14. Juli 2023
Mode ist nicht gleich Mode

Mode-Aktien: Hier kommt die Orientierung im gespaltenen Markt

LVMH, Moncler, Inditex und H&M – Mode-Aktien gibt es viele. Doch nicht alle können in ihrem Segment profitieren. Kann ein ETF helfen?

Die Mode-Welt steht wieder Kopf: Es ist Fashion Week in Paris für die Herrenkollektion Frühjahr/Sommer 2024. Das Event wurde eröffnet mit der lange erwarteten ersten Show von Pharrell Williams, der seine erste Herren-Kollektion für Louis Vuitton präsentierte. Seit einigen Monaten ist der Musiker der Kreativ-Chef für die Herrenmode des berühmten französischen Labels und damit nicht unumstritten. Kann ein Musiker Mode-Design, war die Frage. Louis Vuitton hat als Ort für die Antwort die Pont Neuf gewählt. Und viele Promis kamen, um dabei zu sein: Rihanna, Jay-Z, Beyoncé und Naomi Campbell. Es soll Standing Ovations gegeben haben, als der Designer und Musiker selbst am Ende der Show auf die Bühne kam. Auftakt gelungen.

Zweimal im Jahr steht die Mode-Industrie unter besonderer Beobachtung und unter besonders hoher Spannung: Wenn die Kollektionen für Frühjahr/Sommer bzw. Herbst/Winter auf den Laufsteg kommen, zeigt sich, ob die Designer den Geschmack ihres Publikums getroffen haben. Viel steht auf dem Spiel. Läuft auch nur eine Kollektion nicht wie erwartet, stehen hohen Kosten zu geringe Einnahmen gegenüber. Wer Trends verpasst, ist schnell weg aus dem Schaufenster. Das hat auch Auswirkungen auf die Kurse der Mode-Aktien und Luxus-ETFs.

Mode-Aktien: Unterwegs im schnelllebigen Milliardenmarkt

Der Mode-Markt ist schnelllebig, immer wieder treten neue Label und Unternehmen in Erscheinung. Und verschwinden wieder. Es ist nicht einfach, hier auf Dauer dabei zu sein. Darüber hinaus müssen die Unternehmen digital gut aufgestellt sein. Immer mehr Mode wird online verkauft. Doch aktuell belastet die hohe Inflation die Konsumlaune der Verbraucher. Das mittlere Preissegment leidet darunter besonders. Die Insolvenzen von Mode-Unternehmen wie Goertz oder von Warenhäusern wie Galeria Kaufhof sprechen Bände.

Anders dagegen im Luxus-Markt: Hier lässt sich die Kundschaft nicht von den Preissteigerungen beeindrucken. Ein starkes Image und die Fähigkeit hohe und steigende Preise durchzusetzen hilft der Branche in der allgemein um sich greifenden Konsumflaute. Der Luxus-Markt ist nach wie vor umsatzstark. Er könne bis 2025 auf 360 bis 380 Milliarden US-Dollar wachsen, prognostizierte die Unternehmensberatung Bain & Company vor Kurzem. 2021 waren es 283 Milliarden. Die Rechnung scheint aufzugehen: Mode-Aktien sind gefragt.

LVMH: Das Maß der Dinge

Das Maß der Dinge ist Louis Vuitton (ISIN: FR0000121014). Das Unternehmen aus Frankreich mit 75 Luxus-Marken ist der größte Luxusgüter-Hersteller der Welt nach Umsatz. Zum Unternehmen gehören Uhren von TAG Heuer, Mode von Christian Dior und Lederwaren von Louis Vuitton und Céline. Die Umsätze erreichten allein im ersten Quartal 21 Milliarden Euro – deutlich über den Erwartungen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 hatte das Unternehmen insgesamt 79 Milliarden Euro umgesetzt und einen Gewinn von 14 Milliarden Euro erwirtschaftet. Es folgt Kursgewinn auf Kursgewinn, so dass LVMH mit 500 Milliarden US-Dollar Börsenwert im Frühjahr erstmals das wertvollste Unternehmen in Europa war und das erste, das die Marke von 500 Milliarden geknackt hatte.

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Luxus-Mode (aber auch andere Luxus-Produkte) werden vor allem seit der Öffnung Chinas noch stärker nachgefragt. China ist der wichtigste Luxus-Markt weltweit. Und da LVMH höhere Kosten an seine Kunden weitergeben kann, profitiert auch die Aktie – trotz Inflation. Seit 2011 ist der Umsatz mit Luxusgütern in China um rund 380 Prozent gestiegen, von 12,5 auf 60 Milliarden Euro bis 2021, berechnete die Unternehmensberatung Bain & Company.

Knapp 200 Prozent Zuwachs in fünf Jahren

Allerdings sehen viele Analysten den chinesischen Markt mit Blick in die Zukunft etwas verhaltener. Dennoch – von 32 Analysten, die die LVMH-Aktie aktuell unter Beobachtung haben, beurteilen sie 84 Prozent mit „kaufen“ und 16 Prozent mit „halten“. Die Kursziele liegen zwischen 730 und 1.060 Euro. Aktuell wird die Aktie für rund 850 Euro gehandelt. Auf Sicht eines Jahres ist sie um mehr als 50 Prozent gestiegen, in fünf Jahren um fast 200 Prozent.

