2. August 2025
Olivier Souliac, Head of Indexing bei DWS Xtrackers

"Unsere aktiven ETFs sollen eine kontinuierliche Mehrrendite liefern"

Aktive ETFs sind im Kommen. Seit Mai 2025 mischt auch Xtrackers mit. Wir haben dazu mit Olivier Souliac, Head of Indexing bei DWS Xtrackers, gesprochen.

Aktive ETFs liegen bei vielen Anbietern voll im Trend. Wie erklären Sie sich das?

Der Trend zu aktiven ETFs geht von den USA aus. Dort wuchs das Bedürfnis von Asset Managern, ihre aktiven Anlagestrategien auch in einer kosteneffizienten „Verpackung“, wie sie ein ETF darstellt, anbieten zu können. Das spielt in Europa auch eine Rolle, aber es kommt ein zweiter Faktor hinzu: ETFs haben bei uns gewissermaßen das Investieren standardisiert. Viele professionelle Anleger verwenden mittlerweile die gleichen Benchmarks für ihre strategische Asset Allocation. Und das eröffnet nun den Raum für aktive ETFs. Denn Vermögensverwalter werden am Ende dafür bezahlt, dass sie einen gewissen Mehrwert in der Selektion der ETFs schaffen. Unsere Kunden suchen deshalb verstärkt nach Produkten, mit denen sich innerhalb eines ETF-Portfolios Alpha generieren, also eine Mehrrendite erzielen lässt.

Wie definieren Sie das Wort „aktiv“?

Es gibt einen wichtigen Unterschied, ob wir über einen klassischen Investmentfonds sprechen oder einen aktiven ETF. Bei einem klassischen Fonds vertraue ich dem Fondsmanagement Geld an in der Erwartung, dass es gut verwaltet wird und idealerweise eine attraktive Rendite für mein Risikoprofil erzielt. Wie das Fondsmanagement das macht – ob es in viele Titel investiert oder sehr ausgewählt -, ist seine Sache. Bei vielen aktiven ETFs in Europa geht es derzeit überhaupt nicht um die Frage, ob in den Markt investiert wird oder nicht. Sie investieren auf jeden Fall in den Markt. Aber die Anleger vertrauen darauf, dass solche ETFs besser abschneiden. Wir nennen solche Produkte Enhanced Active ETFs.

Tipp: Aktive ETFs sind wohl der große Trend des Jahres 2025. Lies dir also gleich unsere Studie zu aktiven ETFs * durch.

Wie kommen die Entscheidungsprozesse bei aktiven ETFs zustande? Wie ist der Ablauf, dass ein Alpha herauskommen kann?

Bei einigen Anbietern sehen wir Research-basierte Ansätze. Das bedeutet: Analysten, die sowieso für die aktive Sparte eines Asset Managers arbeiten, stellen ihre Einblicke hinsichtlich einer künftigen Outperformance von Aktien innerhalb eines Sektors oder einer Region zur Verfügung, um Alphapotenzial für den ETF zu schaffen.

Kommen wir zu den neuen aktiven ETFs aus Ihrem Haus. In welche Märkte investieren sie und wie erfolgt dort die Titelauswahl?

Unsere Xtrackers Enhanced Active ETFs bilden die Entwicklung von globalen, europäischen und US-Aktienindizes ab. Die drei Strategien sollen eine kontinuierliche Mehrrendite gegenüber den jeweiligen Vergleichsbarometern liefern, zugleich aber die Risiken im Zaum halten. Die Abweichung vom Vergleichsindex – gemessen am sogenannten Tracking Error – sollte annualisiert zwischen 0,9 und 1,5 Prozentpunkten liegen. Mit den Produkten verfolgen wir keinen Research-basierten Ansatz, sondern eine quantitative Strategie, die sich auf eine Vielzahl an Fundamentaldaten stützt.

Was sind das für Daten?

Das sind Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis, die Gewinnentwicklung, der Verschuldungsgrad und viele weitere. Bei jedem Unternehmen haben wir mehr als 200 Faktoren im Blick und beziehen diese in die Analyse mit ein. Der Ansatz kommt von unserem quantitativen Investmentteam bei der DWS und wurde vor mehr als 20 Jahren gestartet. Die Strategien richten sich vor allem an institutionelle Investoren und kamen bisher bei Mandaten oder bei Fonds für professionelle Anleger zum Einsatz.

Spielen auch Stilfaktoren wie Momentum oder Value eine Rolle?

