26. Mai 2011

ETFs - systemrelevantes Risiko?

Die ETF-Anbieter mussten sich in den vergangenen Wochen herbe Kritik über die Komplexität und Undurchsichtigkeit ihrer Produkte gefallen lassen. Wir greifen die Kritikpunkte auf und bewerten diese.

Im April 2000 kamen in Europa die ersten ETFs auf den Markt. Seit diesem Tag müssen sie sich immer wieder gegen Kritik aus unterschiedlichsten Reihen durchsetzen. Zunächst waren es die Vertreter der Fondsindustrie, dann kam die Zertifikateindustrie und im Verlauf der Finanzkrise gab es die Debatte über Ausfallrisiken bei Swap-ETFs. Diese zum Teil berechtigten Kritikpunkte haben im Kern nur ein Ziel verfolgt: Verunsicherung der Anleger gegenüber ETFs. Trotz aller Unsicherheiten stieg das ETF-Volumen in Europa auf aktuell etwa 300 Mrd. US-Dollar. Jetzt kritisieren Finanzaufseher und öffentliche Institutionen einen möglichen Einfluss der ETFs auf die Märkte. Dabei sind aktuell erst 4,5 Prozent aller in Fonds investierten Gelder in ETFs investiert. Ob die Kritik der Finanzaufseher berechtigt ist, werden wir im Folgenden beleuchten.

Komplexität der ETFs

In dem Schreiben des Finanzstabilitätsrats (FSB) heißt es, ETFs, vor allem die Neuemissionen seien komplex und undurchsichtig. Dies setze Investoren Risiken aus, die diese nicht einschätzen können. In der Tat sind zuletzt immer komplexere ETFs auf den Markt gekommen – nachgefragt waren diese allerdings meist nur bedingt oder von speziellen Anlegergruppen. Eine ordentliche Information über die Funktionsweise der dem ETF zugrunde liegenden Indizes ist also unverzichtbar und liegt zudem auch in der Verantwortung des Investors.

ETCs & Co.

Ein weiterer Kritikpunkt der FSB ist die Namensgebung Exchange Traded Commodities (ETCs) und Exchange Traded Notes (ETNs). Anleger könnten durch den ähnlich klingenden Namen getäuscht werden. Denn während ETFs als Sondervermögen bei einer Insolvenz des Anbieters geschützt sind, gelten ETCs und ETNs als Inhaberschuldverschreibungen und sind deshalb mit einem Emittentenrisiko behaftet. Die Namensgebung dieser Produkte kann durchaus zu einem Missverständnis führen. Allerdings haben die ETC-Anbieter inzwischen durch verschiedene Schutzmechanismen das Ausfallrisiko überwiegend eliminiert. Zudem liegt der Ursprung der ETCs ja eigentlich beim Gesetzgeber selbst. Dieser verbietet es, im Rahmen eines Sondervermögens nur einen Basiswert im Portfolio einzusetzen. Bei Indexprodukten auf einzelne Rohstoffe wie z. B. Gold ist es also per Gesetz gar nicht möglich, ein Sondervermögen aufzubauen. Würde der Gesetzgeber dies ändern, wären auch Rohstoff-ETFs auf einzelne Rohstoffe möglich und ETCs nicht mehr notwendig.

Swaps & Co.

Es ist bekannt, dass viele ETF-Anbieter zur Indexabbildung Swap-Transaktionen einsetzen. Dabei tauscht das Sondervermögen die Wertentwicklung des Portfolios mit einer Bank, die wiederum eine definierte Indexperformance in das Sondervermögen liefert. Im Ergebnis entwickelt sich das Sondervermögen immer exakt so wie der definierte Index. Der FSB sieht darin ein zusätzliches Risiko für den Anleger, dessen er sich unter Umständen gar nicht bewusst ist. Die ETF-Anbieter haben bereits durch Besicherung oder täglichem Zurücksetzen des Swap-Wertes gegengesteuert, aber wirklich transparent ist dieses Thema derzeit leider immer noch nicht. Die ETF-Anbieter sollten hier weitere Informationen zur Verfügung stellen.

Wertpapierleihe bei ETFs

Zuletzt sind den Finanzaufsehern die Wertpapierleihgeschäfte ein Dorn im Auge. Dabei verleihen die Anbieter Aktien aus den Portfolios an andere Marktteilnehmer und kassieren dafür eine Leihegebühr. Dieser Ertrag wird dann dem Portfolio gutgeschrieben. Der FSB sieht aufgrund der niedrigen Kostenstruktur einen zu hohen Anreiz der ETF-Industrie, durch diese Geschäfte einen Zusatzertrag zu generieren. Zudem wird derzeit nicht transparent dargestellt, in welcher Höhe und welche Bonitätsrisiken bestehen.

Reaktionen der Anbieter

Statements zu Kritikpunkten gab es bisher nur vom Branchenprimus iShares und dem auf Rohstoff-ETCs spezialisierten Anbieter ETF Securities. Grundsätzlich begrüßen beide die Aussagen und Kritikpunkte des FSB, auch sie fordern mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Produkte. Allerdings gelten die meisten Kritikpunkte nicht nur für ETFs, sondern für alle Investmentfonds. Denn auch dort werden Wertpapierleihegeschäfte, Swap-Vereinbarungen und komplexe Handelsstrategien umgesetzt.

Fazit:

Die Forderung nach mehr Transparenz ist nachvollziehbar und richtig. Dennoch erscheint uns die Diskussion nicht ganz fair, denn wie zu Beginn erwähnt wird nur ein sehr geringer Teil aller in Fonds investierten Gelder in ETFs investiert. Wir hoffen, die ETF-Branche setzt die Kritik positiv um und verbessert weiter die Transparenz und Sicherheit der angebotenen Produkte.