Dass Luxus-Mode bei entsprechender Marken-Positionierung und entsprechendem Imagetransfer läuft, unterstreicht auch Moncler. Die italienische Moncler Group legte beim Umsatz zum Jahresauftakt um 23 Prozent zu, das Label Moncler allein um 28 Prozent. Stichwort: Asien mit hoher Nachfrage in China, Japan und Korea. Die Börse honoriert es: 75 Prozent Kursplus in nur einem Jahr; drei Viertel der Analysten bewerten sie mit „kaufen“

Inditex dominiert den mittelpreisigen Markt

Viel härter geht es im mittleren Preissegment zu: Nach der Pandemie blieben viele auf hohen Lagerbeständen sitzen, die sie zu Schleuderpreisen verkaufen mussten. Die Aktienkurse kamen entsprechend mit ins Rutschen. Danach litten viele unter der Konsumflaute: 27 Mode-Anbieter haben nach Angaben der Insolvenz-Beratung Falkenberger im ersten Quartal Insolvenz angemeldet, 60 Prozent mehr im Jahresvergleich.

Trotz Inflation hat sich ein Unternehmen abgekoppelt: Inditex (ISIN: ES0148396007). Mit den Marken Zara, Massimo Dutti, Bershka und Pull & Bear stiegen Umsätze und Gewinne von Inditex im ersten Quartal, während die Branche über Konsum-Flaute und Günstig-Konkurrenz aus Asien klagt.. Der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro – in allen Regionen gab es Wachstum – egal ob online oder stationär. Der Gewinn legte um rund die Hälfte zu auf knapp 1,2 Milliarden Euro.  Konzern-Chef Oscar Garcia Maceiras gab sich weiter optimistisch. Die Aktie ist in einem Jahr um 50 Prozent gestiegen,  von den Einbrüchen im Frühjahr und Herbst vergangenen Jahres hat sie sich deutlich erholt.

Angst vor Fast Fashion aus China

Das ist bei der H&M-Aktie (ISIN: SE0000107260) anders: Ein Jahreskursplus von 13 Prozent steht immerhin auf dem Kurszettel. Schlechtes Wetter habe den Umsatz gebremst, berichtete H&M kürzlich: Zwischen März und Mai, dem zweiten Quartal, kam währungsbereinigt kein Umsatzplus zustande. Aber der Juni soll gut angelaufen sein.

Ein Phänomen besorgt allerdings die gesamte Retail-Branche: Die schnelle, sehr günstige Mode aus China. Fast Fashion. Der chinesische Hersteller Shein ist bereits der zweitgrößte Player auf diesem schnellen Markt – hinter Inditex. Und das funktioniert rein digital. Jeden Tag kommen 3.000 neue Artikel auf die Website. T-Shirts ab zwei Euro, Kleider für fünf Euro. Die App gehört zu den 20 meist heruntergeladenen der Welt. Und wird enorm schnell ausgewertet: Welche Designs, Modelle, Farben sind gefragt? Das wird im Handumdrehen in großen Mengen produziert. Schneller als von den bekannten Fast-Fashion-Herstellern. Die Rechnung geht auf. Der Umsatz hat sich von 2021 auf 2022 verdoppelt, seit 2019 verzehnfacht.

Besser nachhaltig?

Doch es gibt auch einen immer stärkeren gegenteiligen Trend: Nachhaltige Mode, die sich die Verbraucher etwas kosten lassen. Bis 2030 soll in der EU Fast Fashion eingedämmt werden. Stattdessen Kreislauf-Wirtschaft auch bei Kleidung zum bewussteren Umgang mit Ressourcen führen. Was bei den sehr günstigen Anbietern gar nicht funktioniert, weil deren Qualität oft eine mehrfache Verwendung ausschließt. Die EU hat dazu im Juni neue Maßnahmen verabschiedet: Beispielsweise sollen unverkaufte, fabrikneue Textilien nicht mehr vernichtet werden dürfen. Zugleich soll Mode nachhaltig und sozial gerecht hergestellt werden. Greenwashing soll verhindert werden. Es soll verbindliche Ziele für die Wiederverwendung von Kleidung und klare Regeln, wann Kleidung als nachhaltig bezeichnet werden darf, geben. Das EU-Parlament muss noch zustimmen. Die Textil-Branche zählt zu den am wenigsten nachhaltigen, seitdem Kleidung ultrabillig verkauft und immer kürzer getragen wird.

Mode funktioniert derzeit im sehr günstigen und sehr teuren, hochwertigen Segment. Die breite Masse hat es in der Krise schwer. Insolvenzen nehmen zu. Die Konkurrenz wird größer. Mode-Aktien konnten sich indes von ihrem Krisen-Niveau erholen, wenn die Unternehmen entsprechend funktionierende Geschäftsmodelle haben und/oder Kostensteigerungen an ihre Kunden weitergeben können. ETFs mit Mode-Aktien gibt es hier zu Lande trotzdem nicht. Allerdings wird der Luxusmarkt mit ETFs recht gut abgedeckt, beispielsweise mit dem Amundi S&P Global Luxury ETF (WKN: A2H564).