Mirva Anttila (Wisdomtree) über alle wichtigen Trends bei Kryptowährungen
Die Regulation von Kryptowährungen, der Ethereum Merge, Korrelation zum Aktienmarkt. All diese Themen haben wir mit Mirva Anttila (Wisdomtree) besprochen.
Bei Kryptowährungen tut sich derzeit einiges. Um bei den wesentlichen Themen auf den aktuellen Stand zu kommen, haben wir bei Mirva Anttila, Direktorin des Analysebereichs für digitale Vermögenswerte bei Wisdomtree, nachgefragt.
Frau Anttila, die Kryptowährungen werden immer mehr reguliert. Welche Hintergründe hat das, und welche Auswirkungen sehen Sie für Stable Coins?
Die Kryptomärkte waren bis vor kurzem weitgehend unreguliert. Insofern sehen wir die bevorstehende Regulierung von digitalen Vermögenswerten und Kryptowährungen positiv. Denn wir sind überzeugt, dass ein klarer regulatorischer Rahmen erforderlich ist, damit die Akteure die Regeln kennen und Anleger wissen, in was sie investieren. Das europäische Gesetz über Märkte für Krypto-Assets (MiCA) stellt einen globalen Präzedenzfall dar und wird voraussichtlich 2024 in der gesamten Europäischen Union in Kraft treten. Es konzentriert sich stark auf Stable Coins und fragmentierte nicht-fungible Token (NFTs).
Stable Coins sind an einen Referenzwert, in der Regel eine Fiat-Währung, gekoppelt. Nach dem neuen MiCA-Gesetzentwurf müssen Emittenten transparent nachweisen, dass ihre Stable Coins durch Bargeld oder bargeldähnliche, liquide Instrumente wie Staatsanleihen gedeckt sind. Handelspapiere sind nicht zulässig. MiCA schlägt auch vor, dass Inhaber von Stable Coins keinerlei Zinsen erhalten sollen. Darüber hinaus sollen zwei europaweit tätige Regulierungsbehörden befugt sein, einzugreifen und zusätzliche Anforderungen an Stable Coin-Emittenten zu stellen – die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA).
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Des Weiteren sieht der MiCA-Entwurf Beschränkungen für Stable Coins vor, die nicht auf Euro lauten, wenn sie in der Eurozone vermarktet werden. Diese Beschränkungen sollen ziemlich streng sein, da eine Begrenzung des Handels auf eine Million Transaktionen und 200 Millionen Euro Transaktionswert im Raum steht. Derzeit stehen Euro-Transaktionen für nur 0,5 Prozent des Handels mit Stable Coins. Das ist deutlich weniger als bei den weltweiten Swift-Zahlungen, bei denen der Euro 40 Prozent ausmacht. Bei weltweiten Devisenzahlungen sind es etwa 20 Prozent.
Ein anderes großes Thema ist der Ethereum Merge. Können Sie diesen bitte kurz erläutern?
Der Merge ist Teil eines Upgrades im Ethereum-Netzwerk und wurde am 15. September 2022 erfolgreich durchgeführt. Der Merge änderte die Art und Weise, wie Transaktionen in der Ethereum-Blockchain verifiziert werden. Der Prozess der Transaktionsvalidierung wurde von Proof-of-Work (PoW) auf Proof-of-Stake (PoS) umgestellt. Anstelle von Minern, die bei PoW um die Lösung komplexer mathematischer Probleme konkurrieren und als Belohnung Ether erhalten, werden die Transaktionen nun von Validierern genehmigt, die bereits Ether besitzen.
Für einen Investor schafft der Merge einen renditeträchtigen Vermögenswert, da Ether-Inhaber nun durch Staking und die Teilnahme am Netzwerkkonsens Belohnungen verdienen können. Ein weiteres Upgrade des Ethereum-Netzwerks wird die Freigabe von Ether sein, die zum Staking genutzt wurden und gegenwärtig noch nicht abgezogen werden können. Es ist zu erwarten, dass Ether zu einem deflationären Vermögenswert wird. Denn die Zahl der Ether, die pro Jahr neu ausgegeben werden, dürfte von vier bis fünf Prozent auf 0,5 Prozent sinken. Darüber hinaus wird laut dem Ethereum Improvement Proposal (EIP-1559) ein Teil der Gasgebühren (Transaktionsgebühren) dauerhaft aus dem Token-Angebot entfernt, was die deflationären Auswirkungen verstärkt.
