Etienne Vincent (Ossiam) über extrem nachhaltige ETFs
Artikel-9-ETFs sind besonders nachhaltige ETFs. Etienne Vincent, Leiter Quantitative Strategien und Marketing beim französischen Investmentspezialisten Ossiam, im Interview.
Herr Vincent, Sie haben kürzlich besonders nachhaltige ETFs auf den Markt gebracht. Können Sie uns diese bitte kurz vorstellen?
Die neuesten ETFs von Ossiam orientieren sich an den Zielen des Pariser Klimaabkommens und stehen im Einklang mit Artikel 9 der EU-Verordnung zur Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (SFDR). Die passiven PAB-Strategien bevorzugen Unternehmen mit zertifizierten, wissenschaftlich fundierten Treibhausgasreduktionszielen und schließen Unternehmen aus, die den Umweltzielen wesentlich schaden („Do No Significant Harm“-Konzept). Hinzu kommen Basis-Ausschlüsse.
Das bedeutet, dass sie darauf abzielen, den Temperaturanstieg auf unter 2°C und möglicherweise unter 1,5°C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um dies zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Basisjahr 2020 um mindestens 50 Prozent und von da an jährlich um 7 Prozent reduziert werden.
Was genau ist mit den sogenannten Artikel-9-ETFs gemeint?
Artikel 9-Produkte sind eine der drei Produktkategorien der Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (SFDR). Die SFDR ist eine EU-Verordnung, die für Investoren mehr Transparenz darüber schafft, inwieweit Finanzprodukte ökologische und/oder soziale Aspekte berücksichtigen. Im Mittelpunkt der Offenlegungspflicht stehen Nachhaltigkeitsrisiken und wesentliche nachteilige Auswirkungen (Principal Adverse Impacts, PAI). Je nachdem, inwieweit Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden, werden Produkte in Kategorien eingeteilt. Produkte nach Artikel 9 werden am höchsten eingestuft, da sie ein nachhaltiges Anlageziel haben.
Ihre neuen ETFs zielen auch auf die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens ab. Was besagt dieses Abkommen?
Das Pariser Klimaabkommen ist eine Vereinbarung aus dem Jahr 2015 zwischen mehr als 150 Ländern, die darauf abzielt, die globale Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter 2 Grad Celsius und nach Möglichkeit auf unter 1,5 Grad zu begrenzen. Darüber hinaus wurden Wege zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels vereinbart. So werden die Entwicklungsländer von der internationalen Gemeinschaft bei der Bewältigung der klimawandelbedingten Schäden technisch und durch Wissensaufbau unterstützt. Mit dem PAB haben sich erstmals fast alle Staaten der Welt nationale Klimaschutzziele gesetzt und sind völkerrechtlich dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zu ergreifen.
Verlieren ETFs, die sich auf diese Weise ausrichten, nicht auch erheblich an Diversifizierung?
Derzeit ist der Tracking Error zwischen den PAB-Indizes und den traditionellen Market-Cap-Indizes begrenzt, was die Umstellung möglich macht. Wenn die Aktien die erforderliche schrittweise Verringerung bis 2050 nicht einhalten, wird sich das Spektrum verkleinern und der Tracking Error im Vergleich zu den heute üblichen Benchmarks steigen. Ziel der europäischen Regulierung ist es jedoch, die Referenzwerte so zu ändern, dass das Pariser Abkommen zur natürlichen Referenz wird.
Tipp: Hier findest du weitere nachhaltige ETFs. |
Welche anderen Trends sehen Sie im Bereich der Investitionen neben der Nachhaltigkeit?
Die Märkte erlebten in der jüngsten Vergangenheit ein bemerkenswertes Comeback von Value-Investing und Sektorrotation. Steigende Zinssätze und Inflation sowie Marktturbulenzen spielten dabei eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang hat sich unser Flaggschiff, die Shiller Cape-Strategie, gut entwickelt. Ihre aktuelle wertorientierte Positionierung stößt bei den Anlegern auf Interesse. Sie zeichnet sich auch durch die Integration von Nachhaltigkeit aus. Wir gehen davon aus, dass das Marktumfeld wertorientierte Strategien weiter unterstützen wird, da die wirtschaftliche und politische Volatilität und Unsicherheit hoch bleiben werden.