Großbritannien: Harte Zeiten für die Wirtschaft im Vereinigten Königreich
Eine Rezession scheint in Großbritannien nicht mehr vermeidbar zu sein, nachdem im August das Bruttoinlandsprodukt (BIP) überraschend geschrumpft ist. Auch der Anleihenmarkt leidet.
Obwohl die britische Wirtschaft positiv ins Jahr gestartet war, zeichnete sich der Negativtrend schon länger ab und die britische Notenbank rechnet damit, dass es Ende des Jahres zu einer Rezession kommen könnte, die über das gesamte Jahr 2023 anhält. Sollte sich das bewahrheiten, wäre es die längste Rezession für Großbritannien seit der Weltfinanzkrise.
Vor allem Industrie schwächelt
Von Juni bis August schrumpfte das britische Bruttoinlandsprodukt um insgesamt 0,3 Prozent. Erwartet wurde nur ein Rückgang von 0,1 Prozent. Grund für den höheren Rückgang sind unter anderem Wartungsarbeiten an britischen Öl- und Gasförderanlagen, aber auch der Dienstleistungssektor zeigte Schwächen. Vor allem aber litt laut dem Statistikamt die Industrieproduktion. Im Monatsvergleich ging sie um 1,8 Prozent zurück.
Hohe Inflation
Für die britische Wirtschaft gibt es derzeit also keinen Grund zum aufatmen. Auch auf der Insel war die Inflation in den vergangenen Monaten hoch, im Juli lag sie bei 10,1 Prozent, im August bei 9,9 Prozent. Wie auch in Deutschland sind insbesondere die stark gestiegenen Energiepreise ein deutliches Problem. Zuletzt war die Inflation im Vereinten Königreich Anfang der 1980er-Jahre auf einem solch hohen Niveau. Viele Menschen haben Angst vor dem Winter, es werden außerdem Diskussionen laut, wie künftig Hypotheken bedient werden können. Großbritannien steckt in der Krise.
Große Sorgen am Anleihenmarkt
Doch damit nicht genug. Am britischen Anleihenmarkt zeigen sich seit Tagen sorgenvolle Gesichter. Als Grund dafür gilt der fiskalpolitische Kurs der neuen Regierung unter Premierministerin Liz Truss und Finanzminister Kwasi Kwarteng. Dessen Pläne zur schuldenfinanzierten Steuersenkung hatten die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt, das Pfund auf eine historische Talfahrt geschickt und für Ausverkäufe am britischen Anleihemarkt gesorgt.
Die Bank of England musste daher jüngst mehrfach mit Stützkäufen in Milliardenhöhe eingreifen. Täglich fließen bis zu 10 Milliarden Pfund. Die britische Notenbank nannte die Vorkommnisse eine „materielle Gefahr“ für die Finanzstabilität. In der Regierung hingegen zeigt man sich derzeit noch zuversichtlich – die Renten seien sicher.
Anleger jedoch zeigen sich nervös, das Pfund ist volatil. Sollten sich die Probleme am britischen Finanzmarkt fortsetzen, so könnte sich das zunächst auch stark auf den amerikanischen Markt auswirken, denn die britische Börse ist traditionell eng mit der Wall Street verknüpft. Damit wären auch Folgen für alle internationalen Finanzmärkte nicht mehr auszuschließen. Noch könnten Regierung und Notenbank das Schlimmste verhindern, doch die Vorkommnisse drücken deutlich auf die Stimmung.
Autor Katja Brauchle
Katja Brauchle ist eine erfahrene Online-Redakteurin mit einem Schwerpunkt auf Finanzthemen. Nach zwei Jahren Festanstellung bei extraETF ist sie nun nebenberuflich als freie Redakteurin tätig. Sie arbeitet derzeit als Content Strategy Managerin bei der Augsburger Allgemeinen.
2022 verloren Anleihen und Aktien gleichermaßen, nun sind Bonds gefragt. Warum das so ist und welche Rolle sie im Depot spielen, beantwortet Sara Devereux.