Peter Lynch

Vom Golfjungen zum Millionär


Peter Lynch, Sohn eines Mathematikprofessors aus Boston, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Im Alter von zehn Jahren musste er den Krebstod seines Vaters und die damit verbundenen finanziellen Einbußen verkraften. So wechselte er von einer Privatschule auf eine öffentliche Schule, während seine Mutter zeitgleich anfing in einer Fabrik zu arbeiten. Dennoch schaffte er es aus eigener Kraft in die Rechercheabteilung der Fondsgesellschaft Fidelity, dort sollte er bald die Leitung des bekannten Magellan Fonds übernehmen. Und damit heute auf unsere Liste der Börsengurus.

Erste Börsenkontakte

Den ersten Kontakt zur Börse knüpfte Lynch auf dem Golfplatz. Dort arbeitete er als Caddy, um sein Taschengeld aufzubessern, und während er die Golfbags der Manager umhertrug, gelang es ihm, einige Gespräche mitzuhören. So fußte auch sein erstes Investment auf einer Information, die er während seines Nebenjobs erhielt. Er entschied sich für den Kauf von Flying Tiger Line-Aktien im Gegenwert von 1.250 Dollar. Laut den Gesprächen auf dem Golfplatz stünde der Aktie, bedingt durch das Wachstum der Luftfracht und der Pazifikländer, eine goldene Zukunft bevor. Die Manager sollten Recht behalten. Lynch konnte durch den teilweisen Verkauf der Aktien seinen Investitionseinsatz zurückerlangen und schließlich sogar sein Studium an der Wharton School of Finance finanzieren. Erst im Jahre 1989 veräußerte er im Zuge einer Übernahme die letzten seiner Aktien der Flying Tiger Line.

Lynch bei Fidelity

Der Golfsport war es auch, der ihm bei der Bewerbung 1966 für einen Sommerjob bei Fidelity weiterhalf. Lynch musste sich gegen 75 Bewerber durchsetzen, verfügte aber über einen entscheidenden Vorteil – er hatte D. George Sullivan, dem Direktor von Fidelity, bereits beim Golfen assistiert. So gelang es ihm noch vor dem Studium einen Fuß in die Tür seines späteren Arbeitgebers zu stellen. Nach Abschluss in Wharton und anschließenden zwei Jahren beim Militär, in denen er unter anderem in Südkorea stationiert war, fing er als Analyst für Metalle bei Fidelity an.

Dort arbeitete er sich bis zum Jahre 1974 schnell zum Leiter der Rechercheabteilung hoch. Diese Position erlaubte es ihm, sich intensiv mit Aktien auseinanderzusetzen. Sein Team filterte erfolgversprechende Unternehmen, zu denen dann Meinungen entwickelt und ausgetauscht wurden. Der Vergleich seiner Vorstellungen mit denen seiner Kollegen verstärkte Lynchs Urteilsfähigkeit enorm. Eine Eigenschaft, die für seine folgende Position unabdingbar war.

Lynch genoss scheinbar das Vertrauen der Geschäftsführer und man übergab ihm 1977 die Leitung des damals mit einem Volumen von 22 Millionen Dollar vergleichsweise kleinen Fonds Magellan. Zehn Jahre später sollte der Fonds unter seiner Leitung zu einem Volumen von rund zwölf Milliarden Dollar anwachsen. 

Unendliche Hingabe

Warum jedoch war Lynch so viel erfolgreicher als andere gute Fondsmanager? Ein Grund ist die beinahe unendliche Hingabe zu seiner Aufgabe, sehr zum Leidwesen seiner Frau. In 20 Jahren machten sie nur zweimal Urlaub und wenn Lynch von Urlaub spricht, ist dies stets mit einer Geschäftsreise zu vergleichen. So waren von einer Woche gemeinsamen Urlaubs drei bis fünf Tage für Firmenbesuche reserviert, an den Wochenenden wäre für gemeinsames Sightseeing Zeit gewesen, allerdings musste man auch zur nächsten Station der Firmenbesuche gelangen. 

Peter Lynch besitzt die Eigenschaften eines Einzelkämpfers, er beschäftigte nur zwei Rechercheassistenten. Einen, um Neuigkeiten von der Wallstreet einzuholen und an Unternehmenspräsentationen teilzunehmen, und einen anderen, um Unternehmen und Analystentreffen zu besuchen. Weiteres direkt unterstelltes Personal, um den Fonds zu verwalten, schloss er zwar nicht kategorisch aus, allerdings sah er in jeder Neueinstellung zunächst einen neuen zeitraubenden Faktor.

Regelmäßige Firmenbesuche

Die Firmenbesuche, die häufig auch noch vor sieben Uhr morgens stattfanden, dienten dem Ziel, Unternehmen zu finden, die an dem Wendepunkt zum Besseren stehen. Lynch ging dabei systematisch vor und wälzte vor jedem Besuch unzählige Geschäftsberichte, bevor er für ein persönliches Treffen anfragte. Seine Ansprechpartner lernten schnell, präzise und knapp zu antworten. Er fragte die Vorstände häufig auch nach ihren schärfsten Konkurrenten, denn keiner kenne ein Unternehmen so gut wie die Konkurrenz. Lynch, der jede Minute des Tages ausnutzte, stellte sich bei Telefonaten sogar eine Eieruhr. Sollte sein Gesprächspartner nach eineinhalb Minuten nicht die erforderlichen Informationen geliefert haben, beendete er das Gespräch recht unvermittelt. Schließlich hatte er jeden Tag zahlreiche zu analysierende Unternehmen auf der Agenda.

