Jan Altmann (ETC Group): "Ein Bitcoin-ETF würde einen enormen Effekt haben"
In der Krypto-Branche tut sich einiges. Jan Altmann, Direktor Investitionsstrategie bei der ETC Group, im Gespräch über Bitcoin und Co.
Herzlichen Glückwunsch, Sie haben mit der ETC-Group die 1-Milliarde-US-Dollar-Schwelle an verwaltetem Vermögen geknackt. Da kommen Ihnen die zuletzt gestiegenen Notierungen sicherlich entgegen?
Darüber freuen wir uns sehr. Das bedeutet, wir können unsere Produkte besser betreuen oder über neue Produkte für den Kryptomarkt nachdenken. Zusätzlich sind wir in der glücklichen Lage, dass unser Bitcoin-Produkt mit Auflage im Jahr 2020 auf Xetra, viele der Mittel (engl. Flows) anziehen konnte, die in Krypto-ETPs geflossen sind. So gesehen basiert nicht der Großteil der Entwicklung nur auf den Kursanstiegen. Zugleich verzeichnen wir einen Rekord bei den jemals verwalteten Coins in unserem Bitcoin-ETP.
Krypto-ETPs sind mit Gesamtkostenquoten von etwa 1,5 Prozent im Vergleich zu „konventionellen“ ETFs viel teurer. Können Anlegerinnen und Anleger mit Preissenkungen bei ETC Group-Produkten rechnen?
In Europa sind in Krypto-ETPs zwischen vier und fünf Milliarden Euro angelegt. Im Verhältnis zur Marktkapitalisierung des Krypto-Sektors von insgesamt einer Billion Euro ist das wenig. Gleichzeitig weist der Krypto-Sektor selbst nur ein Hundertstel der Marktkapitalisierung des Aktienmarktes auf. So gesehen befinden wir uns in einer kleinen Nische, die allerdings schnell wächst. Nach und nach entstehen Größenvorteile, die natürlich weitergegeben werden. Ausreichend Konkurrenz ist auch vorhanden. Aber die Krypto-Industrie steht bei ETPs noch vor einer weiteren Herausforderung.
Welche ist das?
Bei Krypto-ETPs arbeiten wir ausschließlich mit herkömmlich finanzmarktregulierten Partnern zusammen. Die Regulierung für die gesamteuropäische Branche im Rahmen von Market in Crypto Assets (MiCA) wird allerdings erst im Jahr 2024 ausgerollt. Zwar gibt es bereits erste Ansätze bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) und in der deutschen Gesetzgebung, doch die kann man bislang kaum einbinden in ein ETP, das auf konventionellen Börsen gehandelt wird. Daher verlassen wir uns auf konventionell marktregulierte Partner. Zudem leisten wir uns für unsere Kundinnen und Kunden ein zusätzliches Sicherheitsfeature, indem eine weitere Partei alle Transaktionen prüft, damit eine perfekte Balance zwischen ausgegebenen Anteilen und unterlegter Kryptowährung besteht. Und das sorgt in Summe – aufgebaut mit deutschem Domizil – derzeit noch für hohe Kosten.
Anlegerinnen und Anleger können bei Ihnen auf Wunsch ETP-Wertpapiere gegen Kryptowährung eintauschen. Was hat es damit genau auf sich?
Es besteht in unseren Produkten die Möglichkeit, sich die gehaltene Kryptowährung in die eigene Wallet transferieren zu lassen – auch für private Anleger. Das ist, neben der vollständigen Hinterlegung mit Kryptowährung, die Basis für eine günstige Steuerregelung: Sind diese beiden Bedingungen erfüllt, werden Krypto-ETPs wie Krypto-Besitz behandelt. Nach einem Jahr Krypto-Besitz sind Erträge für Anlegerinnen und Anleger mit deutschem Steuersitz steuerfrei zu vereinnahmen. Diese Möglichkeit der Ausschüttung bieten einige ETPs mit niedrigeren Kostenquoten übrigens nicht.
Ende 2022 erfasste eine große Pleitewelle die Krypto-Branche, das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger sank merklich. Obwohl die Community häufig Regulierung und staatliche Eingriffe scheut, hätte sie hier geholfen.
