21. Dezember 2024
Große Herausforderungen: Wie geht es weiter mit der deutschen Autoindustrie?

Große Herausforderungen: Wie geht es weiter mit der deutschen Autoindustrie?

Die deutsche Autoindustrie stand schon einmal besser da. Geht der Abgesang weiter oder bestehen noch Chancen auf eine Kehrtwende?

Schlüsselsparte und Rückgrat der Wirtschaft, das waren jahrzehntelang die Begriffe, wenn es um die deutsche Autoindustrie ging. Doch gilt das noch und wie bedeutend ist der Zweig noch? Ja, die deutsche Autobranche trägt immer noch erheblich zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. „Im Jahr 2023 belief sich die Bruttowertschöpfung der deutschen Automobilindustrie auf rund 127,8 Milliarden Euro, was etwa 4,5 Prozent des deutschen BIP entspricht. Diese Zahl unterstreicht die wirtschaftliche Bedeutung der Branche. Neben der direkten Produktion von Fahrzeugen ist die Zuliefererindustrie ein kritischer Bestandteil der Wertschöpfungskette, die nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zahlreiche Arbeitsplätze schafft“, sagt Jens Klatt, Analyst beim Online-Broker XTB.

Insgesamt seien rund 2,2 Millionen Menschen in der Automobilwirtschaft in Deutschland beschäftigt, das sind etwa sieben Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Diese Zahl schließt neben der eigentlichen Herstellung noch den Handel und Dienstleistungen ein, aber auch den Aftermarket, also Reparatur und Wartung von Fahrzeugen sowie den Verkauf von Ersatzteilen. 

Die Entwicklung der deutschen Autoindustrie seit Corona

Die Corona-Pandemie war für den Autosektor herausfordernd. Denn sie führte weltweit zu Störungen in den Lieferketten und aufgrund von Unsicherheiten zu einem Rückgang der Nachfrage. Ganze Produktionsstätten mussten in der Folge zeitweise schließen. „2022 war zwar ein gewisser Erholungseffekt zu beobachten, als die Produktion wieder anlief, allerdings wurde die Branche durch die Lieferengpässe speziell im Bereich Halbleiter und durch steigende Materialkosten erneut stark belastet“, meint Klatt. „Ab 2023 musste sich die Automobilbranche dann mit einem rückläufigen Absatz, insbesondere im chinesischen Markt, auseinandersetzen, wo die Nachfrage nach Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren deutlich abnahm. Gleichzeitig wurde die Konkurrenz aus China, vor allem im Bereich der Elektromobilität, stärker, nicht nur in China selbst, sondern auch in Europa und in Deutschland.“

Wie wirkt sich Trump aus?

Am 20. Januar wird Donald Trump als 47. US-Präsident vereidigt. Hier könnten nach Ansicht Klatts weitere dunkle Wolken aufziehen. „Die vom künftigen Präsidenten Donald Trump während des Wahlkampfs angedeuteten Importzölle könnten erhebliche Auswirkungen in Form höherer Produktionskosten auf die deutsche Autoindustrie haben: Importzölle zwischen 10 bis 20 Prozent würden Preise deutscher Fahrzeuge in den USA erheblich erhöhen und könnten dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt beeinträchtigen“, erläutert Klatt.

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Um das zu vermeiden, könnten deutsche Autobauer Standorte in die USA verlagern. „Dies würde nicht nur zusätzliche Investitionen bedeuten, sondern könnte auch zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen und Know-how aus Deutschland in die USA führen“, so Klatt. Darüber hinaus könne die sowieso schon arg gebeutelte deutsche Autoindustrie weiter unter Druck geraten, da ein Rückgang der Exporte zu weiteren wirtschaftlichen Einbußen führen würde – als ob der schwierige Stand der Industrie auf dem chinesischen Markt sie nicht schon zu Genüge belasten würde. 

Zu wenig Innovation

Der XTB-Analyst führt ebenfalls die fehlende Innovationskraft in Software-Fragen ins Feld: Die deutsche Automobilbranche sei oft als „Scherbenhaufen“ im Bereich Software bezeichnet worden – und gerade dieses Segment spiele eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen und damit verbundener Mobilität. Zudem seien die Markenpositionierung und Kostensenkungen entscheidend; nicht selten gab es – wohlgemerkt berechtigte – Kritik an der mangelnden Anpassung der Markenstrategie der deutschen Autobauer und der zu langsamen Umsetzung von Kostensenkungen, um im globalen Wettbewerb, besonders mit der chinesischen Konkurrenz, zu bestehen. 

Das sind die Turnaround-Chancen für die Autoindustrie

Ganz schön viele negativen Aspekte aus Sicht der hiesigen Autobauer und deren Angestellte. XTB-Mann Jens Klatt zeichnet ein Szenario für die Trendwende:

Punkt 1: Starker Fokus auf E-Mobilität und Innovation 

Hierzu zählen massive Investitionen in Batterietechnologie, Software und auch den Bereich autonomes Fahren – sie könnten die Wettbewerbsfähigkeit international steigern. Eine stärkere Integration von Zulieferern in den Innovationsprozess könnte ebenfalls hilfreich sein.  

Punkt 2: Strategische Partnerschaften

In diesem Feld liegt ein besonderer Fokus auf Kooperationen mit Technologiefirmen oder Start-ups, welche die Innovationskraft der deutschen Automobilbranche wieder ankurbeln könnten.

Punkt 3: Regulierung und Subventionen 

Auch politische Unterstützung durch Subventionen für E-Autos und Schutzmaßnahmen gegen Dumpingpreise aus China seien eine Option, den Markt zu stabilisieren. Schließlich geht es darum, dass die deutsche Automobilindustrie vor der Herausforderung steht, besonders im Bereich E-Mobilität konkurrenzfähig zu bleiben und hier neben Tesla ganz besonders mit Blick auf die Konkurrenz aus China. 

Auto-ETF für hoffnungsvolle Anleger

Die Herausforderungen sind groß, dennoch gibt es noch Chancen. Wer auf den europäischen Automobilsektor setzen möchte, kann sich einen breit streuenden ETF näher ansehen. Hier ein Investitionsbeispiel: