Energiekrise: Ist es eine gute Idee, jetzt Heizöl zu hedgen?
Die Energiepreise werden in den kommenden Monaten weiter steigen. Das trifft neben Unternehmen vor allem private Haushalte, die ihre Wohnung oder ihr Haus mit Erdgas oder Heizöl heizen. Mit einem Investment in die Profiteure des Anstiegs lässt sich eine Art Hedgeposition auf die nächste Heizölbestellung abschließen.
Aktien von Energieversorgern, Erdöl-Exploratoren und Rohstoffunternehmen waren in den letzten Monaten so ziemlich die Einzigen, die einen positiven Beitrag zur Portfolioentwicklung gebracht haben. Solche Aktien sollten sich Anleger jetzt ins Depot legen.
Es gibt aber auch Anlageprodukte, die direkt von einer Steigerung der Rohstoffpreise wie Heizöl oder Gas partizipieren. Eine Möglichkeit ist, passive Fonds zu erwerben, die einen Index unterschiedlicher Rohstoffkategorien abbilden. In diesen ETFs sind dann zumeist auch Industriemetalle und Agrarrohstoffe enthalten.
Investieren mit Zertifikaten
Möchte man kein gemischtes Portfolio erwerben und direkt auf einen Rohstoff setzen, bieten sich Rohstoffzertifikate an. Bei Zertifikaten muss man sich bewusst sein, dass die meisten Rohstoffe mittels Futures an der Terminbörse abgebildet werden. Läuft ein solcher Terminkontrakt aus, muss in den nächsten „gerollt“ werden. Roll-Verluste drohen, wenn der in den kommenden Monaten erwartete Rohstoffpreis höher liegt als der aktuelle Preis und der Preis des Basisobjekts nicht so stark steigt, wie die Erwartungen es vermuten ließen („Contango“).
Liegt der für spätere Monate erwartete Preis dagegen unter dem aktuellen Preis und der Rohstoffpreis steigt, streicht der Anleger diesen Vorteil ein („Backwardation“). In der Regel liegt die „Contango-Variante“ vor, da neben den Erwartungen auf die Rohstoffpreisentwicklung beim Future auch Lagerhaltungs- und Finanzierungskosten eingepreist sind.
Termingeschäfte sind riskant
Die beiden beschriebenen Szenarien und das dazugehörige regelmäßige Anpassen über Termingeschäfte am Future-Markt führen letztlich dazu, dass die Entwicklung an den Märkten nicht 1:1 abgebildet werden kann. Außerdem muss man bei Rohstoffinvestments berücksichtigen, dass Rohstoffe grundsätzlich in US-Dollar gehandelt werden. Manche Produkte sichern das Währungsrisiko ab, was zusätzliche Kosten verursacht.
Wer seinen Gas- oder Strompreis hedgen will, kann auch Erd-, Bio und Greengas-Zertifikate zurückgreifen. Bei diesen Produkten ist allerdings zu beachten, dass die Preise seit Monaten erheblich gestiegen sind. Obwohl es natürlich noch unangenehme Überraschungen geben kann, werden die Rohstoffpreise vom aktuell hohen Niveau aus wahrscheinlich nicht mehr so stark steigen. Selbst ein Rückgang ist nicht ausgeschlossen. Es bleibt damit ein spekulatives Investment, dass man im Blick haben muss.
Sofern bei der Geldanlage Nachhaltigkeit eine Rolle spielt, muss man sich bewusst sein, dass man in fossile Energieträger investiert. Was das Gas anbelangt, mag das ja nach der EU-Taxonomie tolerierbar sein. Konsequent nachhaltig agierende Anleger werden hier trotzdem nicht investieren.
Andreas Görler ist Senior Wealthmanager bei Wellinvest – Pruschke & Kalm GmbH in Berlin
Autor Redaktion
Unsere Redaktion setzt sich aus erfahrenen Finanzexperten zusammen. Damit Sie immer auf dem neusten Stand bleiben, sorgen unsere Redakteure täglich mit brandaktuellen Texten und Artikeln dafür, dass Sie über alle Themen rund um ETFs, Indexfonds und Geldanlage schnell und unkompliziert informiert werden.