29. April 2022
Rahul Bhushan (Rize): Die Biorevolution wird auch für Anleger ein großes Thema

Rahul Bhushan (Rize): Die Biorevolution wird auch für Anleger ein großes Thema

Rahul Bhushan, Mitgründer es ETF-Anbieters Rize ETF, hat uns im Interview erzählt, warum er die Biorevolution für wichtiger als die Internetrevolution hält und wie Anleger mit dem Rize Sustainable Future of Food ETF schon jetzt daran teilhaben können.

Herr Bhushan, mit dem Rize Sustainable Future of Food ETF sind Sie schon länger am Markt. Wie wurde der ETF von Ihren Kunden vor der aktuellen Situation angenommen?

Der ETF wurde sehr gut angenommen. Wir haben den Fonds im September 2020 aufgelegt, und in etwa 18 Monaten bis April 2022 konnte er ein verwaltetes Vermögen von rund 300 Millionen US-Dollar aufbringen. Für diese Entwicklung gibt es meines Erachtens zwei Gründe. Erstens ist die Erkenntnis gewachsen, dass unser Lebensmittelsystem dringend umgestaltet werden muss. Zudem wollen – und davon bin ich überzeugt – zweckorientierte Investoren zunehmend Kapital für dieses Ziel bereitstellen.

Zweitens sagen uns Anleger, dass sie mit unserem ETF endlich ein Investmentprodukt haben, das aufgrund seines von Experten geleiteten Charakters Greenwashing vermeidet. Und damit meine ich nicht Finanz-Experten, sondern Experten für Klimawissenschaft. Das ist ein großer Unterschied zu einigen der aktiv verwalteten Strategien, die in Europa verkauft werden.

Wo sehen Sie den größten Unterschied?

Ich habe festgestellt, dass alles, angefangen von Rinderfarmen und Fischfarmen, kommerziellen Fischereibetrieben und Fleisch- und Molkereibetrieben bis hin zu Supermärkten, Lebensmittellieferanten und Fast-Food-Restaurants, in so genannten „nachhaltigen“ Lebensmittelfonds enthalten ist, die von aktiven Managern verwaltet werden. Das ist für mich schockierend.

Ehrlich gesagt bin ich überrascht, wie lange die Vermögensverwaltungsbranche mit einem solchen Ansatz durchgekommen ist. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass keiner dieser Wirtschaftszweige mit dem von uns dringend benötigten Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft der Ernährung vereinbar ist. Unsere Bestürzung hinsichtlich der Qualität dieser Anlageprodukte hat uns dazu veranlasst, unseren ETF ins Leben zu rufen und die Resonanz war bisher ausgezeichnet.

Was war damals der Hauptgedanke hinter dem ETF? Gerade beim Thema Ernährung und neuen Formen von Ernährung scheint es ja immer noch zwei sehr gegensätzliche Lager zu geben, die Zielgruppe für den ETF scheint also von vornherein sehr spitz gewesen zu sein?

Wir wollten in erster Linie ein Anlageprodukt entwickeln, das den Erkenntnissen der Klima- und Umweltwissenschaften Rechnung trägt. Diese Forschung diente auch als Leitfaden dafür, wie das Universum der in Frage kommenden Unternehmen aussehen sollte. Bei einem solchen forschungsbasierten Ansatz gibt es eigentlich nur ein Lager, das Lager wissenschaftlicher Erkenntnisse. Wir können den ganzen Tag lang so tun, als ob etwa die kommerzielle Fischerei nachhaltiger werden könnte, oder als ob Fleisch und Milchprodukte nachhaltiger werden könnten, oder als ob synthetische Düngemittel unseren gesunden Boden nicht in leblosen Schmutz verwandeln würden.

Die unschönen Fakten und die Realität werden jedoch unweigerlich ans Licht kommen. Lobbyisten und Politiker können sie nicht ewig verbergen. Es ist eine Tatsache, dass wir aufhören müssen, unsere Ozeane durch Überfischung, landwirtschaftliche Abwässer, Umweltverschmutzung und Plastik, das Fische in rasantem Tempo auslöscht, zu zerstören. Wir müssen zu einer pflanzlichen Ernährung übergehen. Und dabei spreche ich nicht (nur) von Beyond Meat-Burgern, sondern eher von einfachen pflanzlichen Proteinen wie Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Nüssen. Und schließlich sollten wir lernen, uns verantwortlich um unser Land und unseren Boden zu kümmern, denn es sind das Land und der Boden, die uns unser Leben geben. 