Den größten Teil des Profits erzielte Lynch in der Zeit zwischen dem Erhalt dieser Information und der resultierenden Auswirkung auf den Aktienkurs. Dazwischen liegen laut Lynch nicht selten zwölf Monate. Beobachtete er bei einem Unternehmen eine nennenswerte Veränderung, die ihn zum Kauf des selbigen veranlasste, kaufte er zeitgleich noch Unternehmen der gesamten Branche mit ein. Die zusätzlich erworbenen Titel werden auch Farmgruppe genannt und dienen unter anderem als Referenzwert und Watchlist. Dieses Branchenportfolio streicht er erst nach und nach auf die Favoriten zusammen. Kommt es jedoch darauf an, unmittelbar zu handeln, nutzte er seine früher erworbene Urteilsfähigkeit, um Ineffizienzen an Börsen auszunutzen.

Umfangreiches Portfolio

Lynch achtete stets darauf, dass sein Portfolio über ausreichend Liquidität verfügt, um neue Ideen mühelos umsetzen zu können. Die durchschnittliche Haltedauer der Werte im Portfolio liegt dabei um zwei Monate und es umfasst circa 1.400 Aktien. Dabei machen jedoch die 100 größten Positionen die Hälfte des gesamten Kapitals aus. An einem typischen Handelstag setzte Lynch mit der Hilfe von drei Händlern somit rund 100 Millionen Dollar um.

Trotz der großen Anzahl der Aktien in seinem Portfolio behält er die Übersicht darüber, welche Aktien das Kursziel erreicht haben und welche Aktien er wieder veräußern möchte. Dabei setzte er sich bei einer Investition häufig kein konkretes Kursziel, vielmehr beobachtete er den Wert fortlaufend und behielt ihn so lange in seinem Portfolio, bis er der Meinung war, dass das Potenzial vollständig ausgeschöpft sei. Das mussten nicht unbedingt die oben genannten zwei Monate sein, es konnten Tage, Wochen aber auch Jahre vergehen, bis Lynch seine Einschätzung über den weiteren Verlauf einer Aktie ändert.

Meide Hype-Aktien

Peter Lynch versuchte stets aufregende Aktien zu meiden, seine Erfahrung lehrte ihn, dass die Verluste die traumhaft beschriebenen Gewinne in der Regel übersteigen. Insbesondere mied er Unternehmen, die auffällig viel vorteilhafte Publicity erhalten. Vielmehr empfiehlt er, nach Aktien Ausschau zu halten, die bei einer Eigenkapitalrentabilität von 15 bis 20 Prozent und Erträgen von circa zehn Prozent zu einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt werden. Idealerweise haben diese Unternehmen ein Franchise ähnliches Geschäftsmodell, damit nicht zu viel Verantwortung auf den Schultern weniger lastet.

In gewisser Weise vertritt er in diesem Punkt dieselbe Meinung wie der in dieser Reihe bereits vorgestellte Buffett. Auch er sucht nach Unternehmen, die einfach zu führen sind. Buffett drückt es nur anders aus und sagt, er suche Unternehmen, die „Idioten“ führen könnten, denn genau das würde früher oder später passieren. Diese Wunschunternehmen, insbesondere die Franchise Struktur, steht allerdings im Widerspruch zu Lynchs Leitungsstil „seines“ Magellan Fonds, den er scheinbar am liebsten im Alleingang verwaltet hätte.

Peter Lynchs harte Arbeit zahlte sich aus. Bis zum Oktober 1987 hat er jedes Jahr den Dow geschlagen und kein schlechtes Kalenderjahr erlitten. Nur als der Dow zwischen 1987 und 1988 fiel, musste er das Geschäftsjahr mit einem Verlust von 9,6 Prozent schließen. Dennoch performte er über dem Aktienindex, der im Vergleichszeitraum 10,9 Prozent verloren hatte. Hätte man zu Anfang der Übernahme der Leitung durch Lynch 10.000 Dollar in den Fonds investiert, hätte man die Anteile bei seinem Rückzug 1988 in 200.000 Dollar tauschen können.

Unser Buchtipp zum Thema:

Peter Lynch: Der Börse einen Schritt voraus

Als Fondsmanager war Peter Lynch überaus erfolgreich und ist heute eine Legende. Als Buchautor verhilft er den Börsianern zu einem tieferen Verständnis der Geschehnisse an den Aktienmärkten. In seinem Erstlingswerk gibt er Handlungsanweisungen für mehr Erfolg an der Börse. 

Weitere Fragen zum Börsenguru

Diese Informationen könnten dich auch interessieren