Bundesbank-Bericht legt offen: So schlecht legen die Deutschen ihr Geld an
Deutschland ist eine wohlhabende Nation. Doch im Vergleich zu anderen Ländern investieren die privaten Haushalte ihr Geld nicht besonders klug. Ein Bericht der Bundesbank legt schonungslos die Schwächen offen.
In Summe sind die Deutschen 2020 reicher geworden – und das trotz Covid-19-Krise. Im vergangenen Jahr hat sich insbesondere die Sparquote und das Geldvermögen erhöht. Zum Ende des zweiten Quartals erreichte das Geldvermögen aller privaten Haushalte einen neuen Rekordwert von 6.630 Milliarden Euro.
Trotz der positiven Entwicklung zeigen sich gerade im Anlageverhalten weiterhin eklatante Schwächen. Ein Bericht der Bundesbank legt schonungslos offen, wie viel Potenzial die Deutschen in puncto Geldanlage verschwenden.
Bundesbank: Treue zum Sparkonto kostet viel Geld
Zunächst aber zu einer positiven Entwicklung: Ende des ersten Quartals lag der Wert des Aktien- und Fondsvolumen bei rund 1.215 Milliarden Euro. Ein Quartal später setzte die Erholung an den Märkten an, so dass deutsche Privathaushalte in Summe über Aktien und Fondsanteile in Höhe von 1.369 Milliarden Euro verfügen. Das ist zumindest eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den vorherigen Jahren. Gerade die junge Generation hat Gefallen an einem frühzeitigen Einstieg in die Kapitalmärkte gefunden.
Trotz dieser positiven Entwicklung bleiben Deutsche ihrem Bargeld und Spareinlagen treu. 2.694 Milliarden Euro parken Deutsche laut Bundesbank (Stand: 30.06.2020) auf zinslosen Spareinlagen. Nimmt man eine durchschnittliche Inflationsrate von 1,5 Prozent an, so verlieren sie damit jährlich circa 40 Milliarden Euro an Kaufkraft – das ist durchaus bitter.
Wie stehen Deutsche im europäischen Vergleich da?
Das Geldvermögen steigt, das ist zunächst einmal Grund zur Freude. Das spannende am Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist der Grund für den Vermögensanstieg. Deutsche werden reicher, weil sie im Durchschnitt deutlich mehr sparen. Andere Länder werden reicher, weil sie zwar vergleichsweise weniger sparen, dafür hingegen in renditestarke Anlageklassen investieren. Der Vermögenszuwachs entsteht hier aus Wertsteigerungen und nicht aus der Sparleistung heraus.
Der Vergleich der realen Vermögensrenditen im Euroraum der vergangenen Jahre zeigt, dass Deutschland mit unserem Nachbarn Österreich zu den Schlusslichtern gehört. Während Italien und Spanien im Durchschnitt über vier Prozent Rendite erzielen konnten, liegen Deutsche bei rund zwei Prozent. Das liegt ohne Zweifel am vorsichtigen Sparverhalten der deutschen Haushalte.
Sparer verbinden Aktien mit Risiko, Aktionäre mit Chancen
Insgesamt hat nur jeder siebte Bundesbürger über 14 Jahre direkt oder indirekt Aktien in seinem Depot. Um die Jahrtausendwende herum lag die Aktionärsquote in Deutschland bei rund 20 Prozent. Seitdem haben sich viele Privatanleger von der Börse verabschiedet. Laut einer Studie der Frankfurt School of Finance assoziieren Sparer mit dem Begriff „Aktie“ mehrheitlich Begriffe wie „Risiko, Verlust oder Crash.“ Die wenigsten sehen darin eine Chance für zukünftige Vermögenssteigerungen.
Eine Umfrage, die Anfang 2016 von vier Direktbanken veröffentlicht wurde, zeigt zudem, dass jeder vierte Deutsche (24 Prozent) in Aktien reine Zockerpapiere sieht. In den USA sind es nur zehn Prozent, in Großbritannien sogar nur sieben Prozent.
Woher kommt die „Angst“ vor dem Kapitalmarkt?
Hyperinflation, Dotcom-Krise und die Finanz- und Bankenkrise in 2007/08 – Deutsche Anleger haben viele Alpträume erleben müssen. Dabei waren sie in vielen Fällen selbst schuld. Wer seine gesamte Altersvorsorge in Telekom-Aktien investiert, darf sich nicht wundern, wenn sich das Klumpenrisiko plötzlich realisiert. Diese teilweise traumatischen Erfahrungen wurden von Generation zu Generation übertragen. Auch ich erhalte von meinen Eltern regelmäßig die Antwort, dass Aktien schlichtweg reine Spekulation sind.
Das Prinzip der Diversifikation, ein Verständnis für Inflation und Rendite oder ein objektiver Überblick über sämtliche Geldanlage-Möglichkeiten existiert nur selten. Aus den Gründen könnte gerade das Bildungssystem einen Ausweg aus dieser Mentalität bieten. Mehr Finanzbildung im Lehrplan an Schulen kann das Mindset unserer Gesellschaft in Bezug auf Finanzthemen und ganz besonders die Aktionärskultur signifikant stärken. Dafür würde sich sicher auch die Bundesbank aussprechen.
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Autor Carlos Link-Arad
Carlos Link-Arad ist freier Mitarbeiter und schreibt auf extraETF.com Beiträge zum Thema Geldanlage. Er ist zudem Co-Founder von Beyond Saving und hat in verschiedenen Funktionen in der Finanz- und Fintech-Branche gearbeitet.
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