Rahul Bhushan, Mitgründer es ETF-Anbieters Rize ETF
Rahul Bhushan, Mitgründer es ETF-Anbieters Rize ETF

Spüren sie aufgrund der aktuellen Situation mit der Verteuerung vieler Nahrungsmittel und Ressourcenknappheit eine stärkere Nachfrage nach dem ETF? Ändert sich möglicherweise auch die Zielgruppe oder besser, die Gruppe der interessierten Anleger? 

Bei unserem ETF geht es nicht wirklich darum, auf Nahrungsmittelknappheit und die Inflation der Nahrungsmittelpreise zu setzen, die in den nächsten 9-18 Monaten in einigen der am stärksten gefährdeten Regionen der Welt wahrscheinlich zu katastrophalen Hungersnöten führen werden. Wir sehen bereits jetzt, dass die Preise steigen, was die Hortung von Nahrungsmitteln durch wohlhabendere Länder wie beispielsweise China fördert und die Probleme der Überversorgung in den Entwicklungsländern offenlegt. Die traurige Realität unseres derzeitigen Lebensmittelsystems ist, dass es nicht nur ungerecht und nicht nachhaltig ist, sondern auch keine große Redundanz und Formbarkeit aufweist.

Außerdem sind viele existierende Kalorien in der Praxis nicht verzehrbar, auch wenn man sich gerne dem Irrglauben hingibt, dass wir bei einem Mangel an Weizen und Mais einfach mehr Sojabohnen, Reis und Kartoffeln essen können. Mit anderen Worten: Wenn ein Großteil des nicht angebauten Weizens aus Russland und der Ukraine in neun Monaten nicht auf dem Spotmarkt angeboten wird, kann diese fehlende Kalorienproduktion nicht einfach durch alternative Kalorien ersetzt werden, da die Versorgungsketten in der Regel zentralisiert und nicht in der Nähe des Verbrauchsortes sind. Es kommt also zu einem Kalorienstopp.

Wo würden Sie den Schwerpunkt Ihres ETFs in diesem Fall sehen?

Einfach ausgedrückt geht es darum, in die Schlüsselindustrien zu investieren, die diesen Mangel an Widerstandsfähigkeit, Dezentralisierung und Ersetzbarkeit in unserer Lebensmittelversorgungskette beheben. Wir sind davon überzeugt, dass unser ETF eine langfristige Investition bietet, die uns mit der Zeit zu einem robusteren und gerechteren Modell der Lebensmittelversorgung führen wird.

In welcher Branche sehen Sie das größte Potential, wenn es um die Zukunft unserer Ernährung geht? Was halten Sie beispielsweise von Laborfleisch, denken Sie, das kann sich gegen andere (vegane) Alternativen durchsetzen? Gibt es einen Markt? 

Mit Blick auf das Thema Kohlenstoffemissionen ergibt sich eine Menge Potential. Unser ETF investiert in acht unterschiedliche Teilsektoren der Lebensmittelproduktion, des Verbrauchs und der Lieferkette. Die drei Teilsektoren im Bereich „Produktion“ umfassen Präzisionslandwirtschaft, Agrarwissenschaft und Wassertechnologie. Der Bereich „Konsum“ beinhaltet ebenfalls drei Teilsektoren: pflanzliche Lebensmittel, Inhaltsstoffe/Geschmacksstoffe und Lebensmittelsicherheit. Zuletzt die „Lieferkette“, die nachhaltige Verpackungen und Lieferkettentechnologie beinhaltet.

Das bedeutet, dass wir nicht besonders besorgt darüber sind, dass ein Unternehmen im Bereich Laborfleisch ein anderes Unternehmen im Bereich des veganen Fleischersatz aus dem Bioreaktor in Singapur oder ein Unternehmen, das Weizen zu Mehl verarbeitet, um Vollkorntoast daraus zu machen, aussticht und übertrumpft. Wir interessieren uns eher für die Herausforderungen/Emissionen im gesamten Lebensmittelsektor und suchen nach Unternehmen, die die mit den damit verbundenen Klima- und Umweltprobleme angehen. Wir wollen Unternehmen finden, die führend und innovativ sind, weil wir glauben, dass sich diese Lösungen längerfristig durchsetzen werden. Tatsache ist, dass wir uns einfach nicht mehr so ernähren können wie bisher, denn bei einer Bevölkerung von bald zehn Milliarden Menschen auf der Erde würden wir sonst wir mehrere Planeten benötigen, nur um das menschliche Leben zu erhalten, ohne Berücksichtigung weiterer Lebewesen.

