11. August 2022
Bauchgefühl beim Aktienkauf? Worauf du stattdessen wirklich achten solltest

Bauchgefühl beim Aktienkauf? Worauf du stattdessen wirklich achten solltest

Viele Anlegerinnen und Anleger setzen bei der Aktienauswahl auf ihr Bauchgefühl oder Empfehlungen. So wird das Investment zum reinen Glücksspiel. Worauf du vor dem Aktienkauf wirklich achten solltest.

Gerade beim Bauchgefühl sind die Treiber oft Gedanken wie „das Unternehmen kennt jeder“, „die Artikel verkaufen sich extrem gut“ oder „die sind ja schon seit 25 Jahren am Markt“. Das kann durchaus funktionieren! Aber eben auch total schiefgehen. Doch bevor du einen Aktienkauf basierend auf solchen Gedanken allein tätigst, solltest du dir dennoch einige Kennzahlen anschauen, um deine Entscheidung zu untermauern – oder sie möglicherweise doch zu verwerfen. 

Wie stabil ist das Unternehmen?

Dass ein Unternehmen schon lange am Markt ist, ist natürlich erst mal ein gutes Zeichen. Das sagt aber noch nicht genug über die finanzielle Stabilität und Ertragskraft aus. Und diese Kennzahlen sind sehr wichtig, denn das finanzielle Fundament muss für den langfristigen Erfolg stabil sein. Möglicherweise reicht es immer gerade mal so und eine Krise könnte zum Problem werden. Corona hat es gezeigt: Auch alteingesessene Unternehmen haben die Krise nicht überlebt. Auf die folgenden Kennzahlen solltest du achten, um böse Überraschungen weitgehend zu vermeiden:

Eigenkapitalquote

An der Eigenkapitalquote erkennst du den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital eines Unternehmens. Je höher sie ausfällt, desto besser ist auch die Bonität des Unternehmens. Eine hohe Eigenkapitalquote ist ein gutes Indiz dafür, dass ein Unternehmen in der Lage ist, stabil und solide zu wirtschaften. Du kannst davon ausgehen, dass bei möglichen Schwierigkeiten nicht direkt Engpässe entstehen werden.

Die Eigenkapitalquote ist stark von der Branche abhängig. So ist sie etwa bei Finanzdienstleistern eher niedrig – nach EU-Vorgaben muss sie bei acht Prozent liegen. In der freien Wirtschaft wäre das aber viel zu wenig. Hier sollte die Eigenkapitalquote ein soliden Unternehmens bei über 30 Prozent liegen.

Dynamischer Verschuldungsgrad

Der dynamische Verschuldungsgrad setzt die Nettofinanzschulden ins Verhältnis zum EBITDA. EBITDA steht für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Der dynamische Verschuldungsgrad gibt also an, wie lange ein Unternehmen brauchen würde, um seine Verbindlichkeiten mit dem aktuellen EBITDA zu reduzieren. Je kleiner das Verhältnis, desto besser. In Einzelfällen kann ein niedriger dynamischer Verschuldungsgrad sogar einen hohen Verschuldungsgrad rechtfertigen. Nämlich dann, wenn das Unternehmen fähig ist, Schulden schnell abzubauen.

EBITDA-Marge

Die EBITDA-Marge stellt das EBITDA ins Verhältnis zum Umsatz. Je höher sie ausfällt, desto gewinnbringender wirtschaftet ein Unternehmen. Schau dir diese Zahl über einen längeren Zeitraum an, denn kurzfristig kann es immer Sondereffekte geben. Eine gute EBITDA-Marge liegt bei 10-15 Prozent. Kleinere Werte sind dann in Ordnung, wenn sich aus den historischen Daten ein Wachstum abzeichnet.

Kurs-Gewinn-Verhältnis

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist das Verhältnis zwischen der Marktkapitalisierung eines Unternehmens und dem Gewinn. Diese Kennzahl sagt aus, wie oft der Gewinn je Aktie in den aktuellen Kurs passt. Je niedriger die Kennzahl, desto besser. Aber: der Gewinn eines Unternehmens lässt sich bilanziell leicht manipulieren.

Deshalb solltest du das KGV nie einzeln betrachten, sondern immer auch die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen KPIs berücksichtigen. Ergänze deine KGV-Bewertung etwa mit einer KCF-Bewertung (Kurs-Cashflow). Damit sonderst du Bilanzeffekte (Abschreibungen) aus.

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Wie gut sind die Wachstumsaussichten?

Wenn du ein wirtschaftlich starkes Unternehmen gefunden hast, solltest du dir im nächsten Schritt die Wachstumsaussichten anschauen. Denn das finanzielle Fundament wurde in der Vergangenheit aufgebaut – ebenso wichtig ist natürlich, dass das Geschäftsmodell auch in Zukunft funktioniert.

Umsatzwachstum

Mit dem Umsatzwachstum berechnest du die Umsatzentwicklung eines Unternehmens. Hier lohnt sich neben dem Blick auf die nackte Kennzahl auch der Blick in den Geschäftsbericht. Denn dort findest du die Prognosen des Managements und die Wettbewerbsanalyse, die dir einen guten Überblick geben können. Darüber hinaus solltest du dir ein wenig Branchenwissen aneignen, um gute Schlussfolgerungen treffen zu können. Das ist zwar nicht ganz ohne Aufwand, lohnt sich aber.

Wer ist dieses Unternehmen überhaupt?

Keine Kennzahl, dennoch ein entscheidender Faktor für viele Anlegerinnen und Anleger: Wer sitzt da überhaupt im Unternehmen und wie stehen diese Menschen zum wichtigen Thema Nachhaltigkeit? Nicht immer spielt es eine große Rolle, dass das Management oder der CEO eines Unternehmens ein großer Sympathieträger ist – doch etwaige Skandale können nachhaltigen Schaden anrichten.

Wenn dir außerdem wichtig ist, dass du in nachhaltige Unternehmen investierst, informiere dich darüber, wie jenes, das du im Auge hast, zu diesem Thema steht. Dazu gehört neben dem Thema Umweltschutz auch Mitarbeiterführung und soziales Engagement. Schließlich unterstützt du mit deinem Geld dieses Unternehmen – dann solltest du auch dahinterstehen, wie es handelt.

Fazit Aktienkauf

Ein Aktienkauf sollte nie unüberlegt passieren, denn oft sind hier hohe Geldsummen im Spiel. Dass das gründlich schief gehen kann, zeigen zahlreiche Beispiele. Generell ist es riskanter, Einzelaktien zu kaufen, als etwa in breitgestreute ETFs zu investieren. Gerade deshalb solltest du vorher gründlich recherchieren und deine Entscheidung nicht aus dem Bauch heraus treffen oder dich von anderen überreden lassen. Sich mit Kennzahlen und Unternehmen eingehend zu befassen, ist mühsam, kann dich aber vor Fehlentscheidungen bewahren.