23. November 2021
ETF-Expertin zur Zukunft der Geldanlage: Aktien-ETFs bleiben das Mittel der Wahl

ETF-Expertin zur Zukunft der Geldanlage: Aktien-ETFs bleiben das Mittel der Wahl

Rebecca Chesworth, Head of Equities & Sectors bei State Street Global, erzählt uns im Interview, wie Anlegerinnen und Anleger mit Themen wie Inflation und Güter-Knappheit umgehen können und warum Aktien-ETFs auch in Zukunft das Mittel der Wahl zur Geldanlage bleiben. 

Mrs. Chesworth, wir leben derzeit in schwierigen Zeiten. Die Corona-Krise und die Inflation beunruhigen die Menschen auf der ganzen Welt. Viele befürchten, dass der nächste Börsencrash vor der Tür stehen könnte. Glauben Sie, dass es immer noch ein guter Zeitpunkt ist, in ETFs zu investieren?

ETFs decken so viele verschiedene Möglichkeiten zur Geldanlage ab, dass sie immer eine attraktive Möglichkeit darstellen! Der Anlagehintergrund ist jetzt unsicherer, aber wir glauben, dass die Aktien weiterhin von den Gewinnprognosen unterstützt werden, die durch die anhaltende Wiedereröffnung vorangetrieben werden. Anleger sind nach wie vor bereit dazu, jede Kursdelle zu kaufen, so dass eine gute Liquidität auf dem Markt vorhanden ist. Dennoch sind wir uns der Risiken für Wachstum und Stimmung bewusst. Zu den Faktoren, die wir jetzt in Betracht ziehen, gehören das Engagement in China (das zwar immer noch ein Wachstumsmotor für viele Märkte ist, aber zunehmend ein regulatorisches Risiko darstellt), steigende Inputkosten und die Geschwindigkeit des Tapering. Anlegerinnen und Anleger müssen also wählerisch sein.

Wir haben viel über leere Regale und Benzinknappheit in UK gehört, und teilweise ist das auch ein Problem in der EU. Viele Menschen sorgen sich nicht nur um ihre Weihnachtsgeschenke, sondern auch darum, dass diese Engpässe zu noch höheren Preisen führen könnten. Wie wird sich dies auf Privatanleger auswirken und was sollten sie tun?

Ob vorübergehender Druck oder nicht, diese inflationäre Phase dauert länger an, als die meisten Kommentatoren erwartet haben. Sie ist zu einem Schlüsselthema für alle Anleger geworden. Es gibt Möglichkeiten, davon zu profitieren, indem man Anlagen in Betracht zieht, die in inflationären Zeiten traditionell eine bessere Performance erzielt haben. Sie könnten zum Beispiel Sektoren mit einer höheren positiven Inflationsanfälligkeit ins Auge fassen. Das sind traditionell die Branchen Energie und Finanzwerte, gefolgt von den zyklischen Sektoren Industrie und Werkstoffe. Defensive Sektoren hingegen können Preiserhöhungen nur schwer weitergeben und schneiden in inflationären Zeiten relativ schlecht ab, wofür Basiskonsumgüter ein gutes Beispiel sind.

Glauben Sie, dass uns dieses Problem noch jahrelang begleiten wird, oder gibt es ein „Licht am Ende des Tunnels“, insbesondere im Hinblick auf die Inflation?

Dies scheint sicherlich ein Dauerthema zu sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, ob sich das Verbraucherverhalten und das Tempo der Lohnerhöhungen ändern werden, da dies wieder neue Auswirkungen haben wird.

Wie könnten Anleger ihre Geldanlage derzeit absichern? Sind Sie der Meinung, dass Anleihen oder Rohstoffe eine gute Ergänzung sind oder vielleicht sogar Kryptowährungen?

In einem unsicheren Umfeld hilft es sehr, die Portfolios zu diversifizieren. Für einige Anlegerinnen und Anleger werden Kryptowährungen eine Wahl sein. Aber bei State Street Global glauben wir, dass es genügend Möglichkeiten mit den unterschiedlichsten Aktien gibt, wie z. B. in den oben genannten Sektoren, die von steigenden Preisen profitieren können.