Absolut. Allerdings muss man unterscheiden, wo hier das Problem liegt. Denn die Pleitewelle war ja keine Folge der Blockchain-Technologie, sondern der Intermediäre – also der Plattformen. Anlegerinnen und Anleger investierten im Fall von FTX in ein Offshore-Unternehmen, was völlig unreguliert war, aber wie eine Bank hätte reguliert werden müssen. Es geht deswegen um vertrauensbildende Maßnahmen wie Sicherheit und Zuverlässigkeit. Beispielsweise sind alle unsere Kryptowerte in Cold-Storage-Einheiten ohne Zugang zum Internet verwahrt – bei einem regulierten Verwahrer wie BitGo. Das sorgt für Vertrauen und deshalb sind ETPs im Allgemeinen auch beliebt. Es sind Wertpapiere wie Xetra- und/oder Euwax-Gold.
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Im Markt heißt es häufig, dass deutsche Anbieter durch die Bafin-Regulierung ein zusätzliches Qualitätsmerkmal haben. Ist dem so oder drosselt die Regulierung die Wachstumsgeschwindigkeit der Branche?
Klar ist das nicht immer einfach. Der Markt ist für die Bafin relativ neu und schwer fassbar, da es sich bei Kryptowährungen nicht unbedingt um Wertpapiere handelt. Ich muss allerdings klar festhalten, dass wir in Deutschland und der Schweiz regulatorisch – auch mit der Aufsichtsbehörde – weiter sind als in vielen anderen Ländern; die USA eingeschlossen. Ich denke nicht, dass Regulierung dem Marktwachstum entgegensteht – im Gegenteil. Regeln sorgen für ein klar definiertes Spielfeld, in dem sich die Markteilnehmerinnen – und -teilnehmer bewegen können. Das schafft Sicherheit und Wachstum.
Sie haben derzeit sieben Krypto-ETPs im Angebot, zwei wurden geschlossen. Wie kam es dazu?
Tatsächlich haben wir die ETPs auf Polygon und Polkadot per September 2023 geschlossen, weil sie nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben waren. Der Fokus liegt bei uns allerdings eindeutig auf Bitcoin, Ethereum und unserem Basket-ETP mit 20 verschiedenen Kryptowährungen in einem Produkt.
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Der Antrag für einen Bitcoin-ETF wird in den USA derzeit noch geprüft. Welchen Einfluss hätte ein solches Produkt auf den Markt?
Mit Sicherheit wird das einen enormen Effekt haben. Die Vorboten zeigen sich immer dann, wenn es Neuigkeiten zum Zulassungsprozess gibt. Dann zucken die Krypto-Notierungen doch merklich. Klar, würden beispielsweise nur drei Prozent des ETF-Volumens in den USA in einen Krypto-ETF fließen, dann entspricht das ungefähr einem Drittel der gesamten Bitcoin-Marktkapitalisierung von derzeit etwa 750 Milliarden US-Dollar. Und genau das weiß ja auch die US-amerikanische Börsenaufsicht (SEC). Hier schließt sich allerdings wieder das Thema Regulierung an: Denn momentan gibt es in den USA keine einzige regulierte Krypto-Wertpapierbörse. Also gibt es keine offiziellen Preise für Kryptowährungen, sagt die Aufsicht. So könnte die SEC auch nicht ihrer Funktion als Aufseher für diesen ETF nachkommen. Zudem war es ETFs bislang nicht erlaubt, direkt in Kryptowährung zu investieren. Auch dieser Zugang erfordert eine Genehmigung der SEC.
Bedeutet aber auch, dass die SEC den Genehmigungsprozess beliebig lange hinaus zögern kann.
Ja, daher kann es eventuell zu einer politischen Entscheidung kommen, ob die Produkte eingeführt werden oder nicht. Ich halte es nicht für 100 Prozent sicher, dass die ETFs im Frühjahr kommen. Aber wenn ja, dann werden wahrscheinlich alle ETF-Anträge auf einmal genehmigt, um den Markt nicht zu verzerren. Aber tatsächlich gibt es das ja alles schon in Europa, wenn Sie so wollen.
Nur, dass es sich bei ETPs nicht um Fonds handelt.
Wir dürfen es nicht Fonds nennen, weil es rein rechtlich keiner ist, aber es ist eine ähnliche Konstruktion zur Verwaltung der Vermögenswerte hinter diesem ausgegebenen Wertpapier. So wie bei Gold-ETCs. In Europa ist ein dem Krypto-ETF ähnliches Produkt also bereits verfügbar.