28. Dezember 2022
Mein schlechtestes Investment 2022 könnte 2023 zum besten werden

Mein schlechtestes Investment 2022 könnte 2023 zum besten werden

Das auslaufende Jahr verlief für viele Anlegerinnen und Anleger schwierig und manch einer hat sich über getätigte Investments umso mehr geärgert. Unser Autor Michael Seibold glaubt dennoch, dass sein schlechtestes Investment des Jahres sich nächstes Jahr auszahlen könnte.

Anleger hassen Unsicherheit. Eine jahrzehntealte Friedensordnung wurde mit der Invasion in der Ukraine von heute auf morgen zerstört. Sanktionen gegen Russland haben auch große Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft, die noch gar nicht vollständig absehbar sind.

„Wenn Aktien billiger werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich sie erwerbe“, lautet ein Ansatz von Value-Legende Warren Buffett. Ganz nach diesem Motto habe ich dieses Jahr in mehreren Tranchen eine große Position in Amazon aufgebaut, auch wenn es rein betragsmäßig aktuell noch mein schlechtestes Investment in 2022 war. Insgesamt besitze ich 2.000 Stück zu einem durchschnittlichen Kurs von 102 Euro. Damit ist es die mit Abstand größte Position in meinem privaten Depot.

Rein fundamental handelt es sich bei Amazon um ein gut laufendes Unternehmen, auch wenn der Markt die Aktien in diesem Jahr panisch abstieß. Aber genau hier entstehen nach dem Gesetz der Antizyklik große Chancen. Das letzte, was ich während eines Krieges besitzen möchte, ist (Bar-)Geld. Die Kaufkraft des Geldes sinkt aktuell so schnell wie seit über 50 Jahren nicht mehr.

Lange Haltedauer

Der Wert der Amazon-Aktie (WKN: 906866) hat sich vom Hoch im Jahr 2021 bei 188 US-Dollar je Aktie mittlerweile mehr als halbiert. Der aktuelle Börsenwert des Unternehmens liegt nur noch bei rund 870 Mrd. US-Dollar. Nur ein Jahr später gibt es die Aktie zu rund 85 US-Dollar oder 80 Euro zu kaufen. Rein fundamental betrachtet hat sich bei dem Unternehmen nicht viel verändert. Analysten erwarten in diesem Jahr einen Umsatz in Höhe von 510 Mrd. US-Dollar, im kommenden Jahr soll er auf 562 Mrd. US-Dollar steigen und im Jahr 2024 werden bereits 643 Mrd. US-Dollar erwartet. Es ist so, dass sich bei der Änderung der Notenbankpolitik grundsätzlich Bewertungen von Wachstumsfirmen reduzieren, da das Kapital in Krisenzeiten immer besonders knapp ist und höhere Zinsen für die Beschaffung von Fremdkapital aufgebracht werden müssen.  

Der Nettoumsatz stieg im dritten Quartal um 15 Prozent auf 127,1 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 110,8 Milliarden US-Dollar im dritten Quartal 2021. Ohne die ungünstigen Auswirkungen von 5,0 Milliarden US-Dollar durch Wechselkursänderungen im Jahresvergleich während des Quartals stieg der Nettoumsatz im Vergleich zu 19 Prozent im dritten Quartal 2021. Der Umsatz des AWS-Segments stieg im Jahresvergleich um 27 Prozent auf 20,5 Milliarden US-Dollar )oder um 28 Prozent ohne Änderungen der Wechselkurse).

Das Betriebsergebnis ging im dritten Quartal auf 2,5 Milliarden US-Dollar zurück, verglichen mit 4,9 Milliarden US-Dollar im dritten Quartal 2021.

Meine Forderungen an das Management

Allein in den letzten zwei Jahren hat sich die Mitarbeiteranzahl von rund 800.000 in 2019 auf 1,6 Mio. Mitarbeiter im Jahr 2021 verdoppelt. Es wurde vor allem im E-Commerce Bereich nur auf Umsatzwachstum geachtet, jedoch das Thema Profitabilität vernachlässigt. Meiner Meinung nach muss ein Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von über 500 Mrd. US-Dollar mehr als 10 Mrd. US-Dollar verdienen. In den letzten zehn Jahren konnte man den Umsatz verzehnfachen. Das war eine enorme Erfolgsgeschichte. Jetzt gilt es, profitabler zu werden.

Gerade in Zeiten hoher Inflation und einer Abschwächung der Wirtschaft schauen Aktionäre immer mehr auf die Verwendung von Kapital. Verglichen mit der hochprofitablen Cloud AWS muss jetzt auch der Bereich E-Commerce positive Ergebnisse erzielen können. Wird Amazon diesem Anspruch gerecht und reduziert seine Kosten, ist ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 2-3 durchaus recht schnell denkbar. Dadurch kann sich die Marktkapitalisierung schnell verdoppeln, sobald man die ersten Anzeichen in den Quartalsberichten erkennt.

Deshalb bleibe ich bei meinem Investment und folge dem Motto von Warren Buffett: „Wette niemals gegen Amerika.“