Schlechte Nachrichten für Neobroker: Payment for Order Flow soll verboten werden
Die Europäische Union (EU) macht Neobrokern einen Strich durch die Rechnung. Steht das Neobroker-Geschäftsmodell sogar auf dem Spiel?
Der 29. Juni 2023 ist kein guter Tag für die Neobroker und möglicherweise auch am Ende für ihre Kundschaft. Es war immer wieder Thema und jetzt ist es nach übereinstimmenden Medienberichten wohl Fakt: Das sogenannte Payment for Order Flow soll im Jahr 2026 verboten werden. Die EU-Staaten haben sich über diesen Schritt verständigt. Das würde das Geschäftsmodell der Neobroker massiv beeinträchtigen. Denn mit Payment for Order Flow ist in der Praxis gemeint: Börsenbetreiber zahlen Neobrokern Geld, wenn diese ihren Handel über sie betreiben, häufig ist dann auch von sogenannten Rückvergütungen die Rede.
„Die Entscheidung, die im Trilogue zu MiFIR/MiFID hinsichtlich eines Payment-for-order-flow-Verbots (PFOF) gefallen ist, ist aus unserer Sicht die falsche. Sie steht nicht im Einklang mit den Zielen der Kommission, neue Möglichkeiten für Sparer und Anleger zu schaffen, sondern dient vor allem den Akteuren, die Wettbewerb auf den Kapitalmärkten verringern und mit hohen Gebühren ihr Bestehen sichern wollen“, heißt es in einer Erklärung des Neoborkers Scalable Capital.
Um ein Beispiel zu geben: Trade Republic wickelt die Transaktionen seiner Kunden über die Börse LS Exchange ab. Und genau dafür fließt eine Provision an den digitalen Broker. Trade Republic selbst erhebt von seinen Kunden lediglich eine Fremdkostenpauschale von einem Euro, ETF-Sparpläne sind komplett kostenlos. Ähnlich geht Scalable Capital vor. So nimmt der Anbieter wahlweise 0,99 Euro pro Trade – oder man kann ohne Ordergebühren traden, wenn man Monatsabos von 2,99 Euro oder 4,99 Euro abschließt. Es gibt sogar Neobroker, die aufgrund ihres bisherigen Geschäftsmodells selbst bei konventionellen Transaktionen – also nicht im Rahmen eines Sparplans – keine Gebühren erheben. Das gilt etwa bei Finanzen.net Zero und Justtrade.
Ist das Geschäftsmodell der Neobroker am Ende?
Sollten die Vorhaben der EU tatsächlich umgesetzt werden – und davon ist nach aktuellem Stand auszugehen – ist der Geschäftsmodell der Neobroker beeinträchtigt. Aufgrund der dennoch schlanken Organisationsstruktur und des hohen Digitalisierungsgrads dürften Neobroker aber immer noch unschlagbar günstig bleiben. Möglicherweise müssen wir uns aber von der „Komplett-Kostenlos-Kultur“ verabschieden. „Ein PFOF-Verbot wird zu steigenden Kosten für viele Anleger:innen führen“, ist man sich bei Sclabale Capital sicher. Modelle wie Finanzen.net Zero oder Justtrade könnten es also schwer haben, bei Trade Republic erhebt man bereits eine Fremdkostenpauschale und bei Scalable Capital gibt es sogar ein Abomodell. Die Zeit wird zeigen, wohin die Reise geht. Ohnehin haben die Broker jetzt noch drei Jahre Zeit, sich Gedanken zu machen über ihr künftiges Geschäftsmodell, denn das Verbot kommt schließlich erst 2026. „Wir erarbeiten in den entsprechenden Fristen eine Lösung für alle europäischen Märkte. Vorerst ändert sich für unsere Kundinnen und Kunden in Deutschland nichts“, so Scalable Capital.
Autor Thomas Brummer
Thomas Brummer war bereits für das Anlegermagazin "Der Aktionär" und das Verbraucherportal biallo.de tätig. Zudem hospitierte er in der Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Mitglied der Redaktion und seit 2020 als stellvertretender Chefredakteur für das Anlegerportal extraETF.com und das Extra-Magazin verantwortlich.
N26 hat sein Wertpapierangebot ausgebaut. Wir haben bei Fintech-Experten Sebastian Hasenack, Leiter Online Vermögensverwaltung von DJE Kapital, nachgefragt.