Um eine gewisse Sicherheit zu bieten, ist die Investition in einen Sektor oder einen regionalen Index der erste Schritt, um das idiosynkratrische Aktienrisiko zu verringern. Weitere wichtige Punkte sind verschiedene Renditetreiber oder Risikopositionen (leicht zu erreichen durch Sektoren, aber auch durch unterschiedliche Regionen wie etwa Japan), die Entscheidung für eine geringere Korrelation der Wertentwicklung zwischen den Fonds und die Diversifizierung der Größe (wie bei Mid-Cap-Aktien).

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Viele Anleger scheinen sich derzeit für die Schwellenländer zu interessieren. Ist es wirklich der richtige Zeitpunkt für eine solche Investition, obwohl viele dieser Länder eine sehr hohe Inflationsrate haben?

Wir sind der Meinung, dass die Schwellenländer langfristig viele Vorteile bieten, und gehen davon aus, dass das Wachstum weiterhin höher sein wird als in anderen Regionen. Angesichts des starken Dollars, der langsameren Erholung von den COVID-Sanktionen und der Unsicherheit in Bezug auf die chinesische Politik gibt es jedoch viele Faktoren, die uns kurzfristig vorsichtig machen.

Rebecca Chesworth, Head of Equities & Sectors bei State Street Global
Rebecca Chesworth, Head of Equities & Sectors bei State Street Global

Wie würde sich eine langanhaltende Inflation auf State Street Global Advisors auswirken und was raten Sie besorgten Kunden? Gibt es im Vergleich zur Zeit vor der Krise mehr Ratsuchende?

Während die Inflation den realen Wert von Vermögenswerten schmälern kann, haben sich Aktien in Zeiten moderater Inflation (bis zu 5 %) traditionell gut entwickelt, und bei Aktien gibt es Möglichkeiten, stärker zu profitieren.

Die Zentralbanken stehen unter großem Druck, ihre geldpolitische Lockerung durch eine Reduzierung der Ankäufe von Vermögenswerten einzuschränken. Außerdem könnte es im Laufe des nächsten Jahres zu Zinserhöhungen kommen. In diesem Umfeld werden die Anlegerinnen und Anleger wahrscheinlich Aktien gegenüber der festverzinslichen Geldanlage bevorzugen. Es gibt bereits viele Fragen zur Vermögensallokation.

Wenn Sie auf die letzten drei Monate zurückblicken, konnten Sie irgendwelche Veränderungen in der Art und Weise feststellen, wie die Menschen investieren? Ist Nachhaltigkeit immer noch der größte Trend?

Fast die Hälfte der Nettozuflüsse in alle in Europa domizilierten ETFs in diesem Jahr sind auf ESG-bezogene Produkte entfallen. Neben den allgemeineren Best-in-Class- und Ausschlussfonds hat sich dieser Trend auch auf Umweltthemen wie Klimawandel, Umwelt und kohlenstoffarme Spezialitäten ausgeweitet. In den letzten Monaten wurden diese Themen durch die Diskussionen rund um die jüngste COP26 gefördert.

Was sind Ihre Aussichten für das neue Jahr? Sehen Sie irgendwelche neuen Trends und warum?

Der Ausblick von State Street Global Advisors für das Jahr 2022 spricht für einen weiteren Anstieg der Aktienkurse, ist aber vorsichtiger als zu Beginn der wirtschaftlichen Erholung.  Wir glauben, dass das Investitionsumfeld insgesamt konstruktiv bleibt, unterstützt durch ein gutes Ertragswachstum und hohe Liquiditätsbestände, was sich in der jüngsten Berichtssaison bestätigt hat. Die Anleger müssen jedoch die reduzierten globalen Wachstumsprognosen im Auge behalten. Chancen werden sich aber weiterhin ergeben. Zweifellos werden die Zinssätze und Branchen wie Banken, die davon profitieren könnten, im Mittelpunkt stehen. Wir gehen davon aus, dass der Trend zur umweltbewussten Geldanlage weiter zunehmen wird. Und es ist leicht vorhersehbar, dass die Blockchain und die Möglichkeiten, die sie eröffnet, weiterhin ein wichtiges Thema sein werden.

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