Deutschland gegen Schweiz: Die Eidgenossen im Finanz-Check
Die deutsche Mannschaft trifft bei der Fußball-Europameisterschaft als nächstes auf die Schweiz. Wie steht der sportliche Gegner wirtschaftlich da?
Die ersten EM-Teams können das Heimticket bereits buchen. Nicht so die Männer von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Doch der nächste starke Gegner der deutschen Mannschaft lauert bereits. Im Vereinsfußball würde man von einem Derby sprechen. Mit Spannung warten die Fans also auf das Nachbarschaftsduell zwischen der Schweiz und Deutschland. Auf dem Platz ist die Favoritenrolle trotz der schwachen Turnierauftritte der vergangenen Jahre relativ klar auf Seiten der DFB-Auswahl. So beträgt der Mannschaftswert der deutschen Nationalmannschaft laut Transfermarkt.de mehr als 800 Millionen Euro. Die Schweiz ist nach dieser Erhebung gut 300 Millionen Euro schwer. Damit sind aber auch die Eidgenossen längst kein sportliches Leichtgewicht mehr, geschweige denn wirtschaftlich.
Die Schweiz ist eines der reichsten Länder der Welt
Geht es um das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf würde die Schweiz bei dieser EM um den Titel mitspielen. So betrug dieser Wert im Jahr 2023 knapp 92.000 Euro. Diese Stärke schlägt sich im Lohnniveau nieder. So beträgt das durchschnittliche Monatseinkommen mehr als 7.550 Euro. In Deutschland liegt der Schnitt bei knapp 4.280 Euro. Wenn du schon einmal in der Schweiz warst, weißt du aber auch: Die Lebenshaltungskosten sind hoch. Die Kosten für den täglichen Bedarf sind fast 60 Prozent höher als in Deutschland.
Alles nur Banken?
Wenn du an die Schweiz denkst, kommen dir sicher gleich die Banken in den Sinn. Nach der Pleite der Credit Suisse hat dieser Nimbus jedoch Kratzer bekommen. Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung macht der Finanzsektor neun Prozent aus. Das heißt: 91 Prozent der Schweizer Wirtschaftskraft speist sich eben nicht aus Banken und Versicherungen. Die Abhängigkeit von dieser Sparte ist zwar höher als in Deutschland, aber sicher nicht so hoch, wie du vielleicht vermutet hättest. Die kleine Schweiz zählt aber mit seinen mehr als 200 Banken und international agierenden Vermögensverwaltungen zu den wichtigsten Finanzplätzen der Welt. Bei den grenzüberschreitenden Vermögensverwaltern nimmt sie mit einem Anteil von 25 Prozent den Spitzenwert ein. Dennoch ist die Schweiz mehr als Bankgeheimnis, Nummernkonto und Steuerparadies.
Starke Pharmabranche
Sicherlich hat der Wohlstand der Schweiz viel mit der Neutralität und dem liberalen Bankenwesen zu tun. Was Gold unter den Anlageklassen ist, war die Schweiz immer wieder unter den Staaten: der sichere Hafen. Doch besonders stark in der Schweiz ist die Pharmabranche. So entfällt die Hälfte der Schweizer Exporte auf Erzeugnisse aus diesem Segment. Bekannte Vertreter sind etwa Roche und Novartis. Grundsätzlich ist die Schweizer Wirtschaft jedoch fernab dieser Flaggschiffe sehr stark auf kleinere Unternehmen konzentriert. 99 Prozent der Unternehmen haben weniger als 250 Mitarbeiter.
Wie sind die Aussichten?
Der Ruf des sicheren Hafens ist Fluch und Segen zugleich. Die Unsicherheiten in der Welt veranlassen Investoren zur Flucht in den Schweizer Franken. Ein anderen Punkt ist die Zinspolitik. Die Leitzinsen in den USA und in der Eurozone sind weit höher als die in der Schweiz. Jüngst hatte Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins sogar auf 1,25 Prozent gesenkt. „Insbesondere die starke Frankenaufwertung seit der Ankündigung von Neuwahlen in Frankreich und dem damit einhergehenden Anstieg der politischen Unsicherheit rund um den Euro scheint die SNB zu einer Zinssenkung bewogen zu haben“, sagt Reto Cueni, Chefökonom bei Vontobel. „Aufgrund unserer Prognose, dass in der Schweiz gegen Ende des Jahres die Inflation nochmals etwas sinken dürfte, erwarten wir im zweiten Halbjahr nochmals eine weitere Zinssenkung der SNB“, so Cueni. Das Schweizer Zinsniveau dürfte sich also so schnell nicht auf dem der USA oder der Eurozone bewegen. Das wiederum macht Anlagen in Dollar und Euro im Vergleich zum Franken weniger attraktiv. Diese beiden Aspekte lassen den Franken weiter aufwerten, was zwar grundsätzlich für die Stärke des Landes spricht, aber Exporte aus Sicht der Abnehmerländer verteuert.
Tipp: Du willst in die Schweiz investieren? Hier findest du eine Auflistung von Schweizer Aktien-ETFs. |
Dies aber auch die relative Schwäche der Eurozone und Chinas trüben zunächst die Wirtschaftsaussichten der Schweiz etwas ein. So rechnet die Regierung in Bern in diesem Jahr mit einem moderaten Wirtschaftswachstum um 1,1 Prozent. Im nächsten Jahr könnte es sich mit 1,7 Prozent wieder aufhellen. Zum Vergleich: Die Bundesregierung geht in diesem Jahr von 0,3 Prozent Wachstum aus. 2025 soll es dann ein Prozent sein. Und auch die Europäische Kommission hat jüngst ihre Erwartungen zum Wirtschaftsraum der Eurozone mitgeteilt. Demnach dürften die Euroländer 2024 um 0,8 Prozent wachsen und ab 2025 sollte das BIP noch weiter steigen, wie es heißt. Der „Sonderling“ Schweiz bewegt sich also in guter Gesellschaft und präsentiert sich in solider Verfassung.
Ein Schweiz-ETF
Anders als bei den bisherigen Vorrundengegnern Schottland und Ungarn, kannst du mit ETFs problemlos auf den nationalen Aktienmarkt setzen. Ein solcher ist beispielsweise der UBS MSCI Switzerland 20/35 UCITS ETF (Acc) (WKN: A1W6DC), ein echtes Schwergewicht. Mit diesem Produkt investieren Anleger in große und mittelgroße Schweizer Unternehmen. Augenfällig sind jedoch die hohen Gewichte von Nestle, Novartis und Roche, die zusammen bereits mehr als 40 Prozent ausmachen. Daraus ergibt sich ein gewisses Klumpenrisiko. Doch ohnehin solltest du Länder-ETFs, wenn überhaupt, als Beimischung ansehen. Das gilt selbstverständlich auch für den heimischen Aktienmarkt in Form des Dax. Schau dir also gleich unsere Musterportfolios an.