5. September 2016

Morningstar Sterne Rating: Überdurchschnittlich hohes Rating bei ETF-Produktpaletten

Vor kurzer Zeit veröffentlichte Morningstar die Ergebnisse seiner quartalsmäßigen ETF-Rating-Bilanz. Das Extra-Magazin sprach mit Ali Masarwah, Chefredakteur von Morningstar Deutschland, Österreich und die Schweiz über Details und Hintergründe der Untersuchung.

Morningstar stellte vor wenigen Tagen ihre jüngste Analyse der Rating-Bilanz der ETF-Anbieter vor: Was sind die wichtigsten Ergebnisse dabei auch im Vergleich zum vergangenen Quartalsbericht?

Generell fällt auf, dass die Qualität der Fondspaletten der allermeisten ETF-Anbieter überdurchschnittlich hoch ist. Maßstab dafür ist das Morningstar Sterne Rating, das eine relative Bewertung des Rendite-Risiko-Profils von Fonds und ETFs innerhalb einer Kategorie vornimmt. Die wichtigsten ETF-Anbieter kommen beim gleichgewichteten Rating durch die Bank auf durchschnittlich mindestens 3,2 Sterne; die meisten sogar auf 3,5 Sterne und mehr. Das ist deutlich mehr als das Durchschnitts-Rating einer Fonds-Kategorie von 3 Sternen. Unser Sterne-Rating ist ein relatives Bewertungs-Tool, das für alle Produkte einer Kategorie vergeben wird, egal, ob es sich um einen aktiv verwalteten Fonds, einen ETF oder einen nicht-börsennotierten Indexfonds handelt. Insofern lässt sich anhand eines ETF-Ratings sehr schnell erkennen, wo die passiven Vehikel Vorteile gegenüber aktiv verwalteten Produkten haben.

Die größten Anbieter erhielten dabei nicht immer die beste Bewertung. Welche Kriterien zogen Sie bei der Bewertung beim Morningstar Sterne Rating heran und wobei können die Großen von Emittenten wie Ossiam, Vanguard und PIMCO noch lernen?

Ich denke nicht, dass Anbieter wie iShares, db X-tracker oder Lyxor anfangen sollten, PIMCO oder Ossiam zu kopieren. Große, etablierte Player können nicht zu Nischenanbietern mutieren. Das bringt den Unterschied auf den Punkt: Ein Vollsortimenter hat den Anspruch, möglichst alle Marktsegmente mit Produkten abzudecken, ein Nischenanbieter tritt in der Regel nicht mit so einem Anspruch an. PIMCO packt seine aktiven Bond-Strategien in die Hülle von ETFs, Ossiam ist ein Spezialist für risikominimierende Strategien. Die lagen gegenüber kapitalisierungsgewichteten Indizes vorn. Aber es ist nicht zwangsläufig immer von Vorteil, mit speziellen Strategien anzutreten. Denn die werden nicht immer aufgehen. Läuft der Markt gegen einen derartigen Ansatz, dann kann das unter Umständen für einen Spezialanbieter ganz bitter sein.

Untersucht wurden im Morningstar Sterne Rating auch die Unterschiede passiver und aktiver Fonds aus dem gleichen Hause. Was waren hierbei die Ergebnisse?

Die Passiven haben im gleichgewichteten Rating fast überall besser abgeschnitten. Ausnahme ist Invesco, wo die aktiven Fonds einen Vorteil gegenüber den ETFs von Power Shares haben. Anders sieht es im kapitalgewichteten Rating aus. Hier haben in einzelnen Bereichen die aktiven Manager gegenüber den ETFs aus demselben Konzern die Nase vorn. Beispiele hierfür ist der Aktienbereich der Deutschen Asset Management oder das Bond-Management der UBS.

Gibt es aus Ihrer Sicht Erklärungen für das schlechtere Abschneiden aktiver Fonds?

Ich würde dafür ein Bündel an Faktoren aufführen. Zum einen sind die Kosten von aktiv verwalteten Fonds höher als von ETFs. Das belastet die Performance. Kosten sind ein entscheidender Faktor, wenn es um den künftigen Erfolg einer Kapitalanlage geht. Zum anderen sind manche Märkte sehr effizient und nur schwer von aktiven Managern zu übertreffen, denken Sie nur an den S&P 500, NASDAQ 100, STOXX 600 oder MSCI World. Es kann auch sein, dass aktive Manager aus bestimmten Gründen von den allgemein anerkannten Benchmarks abweichen. Zwei Beispiele: Viele aktiv verwaltete global anlegende Aktienfonds folgen bei der Gewichtung der USA bzw. des US-Dollar nicht dem MSCI World, der zu 60 Prozent aus US-Aktien besteht, sondern gewichten Europa über. Das hat in den vergangenen Jahren geschadet. Bei Rentenfonds wiederum waren in den vergangenen Jahren die meisten Manager tendenziell zu kurz auf der Durationsseite aufgestellt, weil sie das Zins *änderungsrisiko mindern wollten. Die Indizes werden dagegen immer länger, und die ETFs bilden das 1:1 ab. Auch hier hatten aktive Fonds das Nachsehen. Wobei wir hier wieder zu den Kosten kommen müssen: Aktiv verwaltete Rentenfonds sind angesichts der künftigen Renditechancen im derzeitigen Zinsumfeld eindeutig zu teuer. Das erkennen auch immer mehr Anleger, wie der derzeitige Run auf Bond-ETFs in Europa zeigt.

In einer weiteren Analyse untersuchte Morningstar die Fonds und ETFs nach ihrem Fondsdomizil. Wie waren hier die Ergebnisse insbesondere für in Deutschland aufgelegte Produkte, sind Trends hinsichtlich Veränderungen zu erkennen.

Nach Domizil betrachtet kommen die besten Fonds in Europa aus den Niederlanden, Dänemark, Finnland, Belgien, Schweden und Großbritannien. Bei den meisten dieser Märkte sind die Fondskosten traditionell tief bzw. sind in der jüngsten Zeit gesunken. Stichwort Niederlande und Großbritannien: Seit 2013 wurden dort Vertriebsfolgeprovisionen, also Kickbacks, verboten. Das hat die Performance-Chancen von Produkten aus diesen Ländern verbessert. In Deutschland und Österreich hat sich dagegen nichts geändert, und das macht sich beim Vergleich der Produktqualität bemerkbar. Interessanterweise sind die Kosten von aktiv verwalteten Fonds aus Deutschland gegen den europaweiten Trend in den vergangenen Jahren sogar seit 2013 gestiegen.