14. Oktober 2024
Sven Anders ist Investment Spezialist für US-Aktien bei J.P. Morgan Asset Management

Sven Anders (J.P. Morgan AM): So wirkt sich die US-Wahl auf die Börse aus

Wer zieht ins Weiße Haus ein? Trump oder Harris? Sven Anders, Investment Spezialist für US-Aktien bei J.P. Morgan Asset Management, über die Folgen der US-Wahl.

Die US-Wahl geht in die heiße Phase. Noch ist alles offen. Welcher der Kandidaten wäre grundsätzlich besser für den US-amerikanischen und den globalen Aktienmarkt?

Die Wahl in den USA ist zwar wichtig, allerdings wird der Ausgang der Präsidentschaftswahl gern überschätzt. Der Präsident oder die Präsidentin hängt schließlich bei der Durchsetzung der Politik vom Kongress, bestehend aus Repräsentantenhaus und Senat ab. Es ist ein kompliziertes Konstrukt mit einer am Ende für die Märkte meist pragmatischen Wirtschafts- und Finanzpolitik. In mehr als 60 Prozent der Zeit gibt es in den USA allerdings eine geteilte Regierung, so wie gerade aktuell, wo der Senat von Demokraten und das Repräsentantenhaus von Republikanern kontrolliert wird. In dieser Aufspaltung ist es schwierig, neue Gesetze genehmigt zu bekommen, da sich die Parteien gegenseitig blockieren. Das gilt für Vieles, was im Wahlkampf versprochen wird, wie beispielsweise die unterschiedlichen Ansichten beider Kandidaten bezüglich der Körperschaftssteuer. Daher kommt es weniger auf die Wahl des Präsidenten als vielmehr auf die Zusammensetzung des Kongresses an. Der negativste Ausgang für den amerikanischen Aktienmarkt wäre, wenn es keine eindeutige Entscheidung nach dem Wahltag gibt, denn klare Verhältnisse sind immer besser. 

Blicken wir nun auf einzelne Branchen. Welche würden von einem Wahlsieg von Kamala Harris profitieren? Und welche Branchen rücken im Fall eines Wahlsiegs Donald Trumps in den Mittelpunkt?

Die Historie lehrt uns, dass eine Portfolioausrichtung je nach vermeintlichem Vorteil einzelner Branchen durch eine der beiden Partien mittelfristig selten den gewünschten Ertrag brachte – selbst, wenn eine Partei im Laufe der Zeit stringent die wirtschaftlichen Ziele verfolgt und implementiert hat.

So setzte sich beispielsweise die Biden-Regierung dafür ein, fossile Brennstoffe zu reduzieren und erneuerbare Energien zu fördern. Nach ihrem Amtsantritt verabschiedete die Regierung die bisher umfangreichsten staatlichen Maßnahmen zum Klimaschutz: den „Inflation Reduction Act“ in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar. Vor diesem Hintergrund hätte man erwartet, dass traditionelle Energieaktien abgestraft und erneuerbare Energien in die Höhe schnellen würden. Tatsächlich ist genau das Gegenteil eingetreten. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im August 2022 hat der Index für erneuerbare Energien ein Drittel seines Wertes verloren, während traditionelle US-Energieaktien 14 Prozent an Wert gewonnen haben.

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Fünf Jahre zuvor war die Ausgangslage genau umgekehrt. Präsident Trump setzte sich während seiner Präsidentschaft energisch für die Unterstützung der traditionellen Energiewirtschaft und die Genehmigung von Bohrpachtverträgen ein. Doch der S&P 500 Energy Index fiel während seiner Präsidentschaft um -40 Prozent, während der S&P 500 Global Clean Energie Index von seinem Amtsantritt bis zum Wahltag 2020 um 280 Prozent zulegte.

Für die Aktienmärkte dürften deshalb im US-Wahljahr die Fragen, ob die Inflation endgültig besiegt ist und es tatsächlich zu einer weichen Landung der Wirtschaft kommt, viel entscheidender sein als die Präsidentschaftswahl am 5. November.

Trump präsentiert sich auch als Krypto-Präsident. Ist das etwas dran und könnte im Fall einer erneuten Wahl Trumps eine Bitcoin-Rallye ausgelöst werden?

