Christoph Sedlmeier (BVIV) über die Vorzüge der Immobilienverrentung
Wenn du 55 Jahre oder älter bist, kann die Immobilienverrentung eine spannende Sache sein. Christoph Sedlmeier, Vorstand des Bundesverbands Immobilienverrentung (BVIV), klärt auf.
Können Sie bitte kurz erklären, worum es bei der Immobilienverrentung ganz grundsätzlich geht?
Bei der Immobilienverrentung kann, kurz gesagt, Kapital aus der eigenen, bewohnten Immobilie freigesetzt werden, ohne ausziehen zu müssen. Für diese, “Equity Release” genannte Finanzierungsform, gibt es verschiedene Lösungen, die unter Immobilienverrentung beziehungsweise Immobilienverzehr zusammengefasst werden.
Für welche Eigentümertypen kann die Immobilienverrentung also sinnvoll sein?
In erster Linie richtet sich die Immobilienverrentung an Immobilieneigentümer ab 55 Jahren, die eine Alternative zu beispielsweise Gesamtverkauf oder Darlehen suchen, um ihre Liquidität im Alter zu erhöhen.
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Und wie sieht es auf der Käuferseite aus?
Die Modelle der Immobilienverrentung, die am häufigsten von Eigentümerseite aus genutzt werden, sind Leibrente und Immobilien-Teilverkauf. Bei beiden Modellen ist das Ziel, die Immobilien langfristig im Bestand zu halten. In der Regel sind institutionelle Anbieter langfristig investiert.
Gehen wir in die Details. Erhalten die Immobilieneigentümer eine Leibrente oder eine Einmalzahlung?
Zunächst: Die klassische Leibrente, also die Zahlung einer Rente bis zum Ableben, ist nicht mehr sehr verbreitet unter institutionellen Anbietern. Am Markt gibt es vielmehr Anbieter, die eine zeitlich befristete Rente, die sogenannte Zeitrente, als Immobilienrente offerieren. Alternativ können Immobilienverkäufer eine Einmalzahlung erhalten. Diese Einmalzahlung kann beispielsweise zur Tilgung noch bestehender Immobilienkredite verwendet werden. Die zusätzliche Einmalzahlung verringert jedoch die Höhe der Immobilienrente. Beim Teilverkauf wiederum erhält der Verkäufer eine Einmalzahlung für den Anteil, den sie oder er an ihrer Immobilie veräußern.
Wovon hängt die Höhe der Leibrente ab?
Die Höhe der Leibrente hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Alter, Wert der Immobilie, sonstige Vereinbarungen (z.B. wer die zukünftigen Instandhaltungen trägt).
Zu den wichtigsten Modellen der Immobilienverrentung zählen wohl die Varianten „Verkauf mit Wohnrecht“, „Verkauf mit Nießbrauch“ und die „Umkehrhypothek“. Worin liegen die Unterschiede?
Die gängigsten Formen und Modelle der Immobilienverrentung in Deutschland finden Sie hier: https://www.bv-immobilienverrentung.de/immobilien-verrentung/. Die Modelle, die zahlenmäßig dominieren, sind der Immobilien-Teilverkauf und die Leibrente. Die in der Frage genannten Modelle können wie folgt kurz beschrieben werden:
- Die „Umkehrhypothek” ist ein Darlehen; das heißt, die Seniorin oder der Senior bleibt Eigentümer. Das Darlehensvaluta steigt Jahr für Jahr um nicht geleistete Zins- und Tilgungszahlung (in Deutschland so nicht zu finden).
- Das „Wohnungsrecht” nach § 1093 BGB, gilt lebenslang, ist unentgeltlich, nicht pfändbar, streng persönlich (also durch Dritte nicht möglich zu bewirtschaften, sprich Vermietung ist ausgeschlossen) sowie unter Ausschluss des Eigentümers
- „Nießbrauch” nach § 1030 ff BGB, i.d.R. ebenfalls lebenslang, die oder der Berechtigte trägt i.d.R. alle Lasten und hat das Recht zu bewirtschaften (erhält beispielsweise Mieterlöse aus der Vermietung des Objekts).
Wie sollten Immobilieneigentümer und Kaufinteressenten vorgehen, wenn Sie sich für die Immobilienverrentung interessieren?
Mittlerweile gibt es viele institutionelle Anbieter im Markt, die Infomaterial online und zur Verfügung stellen und Beratung anbieten. Zudem beraten auch die Verbraucherzentralen zu den Produkten. Außerdem haben sich branchenrelevante Marktteilnehmer zum Bundesverband Immobilienverrentung e.V. (BVIV) zusammengeschlossen. Auch dort wird zu den Produkten informiert. Des Weiteren gibt es einige unabhängige Immobilienplattformen, die sich ebenfalls sehr ausführlich mit den einzelnen Produkten beschäftigen.
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Woran erkennen diese seriöse Anbieter und welche Provisionen nehmen diese üblicherweise?
Die Mitglieder im BVIV haben sich einer Selbstverpflichtung unterworfen, die für jedes Mitgliedsunternehmen bindend ist. Dieser Code of Conduct setzt beispielsweise den Fokus in der Kundenberatung auf Transparenz, Fairness und Qualität. Kunden können darauf vertrauen, dass diese Anbieter in jedem Fall seriös agieren und beraten. Zu den Kosten gibt es Unterschiede in den jeweiligen Modellen: Leibrenten-Anbieter arbeiten mit Abschlägen auf den Immobilienwert, Teilkauf-Unternehmen erheben beispielsweise ein Entgelt – wie eine Art Miete – auf den verkauften Anteil. Hier lohnt sich ein detaillierter Blick und Vergleich unter den einzelnen Modellen. Klassische Provisionen fallen dagegen nur dann an, wenn Lösungen über einen Makler vermittelt werden und dieser von der Seniorin beziehungsweise dem Senior einen Auftrag zur Vermarktung der Immobilie im Wege einer Verrentung erhalten hat.
Und noch aus aktuellem Anlass: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Anfang Juni den Leitzins gesenkt. Möglicherweise kommen noch weitere Zinsschritte. Haben solche Ereignisse Einfluss auf das Konzept der Immobilienverrentung?
Ja, es gibt direkte und verzögerte Einflüsse. Bei den direkten Einflüssen kommt es auf das jeweilige Modell an. So genannte Senioren-Darlehen und auch die angesprochenen Nutzungsentgelte der Teilkauf-Anbieter hängen direkt von der Zinsentwicklung ab. Eine Senkung der Leitzinsen bedeutet damit in der Regel bessere Konditionen für potenzielle Teilverkaufs-Kunden. Zudem gibt es eine Korrelation zwischen Zinsentwicklung und Immobilienpreisen. Damit haben Zinsentscheidungen auch einen – meist verzögerten – Einfluss auf Immobilienwerte.