsweise war Netfonds als Aussteller auf dem Kongress präsent.

Unsicherheiten bezüglich der Geschäftschancen von Honorarberatern

Fragen aus dem Publikum zeigten, dass immer noch große Unsicherheiten bezüglich der Geschäftschancen von Honorarberatung bestehen. Letztlich, so ein Teilnehmer, gehe es aber nicht nur um Vergütungsmodelle – Honorar, Provision, Mischmodelle –, sondern um Beratungsqualität. Hier sei in Deutschland noch vie zu verbessern, um Verbrauchern bessere Lösungen für die Altersvorsorge, Geldanlage und Risikoabsicherung anzubieten. Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, forderte auf dem Kongress einen einheitlichen Honorarfinanzberater, der nicht nach einzelnen Produktsparten wie Versicherungen, Darlehen und Geldanlage berät, sondern ganzheitlich. Der Verbraucher wünsche sich vor allem Klarheit und Wahrheit und dazu gehöre auch die Offenlegung aller versteckten Provisionen und Kosten, eine Forderung, die ETFs zugute kommen wird.

Eric Czotscher, verantwortlicher Redakteur, „Der Honorarberater„, www.derhonorarberater.de