Während einige Marktteilnehmer spekulieren könnten, dass bestimmte politische Ereignisse, wie eine erneute Wahl von Donald Trump, Auswirkungen auf den Bitcoin-Preis haben könnten, basiert dies oft auf kurzfristigen Marktreaktionen und nicht auf langfristigen Fundamentaldaten.

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Unser Fokus bei J.P. Morgan Asset Management liegt darauf, fundierte Anlageentscheidungen auf Basis umfassender Bottom-up-Unternehmensanalysen und langfristiger Markttrends zu treffen. Kryptowährungen wie Bitcoin sind sehr volatil und können von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden, einschließlich regulatorischer Entwicklungen, technischer Innovationen und Marktstimmung. Es ist daher ratsam, bei Investitionen in Kryptowährungen Vorsicht walten zu lassen und sich umfassend zu informieren. Wir sehen es grundsätzlich als sinnvoll an, Portfolios breit zu diversifizieren und sich auf eine langfristige Anlagestrategie zu konzentrieren.

Welche Sektoren und Regionen nehmen Sie derzeit in den Fokus?

Anders als im letzten Jahr, wo quasi nur die Magnificent Seven gut gelaufen sind, sehen wir in diesem Jahr viele spannende Sektoren: Aktuell liegen beispielsweise die Versorger im S&P 500 vorn mit einem Zuwachs per Ende September von 31 Prozent. Sie sind eng gefolgt von IT-Titeln, die 30 Prozent zulegen konnten und Kommunikationsdienstleistern mit 29 Prozent. Aber auch Finanzdienstleistungen, Industriegüter und Basiskonsumgüter sind in diesem Jahr sehr gut gelaufen. So ist das Feld der erfolgreichen Unternehmen deutlich breiter als 2023 aufgestellt und es gibt viele spannende Unternehmen für aktive Manager – denn man sollte genau hinsehen, etwa bei den Bewertungen. Insgesamt liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis im S&P 500 derzeit bei 21, allerdings wird dies hauptsächlich von den Top 10 Aktien hochgetrieben. Diese sind mit einem Forward KGV von 30 nicht unbedingt günstig. Aber auch hier sollten Anleger unterscheiden, denn eine Aktie wie Nvidia zum 25-fachen Forward KGV finden wir weiterhin beispielsweise deutlich interessanter als Apple zum 30 Forward KGV. Die Top 10 Titel machen mittlerweile 36 Prozent des Indexgewichts aus – hier also auf diese Aktien zu verzichten ist nicht ratsam. Allerdings können wir wie beim JREU auf Einzeltitelebene Akzente durch kleine Über- und Untergewichtungen setzen, die auf unser fundamentales Research zurück greifen und so lassen sich unter anderem auch bei den Top 10 Aktien Zusatzerträge generieren.

Wie sehen Sie grundsätzlich die Vorzeichen für eine mögliche Jahresendrallye?

Die Unternehmensgewinne in den USA dürften weiter wachsen – vor kurzem haben wir für dieses Jahr unsere Prognose für die Unternehmen im S&P 500 von 12 auf 13 Prozent Gewinnwachstum angehoben. Der Trend für US-Aktien zeigt also weiter nach oben. Der Börsenindex S&P 500 hat in diesem Jahr bislang schon um 20 Prozent zugelegt. Das ist das Doppelte des langfristigen Durchschnitts. Auch wenn die Kursentwicklung vor allem von den „Glorreichen Sieben“ angetrieben wurde, ist auch mit einem Comeback vom Rest des US-Marktes zum Ende des Jahres zu rechnen.

Übrigens macht es langfristig kaum einen Unterschied, wann Anleger investieren, da der S&P 500 im Durchschnitt alle drei Wochen ein neues Rekordhoch erzielt. Und so zeigt sich über die letzten 30 Jahre, dass der Ertrag einer Investition – egal ob an einem beliebigen Tag oder an einem Rekordhochtag – ungefähr gleich ist. Wichtiger ist es daher, überhaupt in den Markt einzusteigen, und vor allem, auch in stürmischeren Marktphasen investiert zu bleiben. Kurzfristig kann es immer zu Schwankungen kommen, langfristig hat der US-Markt bisher aber stets die Tendenz, nach oben zu laufen.