Ein weiterer bedeutender Vorteil der Umstellung auf PoS sind bessere ökologische, soziale und Governance-Faktoren. Der Energieverbrauch des Ethereum-Netzwerks sinkt um über 99 Prozent, da keine Miner mehr benötigt werden. Dies dürfte die ESG-Bedenken der Investoren höchstwahrscheinlich zerstreuen.
Das Ethereum-Netzwerk muss jedoch noch weiter aufgerüstet werden, um potenziell hohe Transaktionskosten und eine mögliche Überlastung des Netzwerks bei hohem Datenverkehr zu beheben.
Noch bedeutender als Ethereum ist nach wie vor Bitcoin. Hierbei ist die Korrelation zum Aktienmarkt relativ hoch. Dürfte das auch in Zukunft so sein?
Tatsächlich hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass der Bitcoin-Preis stark mit der Geldmenge und der Entwicklung des Aktienmarktes, insbesondere des Nasdaq, korreliert. Wir erwarten, dass dies zumindest kurzfristig auch weiterhin der Fall sein wird.
Die Notenbanken setzen wieder auf höhere Zinsen. Welchen Einfluss hat das auf den Kryptosektor?
Wenn die Zentralbanken die Zinsen weiter anheben, wird dies unserer Meinung nach Druck auf die Preise von digitalen Vermögenswerten und Kryptowährungen ausüben. Denn der Wert dieser Assets liegt vergleichsweise weit in der Zukunft. Wenn die Zentralbanken umschwenken und wieder mit einer Lockerung der Geldpolitik beginnen, würde sich dies wahrscheinlich positiv auf die Preise von digitalen Vermögenswerten und Kryptowährungen auswirken.
Längerfristig halten wir es für möglich, dass Bitcoin unabhängiger von der Kursentwicklung des Aktienmarktes werden könnte. Denn die digitalen Zahlungssysteme entwickeln sich weiter. Generell sind wir der Ansicht, dass mit der Entwicklung neuer Anwendungen im Bereich der digitalen Vermögenswerte, die zur Lösung von Herausforderungen in der realen Welt beitragen, die Preise dieser Assets zunehmend die Vorteile widerspiegeln werden. Die Preise dürften dann nicht mehr nur durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden, wie dies heute der Fall ist.
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Kommen wir zum Schluss noch auf NFTs zu sprechen. Können Sie uns bitte darlegen, was sich dahinter verbirgt und welche Potentiale darin schlummern?
Bei nicht-fungiblen Token (NFTs) handelt es sich um einzigartige Dinge, die sich nicht ersetzen lassen. Sie unterscheiden sich von fungiblen Token wie zum Beispiel Fiat-Währungsmünzen, bei denen ein Token dem anderen gleicht. Die Eigentumsrechte an NFTs lassen sich auf einer Blockchain überprüfen.
Heute kommen die meisten NFTs in den Bereichen digitale Kunst, Sammlerstücke, Spiele, Mode und virtuelles Land im Metaversum auf den Markt. Auch die Lizenzierung von und das Fundraising für kreative Leistungen wie Bücher, Musik und Kunst mit Hilfe von NFTs wird immer beliebter. Obwohl wir an das Potenzial von NFTs glauben, sind wir der Meinung, dass bestimmte Eigenschaften der Branche geklärt und angegangen werden müssen, bevor sie wieder aufblühen kann. Dazu gehören die Rechte am geistigen Eigentum, die der Käufer mit dem Kauf eines NFT erhält. In vielen Fällen besitzt der Käufer keinerlei Rechte an dem gekauften Gegenstand, außer dem Recht, den Gegenstand privat auszustellen. Einige Emittenten von NFTs gewähren andere Rechte, aber diese Rechte sollten dem Käufer unserer Ansicht nach transparent erläutert werden.
Ein weiterer Bereich, der für Verwirrung sorgt, sind die Transaktionsgebühren. Diese variieren mitunter sehr stark und sollten dem Käufer unserer Meinung nach bekannt sein, bevor er ein NFT erwirbt.
Insbesondere sehen wir großes Potenzial für NFTs im Zusammenhang mit Marken und Communities. Denn hier können Unternehmen und Einzelpersonen neue Geschäftsmodelle schaffen, um Nutzer von Produkten und Dienstleistungen an den Umsätzen zu beteiligen. Darüber hinaus bieten NFTs auch großes Potenzial, wenn es darum geht, reale Gegenstände digital darzustellen.