15. Juni 2022
extraETF-Redakteur Thomas Brummer mit Olivier Paquier, Leiter des ETF-Vertriebsleiter von J.P. Morgan Asset Management.

Olivier Paquier (J.P. Morgan AM): "Aktive ETFs können Marktineffizienzen ausnutzen"

Aktive ETFs können durchaus für eine Überrendite sorgen, meint Olivier Paquier, ETF-Vertriebsleiter von J.P. Morgan AM, im Gespräch mit extraETF.com.

Als ETF-Anleger weisst du: In aller Regel bilden ETFs einen Index ab. Das ist definitiv so, muss aber nicht so sein. Denn es gibt auch aktive ETFs. Diese sind ebenfalls transparent, permanent handelbar und kostengünstig. Diese kombinieren also die grundsätzlichen Vorteile von ETFs mit einem aktiven Management. Wir haben Olivier Paquier, ETF-Vertriebsleiter von J.P. Morgan Asset Management, in London getroffen, um über aktive ETFs zu sprechen.

Herr Paquier, können Sie uns bitte zunächst erklären, was aktive ETFs sind, denn diese sind vielen Anlegern noch nicht vertraut?

Im ETF-Spektrum gibt es zwei Typen. Da gibt es den bekannten Ansatz des indexbasierten Investierens. Das wird im Allgemeinen als passiv bezeichnet. Auf der anderen Seite gibt es aber auch den aktiven Ansatz. Und auch hier wiederum gilt es zu unterscheiden. Im Prinzip lässt sich hier einerseits alles Subsummieren, was nicht nach der reinen Marktkapitalisierung ausgerichtet ist. Das können etwa Dividenden-Strategien sein, aber auch Faktoren wie Growth, Momentum oder Value. Dennoch bewegen wir uns hier innerhalb strikter systematischer Vorgaben. Die andere Art aktiver ETFs ist die komplette Abkehr vom Indexprinzip. Hier verabschieden wir uns von der Idee, lediglich einen Tracker auf einen Index haben zu wollen. Es geht also um aktive Investmentansätze auf der Grundlage eines fundamentalen Researchs und qualifizierter Fondsmanager.

Warum setzten Sie auf aktive Ansätze, wenn doch laut Studien passive Strategien meist die Nase vorn haben?

Es hängt vom Marktumfeld und den Kosten ab. Wir haben unser ETF-Geschäft im Jahr 2017 gestartet. Wir hätten also nur passive ETFs anbieten können. Da wir aber als ETF-Spät-Starter etwas mehr bieten wollten, haben wir auch aktive ETFs auf den Markt gebracht. Wir haben uns für die komplette ETF-Palette entschieden. Aktive ETFs sehen wir als echte Innovation an. J.P. Morgan Asset Management (oder kurz AM) ist ohnehin bekannt für sein aktives Management. Wir haben gute Einblicke in die Märkte und können dadurch gezielt in aktiven ETFs etwa einzelne Sektoren über- und untergewichten. So können wir bei Marktturbulenzen nachbessern. Auch in Sachen Nachhaltigkeit können wir mit aktiven ETFs sehr selektiv vorgehen.

Große Märkte gelten als effizient, so dass aktive Strategien doch kaum Chancen auf Überrenditen bieten. Was sagen Sie dazu?

Also zunächst halte ich es für sinnvoll, ein Portfolio aus aktiven und passiven ETFs aufzubauen. In gestörten Märkten, wie etwa zu Zeiten der Corona-Pandemie und sicher auch heute noch, ist aktives Investieren absolut sinnvoll. Aktive Investoren können Marktineffizienzen ausnutzen.

Das ist die Theorie – und wie sieht es in der Praxis aus?

Wenn die Märkte wieder anziehen, ist passives Investieren tendenziell stärker dabei, schließlich muss man hier nicht den richtigen Einstiegszeitpunkt erwischen, man war ja immer vollinvestiert. Das ist ein Vorteil passiver ETFs. Dennoch sollte man passive und aktive ETFs kombinieren. Denn selbst in großen Märkten lassen sich mit aktiven ETFs Überrenditen erzielen. Dazu kann ich Ihnen ein Beispiel geben. Seit Auflage unseres aktiven ETFs auf den MSCI World konnten wir eine jährliche Überrendite von einem Prozentpunkt nach Kosten erzielen. Wir haben also den Track-Record, der den Erfolg ausweist. Kunden erhalten also ein etwas ausgefeiltes Produkt, welches die Kosten rechtfertigt.

Tipp: Mit dem extraETF Finanzmanager kannst du deine Investments analysieren und dein Vermögen an einem Ort überwachen – einfach, schnell und sicher.

Damit sind wir bei den Kosten. Sind diese deutlich höher als bei passiven ETFs?

Die „Herstellungskosten“ sind ähnlich wie bei allen anderen ETF-Typen. Wir haben intern Kosten, dafür sparen wir uns jedoch etwa die Kosten für den Indexanbieter. Wir können auf unsere hauseigene Expertise und die Analysen des aktiven Managements zugreifen und es funktioniert. Also für Privatanleger sind die Kosten auch nicht höher als bei vergleichbaren passiven ETFs.