Investieren in einen Türkei-ETF: Chancen für Mutige
Derzeit gibt das Land am Bosporus und seine Regierung kein gutes Bild ab. Doch mittelfristig stehen die Chancen auf einen finanzpolitischen Kurswechsel durchaus gut. Risikobereite Investoren können sich jetzt mit einem Türkei-ETF in Stellung bringen.
Die türkische Notenbank CBRT hat auf ihrer Januar-Sitzung die Füße still gehalten und den Leitzins nicht weiter gesenkt. Er bleibt damit vorerst bei 14 Prozent. Seit August 2021 haben die Währungshüter unter dem Druck des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die Zinsen aber bereits um insgesamt 5,0 Prozentpunkte auf das jetzige Niveau gesenkt. In der Folge katapultierte die Inflationsrate auf zuletzt 36 Prozent nach oben. Das ist die offizielle Rate, nach Ansicht vieler Türken ist die reale Teuerung um ein Vielfaches höher. Der hohe Preisdruck macht es für die Menschen im Land schwer, auch nur das Notwendigste wie Lebensmittel zu kaufen.
Konventionelles Mittel zur Bekämpfung der Inflation sind Zinserhöhungen, wie es andere Länder auch getan haben. Aber Erdogan ist ein erklärter Gegner hoher Zinsen, er hält das Gegenteil für das bessere Rezept gegen den Preisdruck. Niedrigere Zinsen sollen die Finanzierungskosten von Unternehmen reduzieren und dadurch auch die Erzeuger- und Verbraucherpreise in Schach halten, so das unorthodoxe Kalkül. Doch die Effekte bleiben unsichtbar. Die niedrigen Zinsen treiben nicht nur die Teuerung, sie schwächen auch den Außenwert der Landeswährung enorm. Die inflationstreibende Wirkung der Lira-Schwäche dominiert. „Eine deutliche Anhebung der Zinsen vergleichbar zum Kurs ab 2018 ist eine notwendige Voraussetzung für die Stabilisierung des Außenwertes der Währung und der Preise“, heißt es von der Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement GmbH. Entwarnung Fehlanzeige: „Im Zuge der anstehenden Zinsanhebungen in anderen Regionen könnte der Druck auf die Währung bereits kurzfristig wieder steigen“.
Kurswechsel unabdingbar
Präsident Erdogan ist mit sich dagegen im Reinen. Denn für die hohe Inflation und die Schwäche der Währung macht er nach wie vor internationale Kräfte verantwortlich. Dabei wäre ein Sinneswandel in der Türkei ungemein wichtig. Ein entscheidendes Datum und eine Chance auf einen Kurswechsel der türkischen Finanz- und Wirtschaftspolitik ist die Parlaments- und Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr.
Die Zustimmung für Erdogan und seine unorthodoxe Wirtschaftspolitik erodiert gerade. In der jüngsten Umfrage des Instituts Metropoll landete Erdogan auf der Beliebtheitsskala nur noch auf dem vierten Platz hinter drei Oppositionspolitikern und potenziellen Präsidentschaftskandidaten. Investoren sollten sich also mit Blick auf die Türkei in Geduld üben, sagt auch der Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz. „Mittelfristig geht an einem erneuten Kurswechsel der Geldpolitik kein Weg vorbei; für Investoren bietet sich dann die Gelegenheit günstig einzusteigen“. Denn die Wachstumsperspektiven der Türkei seien durchaus positiv, so Eyb & Wallwitz.
Türkei-ETF: Nur für Mutige
Das Timing bleibt allerdings schwierig. „Bis zur Präsidentschaftswahl Mitte 2023 wird der politische Druck auf die Notenbank hoch bleiben“, erwarten die Experten. Gleichzeitig bleibe in dieser Zeit das Risiko von erneuten politischen Eingriffen zur Bekämpfung der Symptome – insbesondere durch Kapitalverkehrskontrollen – substanziell. Mutige Anleger, die sich ein Engagement in türkische Werte zutrauen, könnten sich den Lyxor MSCI Turkey UCITS ETF (WKN: LYX02F) näher anschauen.
Der Türkei-ETF bildet die 20 – nach Marktkapitalisierung und Liquidität wichtigsten – Aktienwerte der Türkei ab. Ein einzelner Aktienwert wird bis maximal 10 Prozent gewichtet. In diesem Jahr legte der ETF um gut 9 Prozent zu. Die Gesamtkostenquote beträgt 0,45 Prozent.
Autor Bernd Lammert
Bernd Lammert schreibt als freier Mitarbeiter auf extraETF.com Beiträge zu aktuell interessanten ETFs. Er beschäftigt sich journalistisch seit 2005 mit Themen rund um Wirtschaft, Börse, Steuern & Recht. Nach Stationen bei einer Unternehmensberatung, beim Radio und Börsen-TV betätigt er sich seit gut 10 Jahren als Freier Autor u. a. bei dem Unternehmermagazin Impulse und verschiedenen Börsenportalen.
Auch wenn 2022 ein insgesamt schwieriges Jahr für Anlegerinnen und Anleger war, so gab es am ETF-Markt natürlich auch ein paar Gewinner. Warum es keine gute Idee ist, die erfolgreichsten ETFs blindlings zu kaufen.
Während ETFs auf die großen Indizes wie MSCI World, S&P 500 oder auch der DAX in diesem Jahr eher für wenig Freude gesorgt haben, hat sich ein ETF kontinuierlich positiv entwickelt – und über 100 Prozent an Wert gewonnen. Kaufen würde ich ihn trotzdem nicht.