Tipp: Hier erfährst du alles über das Investieren in Themen-ETFs – inklusive wichtiger Brancheninfos und geeigneter ETFs.

Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die Nahrungsmittelindustrie und was glauben Sie, wie wir diese meistern können? 

Die Sicherheit unseres Ernährungssystems ist eine der dringendsten Herausforderungen der Welt. Angesichts schwindender natürlicher Ressourcen wird es immer schwieriger, eine wachsende Weltbevölkerung mit gesunden, erschwinglichen und nahrhaften Lebensmitteln zu versorgen und gleichzeitig Treibhausgasemissionen und Umweltschäden zu reduzieren. Die Lebensmittelindustrie hat begonnen, darauf zu reagieren, indem sie die Auswahl an pflanzlichen Proteinen erweitert, die Umweltverträglichkeit in der Landwirtschaft erhöht und die Lieferketten und Verpackungen verbessert. Auch die Verbraucher machen sich zunehmend Gedanken über die Lebensmittelsicherheit und die Herkunft ihrer Lebensmittel. Das globale Lebensmittelsystem muss jetzt dringend umgestaltet werden, wenn wir die Schäden vermeiden wollen, die uns drohen, wenn wir nichts unternehmen: Den Verlust der biologischen Vielfalt, die Erschöpfung des Süßwassers, die Verschmutzung unserer Flüsse und Meere und die dauerhafte Schädigung unserer Böden.

Die gute Nachricht ist, dass ein systemweiter und ganzheitlicher Wandel neue Chancen mit sich bringt. Wir glauben, dass Investoren heute eine einmalige Gelegenheit haben, in Lösungsansätze zu investieren. Diese liegen nicht nur in pflanzlichen Lebensmitteln, sondern auch in Bereichen wie biobasierte Düngemittel, Präzisionslandwirtschaft, Agrarwissenschaft und nachhaltige Verpackungen. Die Anleger können mit dem ETF auch in eine weniger anfällige und robustere Versorgungskette investieren, die das Land, das uns ernährt, respektiert. Unser ETF ist so konzipiert, dass er Investitionen in diese Ernährungsumstellung in allen von mir genannten Bereichen ermöglicht.

 Was raten Sie Anlegern, die sich für das Thema interessieren, momentan aber vielleicht eher zurückhaltend sind, weil sie nicht wissen, wie sich die Situation weiter entwickeln wird? 

Unserer Ansicht ist die Biorevolution eine wichtigere Revolution als die Internetrevolution. Wir befinden uns erst in den Anfängen dieser Revolution, wissen aber bereits, dass die natürlichen Prozesse der Natur weitaus besser in der Lage sind, menschliche Aktivitäten zu bereinigen, als von Menschen gemachte Methoden. Um die großen Klima- und Umweltherausforderungen unserer Zeit zu bewältigen – von der Kohlenstoffabscheidung über alternative Proteine bis hin zur Kreislaufwirtschaft – werden in den nächsten Jahrzehnten Technologien entstehen, die mit der Natur „zusammenarbeiten“, anstatt sie zu bekämpfen oder auszubeuten. 

Trotz all unserer Warnungen über den derzeitigen Zustand des Lebensmittelsystems bleiben wir äußerst optimistisch. Hier sind einige unserer Vorhersagen:

  1. Die Verschwendung von Lebensmitteln wird aus der Gleichung der Lebensmittelproduktion verschwinden.
  2. Die Kalorienproduktion wird näher an den Ort der Produktion rücken, sei es in Lagerhäusern (vertikale Farmen) oder in Bioreaktoren (synthetische Kalorien/Proteine/Getränke).
  3. Nicht-nachhaltige Verpackungen (Plastik, etc.) werden im Zuge von Punkt (2) auslaufen.
  4. Wir glauben, dass sich unsere Ernährung zunächst aus gesundheitlichen und dann aus ökologischen Gründen ändern wird, denn wir bemühen uns, ein besseres, gesünderes, hochwertigeres und klimabewusstes Leben zu führen.
  5. Die Verbraucher werden die Welt genauso respektieren wie das Leben, das in ihr existiert.

Wenn Sie also ein Investor sind, der in die thematische Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Zukunft der Lebensmittel investieren möchte, laden wir Sie ein, mit uns zu sprechen. Sie können uns unter hello@rizeetf.com erreichen.