Atomkraft wird grün – wie nachhaltig ist meine Geldanlage noch?
Ab 2023 gelten unter bestimmten Auflagen Investitionen in Atomkraft- und Gaswerke als nachhaltig. Kritiker sind entsetzt und auch nicht jedem Anleger gefällt der Gedanke.
Nachhaltigkeitslabel sind ohnehin stark umstritten. Zwar hatten nachhaltige Fonds laut einer Studie des BVI Bundesverbands Investment und Asset Management 2021 schon in mehreren Staaten einen Marktanteil von über 50 Prozent – doch Greenwashing-Vorwürfe werden immer wieder laut.
ESG, SRI, Green Bonds – diese Zusätze hinter ETFs und anderen Finanzprodukten zeigen Anlegerinnen und Anlegern, dass Anbieter zumindest eine Vorauswahl an Unternehmen getroffen haben, welche bestimmten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen sollen. So sollen Anleger sicher gehen können, dass sie hier guten Gewissens zuschlagen können.
Schwammige Auswahlkriterien
Und tatsächlich werden je nach Produkt Branchen oder Unternehmen ausgeschlossen, die allgemein nicht als umwelt- oder sozialfreundlich gelten, oft ist das die Waffenindustrie, die Tabakindustrie oder auch Kraftwerkskohle.
Doch nicht jeder Anbieter geht dabei rigoros vor. Einige wählen etwa den sogenannten best-in-Class-Ansatz, um auszusieben. Dabei werden quasi die „schlimmsten“ Sünder aussortiert – die am wenigsten schlimmen können aber immer noch im Produkt enthalten sein.
Für Anlegerinnen und Anleger ist es also ohnehin schon nicht einfach, das passende nachhaltige Finanzprodukt zu finden – am Anfang muss immer erst die Frage nach den persönlichen Kriterien und No-Gos stehen.
Ressourcen schonen mit Atomkraft
Dazu zählt nun ab kommendem Jahr eben auch die Frage, ob man mit einem Atomkraftwerk im ESG-ETF leben kann oder nicht. Ab dann können Energiekonzerne mit grünen Anleihen Geld für neue Kernkraft- und Gaswerke sammeln. Damit diese ein Öko-Siegel erhalten, müssen sie vor 2045 eine Baugenehmigung bekommen, alte Meiler müssen vor 2040 nachgerüstet werden. Ab 2050 muss es einen Plan zur Endlagerung des Strahlenabfalls geben.
Befürworter sehen in der Atomkraft eine ressourcenschonende Übergangslösung auf dem Weg zu nachhaltigen Methoden zur Energiegewinnung wie Wind- und Wasserkraft.
Die meisten Anlegerinnen und Anleger sind jedoch nach wie vor nicht der Meinung, dass Atomkraft und Gas nachhaltig sind. Schon im Sommer 2021 sprachen sich 80 Prozent der Deutschen in einer Befragung der Bürgerbewegung Finanzwende dagegen aus.
Tipp: Hier erfährst du alles, was du über das Investieren in Nachhaltigkeits-ETFs wissen musst. |
Anbieter sollten nachjustieren
Einige Emittenten planen, es ihren Anlegerinnen und Anlegern kenntlich zu machen, ob in einem nachhaltigen Produkt Atomkraft- und Gasunternehmen enthalten sind, etwa die DWS Group. Andere glauben hingegen, dass die Regelung keine große Bedeutung für die Finanzmärkte haben wird und wollen daher nichts an ihren eigenen Nachhaltigkeitskriterien ändern.
Daneben gibt es Anbieter, die weiterhin ausschließen, in Projekte zu investieren, die Atomkraft enthalten. Das hat die Europäische Investitionsbank EIB ebenso wie die deutsche Förderbank KfW bekanntgegeben.
Augen auf für Anleger
Für Anlegerinnen und Anleger gilt einmal mehr: Augen auf bei der ETF-Auswahl. Wer für sich entscheidet, nicht in Atomkraft und Gas investieren zu wollen – oder sie zumindest nicht in nachhaltigen Finanzprodukten haben zu wollen – sollte Produkte genau prüfen und sich nicht blindlings auf ein Siegel verlassen.