30. August 2022
Rentenreform noch in diesem Jahr: Kommt die Aktienrente für Deutschland?

Rentenreform noch in diesem Jahr: Kommt die Aktienrente für Deutschland?

Im Koalitionsvertrag festgehalten rückte die Rentenreform angesichts der Dauerkrise in den vergangenen Monaten in den Hintergrund. Doch die Regierung plant erste Schritte schon in diesem Jahr – kommt die Aktienrente?

Rente und das unangenehme Thema Altersarmut gehören eigentlich zu den wichtigsten Themen, die die neue Regierung während ihrer ersten Legislaturperiode angehen wollte. Dann kam zur fortwährenden Coronakrise jedoch der Krieg in der Ukraine, die darauffolgende Energiekrise und die explodierende Inflation. Doch vergessen ist das Thema nicht. „Das Ziel muss es sein, die Aktienrente noch dieses Jahr auf den Weg zu bringen“, sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Stephan Thomae vergangene Woche gegenüber der Augsburger Allgemeinen.

Vorbild Schweden

Dass die Riesterrente vorerst bleibt, ist bereits klar. „Die Riesterrente ist nicht reformierbar. Daran haben sich schon viele Regierungen versucht“, so die Chefin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Ramona Pop. Kritik an Riester gibt es schon lange: Zu teuer und nicht rentabel.

Ein Rentenpaket II sollte laut Hubertus Heil von der SPD dennoch noch 2022 in Kraft treten. Mit diesem Paket soll vor allem das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft gesichert werden.

Hinzu soll eine Reform der privaten Vorsorge kommen – mittels eines öffentlichen Fonds. In skandinavischen Ländern gibt es das bereits. Der norwegische Staatsfonds wird von vielen als Vorbild gesehen, konnte zuletzt aber nicht überzeugen. Nun kommt Schweden als Vorbild ins Spiel. „Dort müssen Arbeitnehmer neben ihrem Beitrag zu einer umlagefinanzierten Rentenversicherung (derzeit 16 Prozent) als Anleger einen weiteren Beitrag (derzeit 2,5 Prozent) in Kapitalmarktfonds investieren. Anders als bei der Riester-Rente in Deutschland ist die Anlage in einen Kapitalmarktfonds hier verpflichtend“, so ein Gutachten des Finanzministeriums. Der Vorteil: Unabhängig von den individuellen Beiträgen in die Rentenkasse kann jeder auf diese Weise zusätzliche Auszahlungen erhalten. Doch ob eine Verpflichtung auch für Deutschland in Frage kommt, ist noch ungeklärt.

Gemischte Reaktionen

Die Idee stieß schon nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags auf gemischte Reaktionen. Vor allem Gewerkschaften kritisieren eine mögliche Aktienrente und die Vorschläge zu einer höheren Kapitaldeckung scharf. Sie sehen das Problem insbesondere darin, dass man Geringverdiener so noch zusätzlich den unsicheren Finanzmärkten aussetzen würde.

Auch Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, sieht Nachholbedarf seitens der Regierung. Dabei geht es insbesondere um die geplanten 10 Milliarden Euro, die in die kapitalgedeckte Rente fließen sollen. Im Interview mit Capital sagte sie hierzu: „Im Koalitionsvertrag steht der Betrag von 10 Mrd. Euro für 2022. Das Haushaltsvolumen der Rentenversicherung liegt aber bei rund 340 Mrd. Euro, der größte Posten sind die Rentenzahlungen. Es braucht also insgesamt einen sehr viel größeren Umfang, wenn hier auf Dauer nennenswert entlastet oder umgeschichtet werden soll.“

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Finanzierung noch unklar

Noch sind viele Fragen bezüglich der Rentenreform offen, einen klaren Fahrplan gibt es bislang nicht. Ob etwa das Geld, das in den Fonds fließen soll, aus bisherigen Rentenzahlungen abgezwackt wird oder die Beiträge steigen, ist unklar. Das ifo-Institut schlug daher vor, die Mittel über Staatsanleihen zu finanzieren. Beim wissenschaftlichen Beirat des Finanzministeriums stieß diese Idee auf Zustimmung. Finanzminister Christian Lindner will noch in diesem Jahr ein Konzept für die Aktienrente vorlegen. Man arbeite gegenwärtig an den Eckpunkten.