Für jedes Unternehmen, für jeden Sektor schauen wir, welche einzelnen der 200 Faktoren für die Wertentwicklung der Aktien in dieser Kategorie tatsächlich verantwortlich waren. Manchmal spricht man von Momentum. Manchmal ist es eine Neubewertung, weil sich die Zinssituation ändert oder es Inflationsbefürchtungen gibt. Plötzlich sind es eher Value-Faktoren, die einige Sektoren wie beispielsweise Versorger treiben. Im Moment ist Value bei Aktien im Gesundheitswesen ein Thema. Bei Finanztiteln spielte jüngst die Profitabilität eine wichtige Rolle.

Sie sind mit Ihren aktiven ETFs im Mai an den Start gegangen. Ist das aktuell eine gute Zeit, um zu zeigen, dass das Konzept aufgeht?

Die Märkte sind derzeit sehr schwankungsanfällig. Und das macht es natürlich spannend. Denn volatile Märkte bedeuten auch eine größere Gefahr, dass eine aktive Strategie zu Ergebnissen führt, die weiter vom Index abweichen als geplant. Dieser Gefahr sind sich meine Kollegen allerdings bewusst, und das Risiko wird bei solchen Strategien modelltechnisch im Griff behalten.

Gibt es Sektoren oder Länder, die in einem der aktiven ETFs gerade ein höheres Gewicht haben?

Die Strategie der aktiven ETFs basiert rein auf fundamentaler Aktienselektion und verfolgt keine aktive Steuerung von Sektor- oder Länderallokationen. Zur Wahrung der Flexibilität in der Portfoliokonstruktion besteht nur ein enger Spielraum gegenüber der Benchmark von weniger als zwei Prozent.

Wie ist das bei Ihrem USA-ETF? Wie gehen Sie mit dem Klumpenrisiko der Tech-Branche um?

Da gibt es beim Xtrackers US Equity Enhanced Active ETF auch nur sehr begrenzte Möglichkeiten. Der Manager eines aktiven Fonds könnte die entsprechenden Tech-Unternehmen deutlich geringer gewichten, wenn er ein zu hohes Risiko sieht. Unser Enhanced Active ETF wird dies nicht tun, da er damit zu weit von seiner Benchmark abweichen und sein Ziel verfehlen würde, im Markt investiert zu sein.

Eine Frage zum Alpha – also der Outperformance. Wie wird das bei den aktiven Xtrackers-ETFs definiert, oder was würden Sie als Erfolg ansehen?

Ob die Produkte erfolgreich sind und Mehrwert für die Anleger schaffen, ist bei diesen Produkten relativ einfach zu sehen. Da gibt es nicht viel zu diskutieren, denn man hat ja eine Benchmark, die bekannt und transparent ist. Unsere ETFs benutzen als Grundlage eine Strategie, die seit dem Start vor mehr als 20 Jahren im Schnitt eine jährliche Outperformance von 100 Basispunkten erbracht hat. Das mag nach nicht viel klingen, aber bedenken Sie, dass die Strategie so ausgelegt ist, dass sie nur geringe Abweichungen von ihrer jeweiligen Benchmark aufweist. Der aktive Teil bezieht sich also auf die Erzielung einer Outperformance innerhalb sehr eng gesetzter Risikoparameter.

Sie haben davon gesprochen, dass sich die quantitativen Strategien, die den ETFs zugrunde liegen, vor allem an institutionelle Investoren richten. Sind die Produkte für Privatanleger also uninteressant?

Das würde ich nicht sagen. Viele ETFs sind historisch betrachtet vorrangig an den Bedürfnissen institutioneller Kunden ausgerichtet. Das beinhaltet traditionelle World-ETFs, die bei Privatkunden mittlerweile auch sehr populär sind. Für beide Anlegergruppen eignen sich solche ETFs also als Kernbausteine in einem Portfolio. Genauso dürften Selbstentscheider unter den Privatkunden auch ETFs mit „Enhanced“-Ansätzen spannend finden. Denn mit ihnen können sie ihr Portfolio um Bausteine jenseits der Standardbarometer wie S&P 500 oder Euro Stoxx 50 ergänzen. Seit Anfang des Jahres können wir beobachten, dass quantitative Strategien – ob im ETF-Mantel oder nicht – auch von immer mehr Privatkunden nachgefragt werden. Offenbar werden die Vorteile dieser Strategien auch für diese Kundengruppe zunehmend wichtiger.

Anmerkung: Nachfolgend zeigen wir dir, wie ein weiterer Anbieter aktiver ETFs vorgeht.

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