11. April 2011

Portfoliooptimierung neu betrachtet

In einer der letzten Ausgaben des EXtra-Magazin wurde dargelegt, dass es Diversifikationseffekte auch in Krisenzeiten gibt. Im Folgenden soll nun die Frage beantwortet werden, wie man diese Erkenntnis umsetzen und daraus Nutzen schlagen kann.

Die quasol GmbH wurde als Spin-off der Ruhr-Universität Bochum gegründet. Quantitative Fragestellungen aus der Wirtschaft werden in Kooperation mit dem Lehrstuhl wissenschaftlich gelöst und nutzbar gemacht. Neben statistischer Beratung bietet quasol u. a. Software zur Portfoliooptimierung. www.quasol.de

Die effektive Zusammenstellung von Wertpapieren in einem Portfolio bzw. die Portfoliooptimierung sind zentrale Fragestellungen sowohl für Finanzunternehmen als auch für Privatpersonen. Dabei besteht bei der strategischen Asset Allocation die grundlegende Aufgabenstellung darin, ein bestimmtes Vermögen optimal auf verschiedene Anlageklassen aufzuteilen. Hier sind die zu erwartende Rendite und das mögliche (Verlust-)Risiko die entscheidenden Parameter.

Portfoliotheorie

Als Durchbruch, aus wissenschaftlicher Sicht, kann die Arbeit von Harry M. Markowitz aus dem Jahr 1952 betrachtet werden, für welche er 1990 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt. Die Leistung von Markowitz liegt in zwei Sachverhalten begründet. Einerseits zeigte er, dass ein rationaler Anleger nur in effiziente Portfolios investieren sollte. Damit sind Portfolios gemeint, die bei einer festen Rendite das kleinste Risiko aufweisen bzw. bei einem festen Risiko die höchste Rendite. Andererseits bewies er, dass die Investition in vermeintlich risikoreiche Assets das Risiko des gesamten Portfolios senken kann.

Volatilität

Zur Messung des Risikos verwendete er dabei die Volatilität des Portfolios und ging von normalverteilten Renditen aus, was verschiedene Nachteile beinhaltet. So ändern sich Volatilitäten über die Zeit und sind nur schwierig zu interpretieren. Daneben können Extremereignisse mit der Normalverteilung nicht adäquat modelliert werden. Inzwischen existieren daher verschiedene modernere Ansätze, die alternative Risikomaße verwenden. Die meisten dieser Ansätze lassen sich zwei Gruppen zuordnen – höhere Momente und historische Risikomaße.

Moderne Ansätze

Die Normalverteilung ist über den Erwartungswert und die Volatilität eindeutig festgelegt. Daher ist sie wenig flexibel und kann Extremereignisse nicht ausreichend abbilden. Werden jedoch höhere Momente in der Optimierung mitberücksichtigt, so gewinnt das Modell an Flexibilität. Hier wäre zum einen die Schiefe zu nennen, die die Symmetrie einer Verteilung beschreibt. Zum anderen kann auch die Kurtosis verwendet werden, welche die Ränder der Verteilung kontrolliert. So sind Investoren daran interessiert, dass möglichst wenig Extremereignisse eintreten (kleine Kurtosis) und dabei natürlich so wenig wie möglich negative (große Schiefe). Daher kann die Kontrolle dieser Parameter eine Portfoliooptimierung qualitativ deutlich verbessern. Eine Alternative besteht in der Verwendung von historischen Risikomaßen. Hier werden die Risiken direkt aus den Zeitreihen geschätzt, ohne den Umweg über abstrakte Parameter zu nehmen. Der Vorteil liegt einerseits in der einfachen Interpretierbarkeit. So kann für jedes Portfolio relativ leicht er-mittelt werden, welche Verluste in der Vergangenheit aufgetreten wären. Andererseits ermöglicht das Vorgehen die exakte Abbildung von Abhängigkeiten zwischen Indizes. Nun stellt sich natürlich die Frage, welches Vorgehen für welchen Investor sinnvoll ist. Hierüber gibt eine gemeinsame Studie mit Dr. Georg Pristas von der Schweizer Privatbank Clariden Leu und dem Statistiklehrstuhl der Ruhr-Universität Bochum Aufschluss. Hierbei zeigten in sämtlichen Simulationen die Portfolios, in denen die Schiefe als Risikomaß verwendet wurde, die beste Performance. So lag deren durchschnittlich erzielte Rendite ca. 0,5 Prozent p. a. über den anderen Verfahren. Überraschenderweise brachte dagegen die Verwendung der Kurtosis keinen signifikanten Mehrwert. Die Performance der historischen Risikomaße war bis zum Beginn der Finanzkrise ebenfalls sehr gut. Jedoch büßten sie diesen Vorteil im Zuge der Krise wieder ein. Dies liegt darin begründet, dass historische Risikomaße nur Szenarien erfassen können, für die es in der Historie bereits Beispiele gab. Treten also neue Szenarien auf (z. B. ein möglicher Staatsbankrott), kann dies nicht ausreichend genau erfasst werden. Die Finanzkrise war für dieses Verfahren allerdings ein hilfreicher Datenlieferant, so dass aktuelle Risikoschätzungen dort als konservativ einzuschätzen sind.

Fazit:

Für institutionelle Investoren entsteht durch die Verwendung höherer Momente, insbesondere der Schiefe, ein signifikanter Mehrwert gegenüber dem klassischen Markowitz- Ansatz. Jedoch muss bei diesem Ansatz einiges an Arbeit investiert werden, um die Marktparameter adäquat zu schätzen und zu interpretieren. Für private Investoren bzw. in der Beratung empfiehlt es sich dagegen, auf historische Risikomaße zurückzugreifen. Risiken können in Euro- Beträgen ausgegeben werden und sind einfach zu interpretieren. Beides stellt für private Investoren einen großen Mehrwert dar. Für beide Gruppen gilt jedoch, dass Portfolios einer ständigen Überwachung bedürfen und der Input der Optimierung regelmäßig überprüft werden muss.